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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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die Berichte übertrieben hatten. Von wegen! Er hatte eine große, prachtvoll eingerichtete Suite in dem alten Krankenhausflügel. Ein kastanienbrauner Hausmantel aus Kaschmir lag über dem Fußende seines Bettes, und darunter standen zwei Paar Schuhe, fein säuberlich mit Schuhspannern.«
    Lockhart schüttelte den Kopf und rang die Hände, als ob er sich mitten in der von ihm beschriebenen Szene befinden würde.
    »Unter dem Fenster war ein Spind, und ich habe einen der Jungs angewiesen, ihn aufzubrechen. Darin waren Dutzende Kisten mit teuren Zigarren, parfümierter Seife, monogrammiertem Briefpapier, Gesichtscreme, Glacehandschuhen, Stofftaschentüchern.« Er schüttelte den Kopf. »Da hatte ich gedacht, ich hätte ihn in die Hölle verbannt, als man ihm die Gefängnisstrafe aufbrummte, aber dabei lebte er besser wie die meisten Menschen, die ich kannte. Und ich hatte noch nicht einmal seine Küche und seinen Garten gesehen.«
    »Seine eigene Küche?«
    »Nun, Reggio und Cleary teilten sich eine Privatküche. Die Männer unten fraßen wie eh und je Haferschleim und Spülwasser. Diese Kerle hatten literweise frische Milch, Kistchen voller Preiselbeeren, Frischfleisch, Salzheringe, sackweise Kartoffeln. Und sie hatten auch einen ziemlich großen Vorrat an Alkohol. Clearys Zimmer war nicht ganz so vornehm. Wo Reggio ein Kreuz und einen Rosenkranz über dem Bett hängen hatte, da steckte bei Cleary ein Dolch in der Wand. Ich schätze, wir hatten ihn unterbrochen. Auf dem Tisch waren noch Spielkarten und eine leere Halbliterflasche Whisky, und oben auf dem Speicher stand ein Apparat, der irgendein selbst gebrautes Gesöff fabrizierte. Screw Hater, der Hund, saß zitternd neben dem Bett, bis wir ihn nach unten brachten und ihm eins der Steaks seines Herrchens zu fressen gaben. Dann gab es nebenan noch einen kleinen Aufenthaltsbereich, wo Cleary und seine Schläger ihre Zeit zubrachten, wenn sie nicht gerade über das Gelände streiften.«
    »Welches Gelände?«
    »Hinter dem Zuchthaus. Reggio bezahlte die anderen Häftlinge, ihm einen Garten anzulegen. Dort hielt er seine Milchkuh und eine Ziege. Es war ein wunderschöner Ort, mit Blick hinüber auf Manhattan. Er hatte Parkbänke aufgestellt und herrliche Blumen angepflanzt, auch wenn sie an diesem Tag nicht blühten. Und er bestimmte, wer den Garten betreten durfte. Das Gesindel musste draußen bleiben.
    Der Taubenverschlag befand sich oben auf dem Dach über Clearys Zimmer. Jeder von ihnen hatte ungefähr zweihundert Vögel, und ihr Gurren machte ganz schön viel Lärm. MacCormick war überzeugt, dass sie auf die Art und Weise Nachrichten raus und rein schmuggelten. Herrgott, es machte keinen Unterschied. Nachdem sie die Wächter mit all dem Mafiageld, das Dutch Schultz lockermachen konnte, bestochen hatten, kam alles, was sie wollten, durch die Vordertür rein und raus. Einfach so.«
    »Das muss ein großartiger Tag für Sie gewesen sein.« Mike hatte den gerahmten Zeitungsausschnitt genommen und las den Artikel. »Ich habe in meinem Leben viele Jungs hochgehen lassen, Mr. Lockhart, aber nicht in der Art wie Sie. Ich bin beeindruckt.«
    »Das Gefängnis wurde ein für alle Mal geschlossen, das Gebäude abgerissen. Früher war es eine Festung, und heute ist es nur noch ein Haufen alter Steine.« Er hievte sich hoch, ging zum Fenster an der Seite des Hauses und sah hinaus auf die Auffahrt. »Wo ist meine Lola? Sie bringt mir immer Lakritze. Diese kleinen schwarzen Lakritzestückchen. Sie mag die Geschichte von dem Mann, der getötet wurde.«
    »Bei der Razzia?«
    »Bei der ganzen verdammten Sache ist nur einer draufgegangen. Und es hätte mich beinahe meinen Job gekostet.«
    »Warum mag Lola diese Geschichte?«, fragte ich.
    »Fragen Sie Lola.« Er schlurfte wieder zu seinem Platz und setzte sich langsam.
    »Wurde einer der Gangster getötet?«, wollte Mike wissen.
    »Nein, nein. Ein feiner Herr. Einer der verwöhnten Gefangenen, die in Saus und Braus dort lebten. Er bezahlte Reggio ein Vermögen, um sich in seinem eigenen privaten Gefängnishorst verhätscheln zu lassen. Wahrscheinlich mochte ihn Lola deswegen. Er war ein wahrer Gentleman. Ich kannte ihn schon, bevor er ins Zuchthaus kam.«
    »Wer war es?«
    »Freeland Jennings, Detective. Kein übler Kerl. Spricht man noch von ihm?«
    Mike und ich sahen uns an. Wir hatten den Namen noch nie gehört.
    »Jeder kennt die Geschichten über Kerle wie Dutch Schultz und Edward Cleary, aber niemand erinnert sich an die

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