Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Enthaltsamkeit gelobt und hält sein Versprechen.« Sie warf ihrer Freundin einen triumphierenden Blick zu, doch Mabel riss entsetzt die Augen auf.
»O weh, dann lebst du ja wie eine Nonne! Wie furchtbar!« Ihre Stimme wurde sofort wieder sanft, als sie auf den König zu sprechen kam. »Dabei gibt es nichts Schöneres als die Liebe«, schwärmte sie.
»Und wer sagt dir, dass ich das nicht weiß?« Catlin musterte Mabel herausfordernd.
»Du … du hast einen heimlichen Geliebten?« Mabel war offensichtlich überrascht.
Catlin nickte stolz. Sie beugte sich vor. »Wissen deine Eltern von deiner Liebschaft mit Henry?«
Mabel schüttelte entschieden den Kopf. »Um Gottes willen, nein! Er kauft meine Stickereien, und meine Mutter glaubt, dass ich nur deshalb ständig zu ihm gerufen werde.« Sie prustete. »Einen jungen Mann wie Henry soll allein meine Arbeit locken? Nur weil er ein König ist, ist er deswegen nicht weniger ein Mann.« Sie lächelte glücklich. »Ich liebe ihn wirklich, weißt du? Es ist mir gleich, dass er mich nicht heiraten kann. Irgendwann werde ich ihn an eine andere verlieren, an eine Prinzessin, die er zur Königin macht und die ihm einen standesgemäßen Erben schenkt. Aber mir gehört sein Herz für immer, verstehst du?« Sie schmunzelte geheimnisvoll. »Außerdem trage ich ein Kind von ihm unter dem Herzen.«
Catlin sah Mabel erstaunt an. »Du bist guter Hoffnung?« Ihr Herz klopfte wie wild, weil sie beide etwas so Wichtiges verband. »Aber was wird deine Mutter dazu sagen? Unverheiratet kannst du nicht länger bleiben, denk an die Schande, den Büttel und die Nachbarn!« Die Besorgnis stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Mabel hob gleichmütig die Schultern. »Henry hat bereits einen Gemahl für mich gefunden. Ich heirate ihn gleich zu Beginn des nächsten Jahres.«
»Du heiratest? Wen? Erzähl schon!« Catlin konnte kaum glauben, was Mabel da so beiläufig erwähnte. Eben noch hatte die Freundin John herabgesetzt und so getan, als könne sie sich nicht vorstellen, die Ehe mit einem ungeliebten Mann einzugehen, und nun dies.
»Henry hat einen Burschen ausgesucht. Vierzehn Jahre jung!« Sie hob die Brauen und seufzte. »Er ist von hoher Geburt, aber von überaus schwächlicher Gesundheit. Darum wird er die Ehe nie vollziehen können und mich hoffentlich rasch zur Witwe machen. Eine andere Lösung ertrüge Henry auch nicht. Zum Glück ist er nämlich viel zu eifersüchtig, um einen anderen Mann neben sich zu dulden.«
Catlin nickte. Dann erzählte sie Mabel von Flint und dem Kind, das sie von ihm erwartete, auch von der Nacht, als sie John betrunken gemacht hatte, und dem darauffolgenden Morgen. »Ich schäme mich, denn nun glaubt er, er hätte gefehlt. Gewiss, es ist nicht richtig, ihm das Kind eines anderen unterzuschieben. Wenn er aber erst erfährt, dass ich guter Hoffnung bin, freut er sich bestimmt. Glaubt er doch, er wäre der Vater«, schloss sie.
Mabel schüttelte den Kopf. »Was du da tust, ist alles andere als recht.« Sie schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Dein John hat nicht nur dir Enthaltsamkeit geschworen, sondern vor allem dem Herrn. Deinen Gemahl nun in dem Glauben zu lassen, er hätte seinen Schwur gebrochen …« Mabel starrte nachdenklich ins Leere. »Vielleicht handelst du aber auch richtig, und ihn würde das Wissen, betrogen worden zu sein, noch dazu von seinem Gesellen, nur noch tiefer schmerzen.« Auch wenn Mabel aufmunternd lächelte, konnte sie nicht verbergen, dass sie das Verhalten der Freundin verurteilte.
Doch obgleich Catlin ein schlechtes Gewissen plagte, wusste sie keine andere Lösung. Sich zwischen der Arbeit mit John und der Liebe zu Flint entscheiden zu müssen war ihr einfach nicht möglich.
»Hast du schon von Winnies Unglück gehört?«, fragte Mabel, um von etwas anderem zu reden.
Catlin schüttelte besorgt den Kopf. Seit dem Überfall auf die Schmiede war Duncan nicht mehr von Winnies Seite gewichen, und vor drei Jahren hatten die beiden geheiratet. Ein schönes Paar waren sie, voller Liebe füreinander und für ihren Sohn, den sie Duncan nach seinem Vater genannt hatten, aber Shorty riefen. Ein liebreizendes Kind mit niedlichen Speckbeinchen, das im Frühjahr ein Jahr alt geworden war und seit dem Herbst die ersten Worte sprach.
»Ihr zweites Kind, ein Mädchen, ist im Sommer gestorben. Nur einen Tag ist es alt geworden.« Mabel war anzusehen, wie leid ihr Winnie tat. »Es muss schrecklich sein, ein Kind zu verlieren«, sagte sie, und
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