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Das Tor zur Hölle - Hellraiser

Das Tor zur Hölle - Hellraiser

Titel: Das Tor zur Hölle - Hellraiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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ihren Haaren vergraben.
    Schließlich schloß sie die Augen und versuchte, sich aufbessere Zeiten zu besinnen, doch die Blitze verdarben ihre Träumereien. Als Donner auf Blitz folgte, schlug sie die Augen wieder auf und sah, daß die Tür des feuchten Zimmers vier, fünf Zentimeter weit offen stand. Im schmalen Spalt zwischen Tür und Rahmen konnte sie eine schimmernde Gestalt ausmachen, die sie beobachtete.
    Sie konnte Franks Augen nicht sehen, doch sie spürte, wie sie vor Neid und Wut brannten. Trotzdem wandte sie den Blick nicht ab, sondern starrte weiter auf den Schatten, während Rorys Stöhnen lauter wurde. Und plötzlich verwandelte sich dieser Augenblick in einen anderen – sie lag auf dem Bett, das Hochzeitskleid zerknüllt unter sich, während ein schwarzes und scharlachrotes Tier zwischen ihre Beine kroch, um ihr Kostproben seiner Liebe zu geben.
    »Mein armes Baby«, war das letzte, was Rory sagte, bevor der Schlaf ihn übermannte. Noch immer angekleidet lag er auf dem Bett; sie machte keine Anstalten, ihn auszuziehen. Als sein Schnarchen schließlich gleichmäßig wurde, ließ sie ihn damit allein und ging zurück in das Zimmer.
    Frank stand neben dem Fenster und schaute zu, wie das Gewitter nach Südosten abzog. Er hatte das Rollo heruntergerissen, und das Licht der Straßenlaternen ergoß sich über die Wände.
    »Er hat dich gehört«, sagte sie.
    »Ich mußte mir das Gewitter ansehen«, erwiderte er tonlos. »Ich brauchte es.«
    »Er hätte dich beinahe entdeckt, verdammt nochmal.«
    Frank schüttelte den Kopf. »Es gibt kein beinahe«, sagte er, ohne seine Augen vom Fenster abzuwenden. Dann, nach einer Pause: »Ich will hier raus. Ich will wieder alles haben.«
    »Ich weiß.«
    »Nein, das tust du nicht«, erklärte er ihr. »Du hast nicht die geringste Vorstellung davon, welchen Hunger ich in mir trage.«
    »Also morgen dann«, sagte sie. »Ich werde dir morgen einen weiteren Körper besorgen.«
    »Ja. Tu' das. Und ich will noch ein paar andere Sachen. Ein Radio zum Beispiel. Ich will wissen, was da draußen vor sich geht. Und etwas zum Essen – richtiges Essen. Frisches Brot …«
    »Was immer du brauchst.«
    »… und Ingwer. Dieses eingelegte Zeug, du weißt schon? In Sirup.«
    »Ich weiß.«
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu, doch er sah sie überhaupt nicht. Da war viel zu viel Welt, mit der er heute nacht von neuem Bekanntschaft schließen konnte.
    »Ich habe gar nicht gewußt, daß Herbst ist«, sagte er und wandte sich wieder dem Gewitter zu.

NEUN
    Das erste, was Kirsty auffiel, als sie um die Ecke der Lodovico Street bog, war, daß das Rollo verschwunden war. Statt dessen waren Zeitungsseiten vor das Fenster geklebt worden.
    Sie suchte sich einen Beobachtungsposten im Schutz einer Ginsterhecke, von dem aus sie hoffte, das Haus im Auge behalten zu können, ohne selbst gesehen zu werden. Dann begann sie ihre Wache.
    Es wurde ein langes Warten. Über zwei Stunden vergingen, bevor sie Julia aus dem Haus gehen sah, eine weitere eineinviertel Stunde, bevor sie zurückkam; zu diesem Zeitpunkt waren Kirstys Füße bereits taub vor Kälte.
    Julia war nicht allein nach Hause zurückgekehrt. Der Mann, den sie bei sich hatte, war Kirsty unbekannt; allerdings sah er auch nicht so aus, als würde er zu Julias Bekanntenkreis gehören. Aus der Entfernung schien er in mittleren Jahren zu sein: Untersetzt, mit beginnender Glatze. Als er Julia ins Haus folgte, warf er einen nervösen Blick über die Schulter, als fürchte er einen Voyeur.
    Sie wartete eine weitere Viertelstunde in ihrem Versteck, nicht sicher, was als nächstes zu tun war. Sollte sie hier ausharren, bis der Mann wieder herauskam, und ihn dann zur Rede stellen? Oder sollte sie zum Haus hinübergehen und versuchen, sich Einlaß zu verschaffen? Keine der beiden Möglichkeiten war besonders erfolgversprechend, also entschied sie sich, nicht zu entscheiden. Lieber würde sie näher an das Haus herangehen und abwarten, welche Inspiration ihr der Augenblick brachte.
    Die Antwort war: keine. Als sie sich langsam den Weg entlangschlich, drängten ihre Füße darauf, umzudrehen und sie davonzutragen. Tatsächlich hätte sie das auch beinahe getan – als sie von drinnen einen Schrei hörte.
    Der Name des Mannes war Sykes; Stanley Sykes. Und das war längst nicht alles, was er Julia auf dem Weg von der Bar hierher erzählt hatte. Sie kannte den Namen seiner Frau (Maudie) und seinen Beruf (Fußpfleger); sie hatte Fotos der Kinder (Rebecca und

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