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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Frühjahr verschoben. Zunächst hatte Alan versucht, dem Gedanken an eine Heirat mit dem jungen Ding etwas abzugewinnen, denn die Tochter eines Goldschmiedes zu freien war mehr, als sich ein Waffenschmied erhoffen konnte. Doch seit Catlin in sein Leben getreten war, konnte er sich eine Vermählung mit einer anderen als ihr nicht mehr vorstellen.
    Der Priester beendete sein Gebet, und die Trauernden scharten sich enger um das Grab. Es war Brauch, eine Handvoll Erde auf die letzte Ruhestätte zu werfen, auch wenn es den meisten schwerfiel. Aus Erde hatte Gott die Menschen geschaffen, und zu Erde sollten sie nach dem Tode werden, bis sie am Jüngsten Tag auferstünden und Einlass ins Paradies fänden, so sie dessen würdig waren. Die meisten Trauernden zuckten zusammen und brachen abermals in Tränen aus, wenn die Erde in der Grube landete.
    Elfreda nahm ein wenig Sand und ließ ihn abwesend, beinahe gleichmütig durch die Finger rieseln.
    Catlin dagegen bekam einen dicken Batzen zu packen und fuhr zusammen, als die klumpige Erde mit einem dumpfen Laut auf dem leinenumhüllten Leichnam aufprallte.
    Als Alan an der Reihe war, achtete er darauf, nicht wie sie von dem lehmigen Boden zu nehmen, sondern von dem ausgehobenen Sand, den er entschlossen mit einem einzigen Schwung in das Loch warf. Für einen Augenblick blieb er noch am Grab stehen, gedachte seines Meisters und seines verstorbenen Vaters und ging dann auf Elfreda zu.
    »Jetzt bist du der Meister in der Schmiede«, sagte sie leise.
    Alan nickte. »Es wird sich für niemanden etwas ändern«, sagte er und errötete, denn natürlich änderte sich alles, vor allem für die Witwe, die mit einem Schlag nicht mehr die Herrin der Schmiede war. »Ich meine … niemand muss sich Sorgen machen«, verbesserte er sich. »Ich stehe bei Henry im Wort«, fügte er hinzu, beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange. »Ich kümmere mich um dich, wie ich es versprochen habe«, flüsterte er ihr ins Ohr und drückte sie so fest an sich, dass ihre Tränen seine Wange benetzten.
    Kurz darauf setzte sich die Trauergesellschaft in Bewegung und verließ den Kirchhof.
    Auf dem Weg zurück zur Schmiede fiel Alan ein fast kahler Baum auf. Singvögel sammelten sich auf seinen Ästen in wachsender Zahl. Was wie ein Durcheinander wirkte, musste indes eine genaue Ordnung haben. Immer wieder flogen Vögel auf, um Platz für andere zu machen, und suchten sich einen neuen Ast, auf dem sie sich niederließen. Dorngrasmücke, Laubsänger, Schwalbe, Amsel und Star, aber auch Nachtigall und Kuckuck würden sich schon bald auf den Weg in den Süden machen. Nur im Schwarm waren sie in der Lage, die Gefahren der Reise zu überstehen, nicht viel anders als Pilger oder Kaufleute. Auch sie wurden nicht so leicht Opfer von Angriffen, wenn sie nur zusammenhielten. Schon bald würden die Vögel aufbrechen und auf wundersame Weise wie ein einziges Wesen über den Himmel ziehen, um nach Süden zu gelangen, wo sie im Winter Nahrung und Wärme fanden. Doch gab es nicht nur Vögel, die England verließen, sondern auch solche, die zuzogen. Aus dem hohen Norden, wo oft monatelang nur Schnee und Eis herrschten, kamen Enten, Gänse, Schwäne und andere Wasservögel auf die Insel, denn die englischen Winter waren vergleichsweise mild. Der Herbstwind trieb das bunte Laub vor den Trauernden her, spielte mit den Blättern und türmte sie zu großen Haufen auf. Ob Vögel so etwas wie Heimweh empfanden? Schließlich kehrten sie im Frühjahr stets in ihre Heimat zurück, nur um im Herbst wieder davonzufliegen. Wer gab ihnen das Zeichen dazu? Woher wussten sie, wann es an der Zeit war, sich zu versammeln? Und wo sie sich treffen sollten? Wie verständigten sie sich untereinander, da sie doch keiner Sprache mächtig waren? Wie bestimmten sie ihre Anführer? Wie fanden sie ihren Weg, und woher wussten sie, dass ihre Entscheidung, in südliche Gefilde zu fliegen, die richtige war? Alan schüttelte kaum merklich den Kopf. Wie kam er bloß dazu, sich solch törichte Fragen zu stellen? Gott war es, der ihnen den Weg wies, niemand sonst. So wie er die Menschen lenkte, so führte der Herr auch die Tiere. Ein Seufzer entfuhr ihm. Seit er Catlin kannte, war es vorbei mit seinem Seelenfrieden. Seit dem Augenblick, als er die Leidenschaft in ihren Augen hatte leuchten sehen, war er ihr verfallen. Hatte er früher in aller Ruhe seine Arbeit verrichtet, in sich gefestigt und stets darauf bedacht, Neues zu lernen, so hatte er

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