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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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ich bereute nicht. Nichts. Weder die Liebe zu Muriel noch die Tatsache, dass sie ein Kind von mir erwartete. Auch der Fortgang aus der Gemeinschaft meiner Glaubensbrüder tat mir nicht leid, wenngleich ich den Tagesablauf des Klosters noch lange beibehielt, weil ich so sehr daran gewöhnt war.« Er seufzte. »Wir heirateten weit entfernt in einer anderen Grafschaft und ließen uns nieder, wo es Arbeit für uns gab. Mein Handwerk hatte ich von Kindesbeinen an im Kloster gelernt. Ich verstand mein Wissen wohl zu nutzen, und Muriel half mir, wo sie konnte, so mussten wir keinen Hunger leiden.«
    Catlin war so gespannt, wie die Geschichte wohl weiterging, dass sie kaum zu atmen wagte. Hatte sie zunächst gedacht, John wolle ihr Vorhaltungen wegen Flint machen, so begriff sie nun, dass er ihr endlich anvertraute, wonach zu fragen er ihr stets untersagt hatte.
    »Wir bekamen einen Sohn, den wir nach Muriels Vater benannten.« Obwohl Catlin ihn in der Dunkelheit nicht sehen konnte, hörte sie an Johns Stimme, dass er lächelte, wie er es tat, wenn er von Aedwyna sprach. »Eadric war ein pfiffiges Bürschchen, das früh laufen und sprechen lernte. Er liebte es, wenn seine Mutter sang, und entdeckte schon bald mein Glockenspiel für sich. Den ganzen Tag trällerte er vor sich hin.« John lachte. »Es war eine Freude, ihm zuzuhören, denn der Junge hatte ein großartiges Ohr.«
    »Was geschah dann?«, fragte Catlin bang in die Stille, als John nicht weitersprach. Plötzlich hörte sie ihn schluchzen. Hilflos lag sie da und wartete.
    »Der Herr ließ uns für unsere Liebe bitter büßen«, murmelte er irgendwann. »Muriel und Eadric wurden krank, und mit ihnen der halbe Weiler, vor allem die Kinder. Zuerst sah es nach einer Verkühlung aus. Die Betroffenen fieberten und jammerten, sobald die Sonne zur Tür hereinfiel und sie blendete. Nach einigen Tagen waren ihre Körper von roten Flecken übersät, ihr Husten verschlimmerte sich, und bald schon wurden Frau und Kind zusehends schwächer. Eadric sah im Fieber Trugbilder, wimmerte und war so benommen, dass er kaum noch antwortete, wenn ich ihn ansprach. Dann starben die ersten Nachbarn. Zwei Kinder und ein Mann. Als ich sah, dass auch Muriels Lebenslicht immer unruhiger flackerte, fiel ich auf die Knie und betete voller Inbrunst.« John keuchte auf. »Ich wusste wohl, dass ich kein Recht hatte, Gott um Hilfe anzuflehen, doch ich bat nicht für mich, sondern für sie. Für mein Weib und mein Kind. Ich betete und weinte, doch der Herr erhörte mich nicht. Er nahm mir meine geliebte Muriel und beutelte Eadric noch heftiger. Verzweifelt und voller Angst, er könne mir auch den Sohn entreißen, schlug ich dem Allmächtigen einen Handel vor.«
    Catlin hatte sich an Johns Arm geklammert. »Deine Keuschheit«, flüsterte sie.
    »Ich schwor ihm, kein Weib mehr anzurühren, um nie wieder ein Kind zu zeugen, wenn er mir nur meinen Sohn ließ.« Johns Atem ging stoßweise. Dann lachte er plötzlich auf. »Und der Herr hat mich erhört!«
    Catlin war erleichtert.
    »Doch Gott ist ein nachtragender, gestrenger Herr«, fuhr John mit düsterer Stimme fort. »Er verzieh mir nicht, dass ich die Kirche für Weib und Kind ausgeschlagen hatte. Der Sohn blieb am Leben, doch …« Er brach ab. »Zunächst schien sich der Junge zu erholen. Mager war er geworden und still. Doch wer wollte ihm das verübeln, hatte das arme Kerlchen doch die Mutter verloren.« John hielt eine Weile inne, als erinnere er sich. »Wortlos hatte er an ihrem Grab gestanden und meine Hand gehalten. Und sprachlos blieb er. Eine Weile beachtete ich sein Schweigen einfach nicht. Ich dachte, er werde schon irgendwann wieder reden.« John rang nach Atem. »Eines Abends jedoch holte ich nach Monaten zum ersten Mal wieder das Glockenspiel hervor, um eine kleine Weise darauf zu spielen, die der Junge stets mitgesungen hatte. Er saß mit dem Rücken zu mir, als ich die erste Glocke anschlug, doch er wandte sich nicht zu mir um. Anfangs dachte ich, er wolle nur nicht, doch als ich aufstand und ihm die Hand auf die Schulter legte, zuckte er zusammen. Ich spielte erneut, doch das Lied zauberte kein Leuchten in seine Augen und keinen Ton auf seine Lippen. Da begriff ich, dass er nicht nur die Sprache verloren hatte. Immer wieder machte ich hinter ihm Geräusche, klatschte in die Hände, rief ihn, brüllte ihn an, aber das Kind konnte nichts mehr hören.« John weinte hemmungslos. »Der Sohn des Glockengießers war taub.« Es dauerte eine

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