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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Polizisten auf den Vordersitzen schienen nicht sehr begeistert von der Vorstellung, uns über die ruhige kleine Insel zu chauffieren.
    Sie zeigten uns die Landmarken, während wir nach Süden fuhren, vorbei an den Überresten des Octagon, den Wohnblocks, den Meditationsstufen und dem Aussichtspier. Nahe der Südspitze kamen wir vor einem schweren Metallzaun zu stehen, der den Zutritt zu den Ruinen der Pockenklinik verwehrte.
    »Können wir rein, um es anzusehen?«
    Der Fahrer sah seinen Partner verärgert an, der höflicher antwortete. »Glauben Sie mir, dort gibt's nichts zu sehen. Man kann nicht in das Gebäude rein, weil alles abbröckelt und voller Granitblöcke ist. Und voller Scherben. Und Ratten.«
    Ich kapierte es. »Können wir vielleicht nur etwas näher ranfahren, damit ich es besser sehen kann?«
    Etwas zögerlich ließ der Fahrer das Auto wieder an und fuhr zu der Absperrung. Er stieg aus, steckte seine Karte in das automatisierte Schloss und sah zu, wie das Tor zur Seite glitt. Dann stieg er wieder ein und fuhr langsam durch die Einfahrt. In der spätnachmittäglichen, winterlichen Dunkelheit konnte ich kaum die Umrisse der großen Felsen erkennen. »Sie werden nicht viel sehen, und ich kann Sie nicht aussteigen lassen. Der Letzte, den ich hierher brachte, brauchte eine Tetanusspritze, weil er gestolpert ist und sich an einer alten Dose oder Flasche geschnitten hat.«
    »Was sind das für riesige Felsen?«
    »Die Wände des alten Zuchthauses. Wurde in den vierziger Jahren abgerissen, und seitdem liegt das hier rum. Früher haben sich die Kids wirklich verletzt an dem Zeug hier. Deshalb hat man es schließlich eingezäunt.«
    Er fuhr weiter Richtung Süden bis zur Ruine der Pockenklinik. Chapman und ich stiegen aus und gingen zu dem taillenhohen Bretterzaun, der unbefugte Besucher abhielt.
    »Ist das nicht fantastisch?« Die Fassade sah wie die eines alten Schlosses aus. Die dunkelgraue Steinveranda, die im Sommer zu beiden Seiten mit Efeu überwuchert war, war nun mit Eiszapfen verziert. Durch die leeren Fensterhöhlen erleuchteten die riesigen, knallroten Neonbuchstaben der Pepsi-Cola-Abfüllanlage auf der anderen Seite des Flusses den schwarzen Himmel. Auf der Manhattan-Seite glitzerten die Lichter des unverwechselbaren Gebäudes der Vereinten Nationen.
    »Ist das alles, was noch hier ist?« Ich konnte sehen, wie Mikes Atem die Worte in der eiskalten Luft formte.
    Der Fahrer des Streifenwagens nickte.
    »Jetzt hast du's gesehen, Kid. Muss was für Mädchen sein. Mich lässt das hier kalt. Lass uns zurück aufs Festland tippeln. Mercer trifft sich um halb acht mit uns in deiner Wohnung.«
    Die Polizisten fuhren uns zur DrahtseilbahnStation, und wir warteten mit zwei anderen Fahrgästen, bis die Kabine kam und die Pendler ausstiegen.
    Mike und ich standen vorne in der Gondel und hielten uns an den Halteriemen an der Decke fest, als das rote Ungetüm aus der Station ruckelte und sich auf den ersten Stützpfeiler hinauf zubewegte. Für einige Momente befanden wir uns: unterhalb des Fahrdamms der Fifty-ninth-Street-Brücke, bis wir die Höhe erreichten, in der wir fast auf Augenhöhe mit den riesigen Eisenträgern waren, die den Fluss überspannten. Der Wind war jetzt stärker geworden, und ich konnte die Spannung in den Stahlkabeln fühlen.
    Mike drehte sich zu mir, um etwas zu sagen, als von der Seite plötzlich Schüsse zu hören waren. Sie pfiffen und schlugen gegen die Stahlwände und das dicke Glas der Drahtseilbahnkabine. Noch vor der zweiten Salve und ohne dass wir ein Wort miteinander gewechselt hatten, hatte mich Mike zu Boden gerissen und sich auf mich geworfen.
    Das Fenster zerbrach unter dem Beschuss einer zweiten,   dann   einer  dritten   Salve.   Die Gondel schwankte, und eiskalte Luft strömte in den kleinen beheizten Raum der beschädigten Bahn. Die verbleibenden zwei Minuten der Überfahrt kamen mir wie eine Ewigkeit vor, und ich musste an jene verzweifelten Augenblicke vor fast fünf Monaten denken, als Mercer eine Kugel abbekam, die für mich gedacht war.
    Ich lag flach mit dem Gesicht auf dem matschigen Fliesenboden der Kabine und bekam vor lauter Angst und wegen des Gewichts von Mike, der auf mir lag, beinahe keine Luft mehr. Ich schloss die Augen, damit mir keine Glassplitter hineinwehen konnten, und hörte, wie Mike seine Pistole neben meinem Ohr in Anschlag brachte, um uns Deckung zu geben, sobald wir die Haltestelle erreichten und die Tür aufging.
     
    20
     
    Den

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