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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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nun Mühe, nicht ständig nur an sie zu denken. Immer wieder und bei den unmöglichsten Gelegenheiten schob sich ihr Gesicht vor sein inneres Auge. Ihr Lächeln, die kleine Falte zwischen ihren Brauen, wenn sie von den Schwierigkeiten des Glockengießens erzählte, der Glanz in ihren Augen, wenn sie von den Tönen schwärmte, aber auch der traurige Zug, der zuweilen ihre Mundwinkel umspielte, wenn sie nachdenklich war. All das war ihm so sehr ans Herz gewachsen, dass er den Gedanken an ihre baldige Abreise nicht zulassen konnte.

Und das Stadttor schließt sich knarrend.
Schwarz bedecket sich die Erde
    Friedrich Schiller, Das Lied von der Glocke

London, Juni 1230
    D u hast Anrecht auf Pacht für zwei Schmieden«, erinnerte Flint Catlin nicht zum ersten Mal. Er wischte sich den Schweiß vom Gesicht und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Du solltest dich endlich darum bemühen, sie auch einzutreiben!« Nach ihrer Rückkehr aus St. Edmundsbury hatte er nur Ohren für diese Neuigkeit gehabt. Alles andere, ihre Trauer über den Verlust, das Bedauern, nicht mehr Zeit mit dem Vater verbracht zu haben, kümmerte ihn nicht. Statt ihr, wie John es versuchte, Mut zuzusprechen und Trost zu spenden, überlegte Flint nur, wie sich ihre Erbschaft künftig auf sein Leben auswirken könne. »Wenn wir den Alten endlich los wären, hätten wir ein gutes Auskommen. Die Pachteinnahmen würden die Ausgaben für die Werkstatt decken, und mit ein bisschen Glück bliebe sogar noch etwas zum Leben übrig. Außerdem verkaufen sich unsere Glocken gut …«, überlegte er wieder einmal.
    »Seine Glocken«, erwiderte Catlin entrüstet. »Es sind seine Glocken, die sich gut verkaufen, nicht unsere. Keiner von uns beiden ist ihm ebenbürtig, also hör endlich auf mit dem unsinnigen Geschwätz! Du tust besser daran, dich wieder an die Arbeit zu machen«, fauchte sie.
    »Ach, mein Täubchen, nun murr nicht!«, schnurrte Flint wie ein Kater, zog sie so ungestüm an sich, dass ihr schwindelte, und küsste sie leidenschaftlich. Ihr wurde heiß, und das Herz schlug ihr so wild wie einem Reh auf der Flucht. Das warme, vertraute Gefühl, das ihren Körper durchfloss, verscheuchte im Nu jeglichen Zorn. Die Empörung über seine Worte wich der Lust, als seine Hände suchend über ihren Körper fuhren. Ihr Atem wurde schneller, und ihr Kopf fühlte sich leer an. Alles ringsum verlor an Bedeutung, es gab nur noch Flint und die Liebe. »Ich will dich!«, flüsterte er heiser.
    Die Türglocke, die erklang, wenn die Werkstatt geöffnet wurde, unterbrach die beiden.
    »Ich bin es!«, rief John, der die Gießerei schon am frühen Morgen verlassen hatte, um über einen neuen Auftrag für den Guss einer Glocke zu verhandeln. Er hatte sich vor Ort umgesehen, denn eine Glocke musste ebenso zum Glockenturm passen wie zu den Gläubigen, die ihrem Geläut folgen sollten.
    Catlin errötete, richtete sich rasch das Haar und die Kleider und machte sich in der Küche zu schaffen, um John nicht mit erhitzten Wangen entgegenzutreten. Noch hatte sie ihm nicht gestanden, dass sie wohl wieder ein Kind erwartete. Wie sollte sie auch? Diesmal konnte sie ihn nicht von seiner Vaterschaft überzeugen, hatte sie doch keinen Überrumpelungsversuch mehr unternommen. Das letzte Mal war sie überaus glimpflich davongekommen, trotzdem hatte sie noch immer mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Nur wenn sie das glückliche Lächeln auf Johns Gesicht sah, sobald er Aedwyna in den Armen hielt, glaubte sie zumindest einen Augenblick lang, sie habe mit ihrer Täuschung recht gehandelt. Während sie das Getreide einweichte, um daraus später einen Brei zu kochen, war sie tief in Gedanken versunken. Als John plötzlich hinter ihr stand, die Arme um sie legte und sie zum ersten Mal umschlang wie ein Gemahl sein Weib, erschrak sie heftig.
    »Du bist wieder guter Hoffnung«, flüsterte er. »Ich sehe es an deinem verträumten Blick und an der Hand, mit der du dir zuweilen über den Leib streichst. Ich glaube gar, du merkst es nicht einmal.« Er küsste ihren Hinterkopf. »Ich weiß, dass das Kind nicht von mir ist, genauso wie Aedwyna«, raunte er ihr ins Ohr.
    Catlin erstarrte. Ertappt. Wie, in aller Welt, hatte er sie durchschaut? Stand ihr das schlechte Gewissen so deutlich ins Gesicht geschrieben? Eine Weile schon ahnte sie, was die neuerliche morgendliche Übelkeit bedeutete, hatte bisher aber weder gewagt, es Flint einzugestehen noch ihrem Gemahl. Welches Spiel trieb John mit ihr? Warum umarmte er

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