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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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durch wie nichts, war gleich wieder ein Loch. Der Skipper sah das von der Brücke und schrie: ,Ihr wollt wohl hier ein Kaffeesieb aus dem Schiff machen. Sofort die Löcher wieder zugemacht.’ Und da wischten wir so ein klein wenig mit der Hand ’rüber oder mit dem Ellbogen, und da waren die Löcher wieder zu. Es war ja gerade so weich wie Kuchenteig. Die eisernen Masten hatten sich ganz umgebogen, so wie ein langes Wachslicht, das du auf einen heißen Kochherd stellst. Es war eine Schweinerei, bis wir sie wieder gerade hatten. Mit dem Äquator darf man nicht spaßen.«
    »Ganz gewiß nicht«, gab ich zu, »darum hat man ja zu beiden Seiten des Äquators rund um die Erde einen Lattenzaun gemacht mit Warnungsschildern dran. Kannst du ja schon auf der Landkarte sehen, den Zaun. Ihr habt den dummen Fehler gemacht, ihr seid drüber weggefahren. Wir waren schlauer. Wir sind durch die Unterwassertunnel drunter hergefahren. Da ist es schön kühl. Merkst gar nicht, daß du unter dem Äquator herfährst.«
    »Die Äquatortunnel kenne ich. Aber die Kompanie wollte nicht die Tunneldurchfahrtkosten bezahlen. Die berechnen pro Tonne einen Schilling Tunnelkosten. Wie geht es denn da ’rein in den Tunnel?«
    »Aber Mensch, das ist doch ganz einfach«, erwiderte ich, »da ist ein großes Loch im Meer, und da geht das Schiff eben ’rein, mit dem Bug zuerst, fährt durch und kommt an der andern Seite wieder ’raus, da ist auch so ein Loch im Wasser.«
    »Ist tatsächlich ganz einfach«, gab Stanislaw zu, »das hätte ich mir viel komplizierter gedacht. Ich habe gedacht, das Schiff wird in eine Art Taucheranzug gesteckt und dann ’runtergezogen. Unten ist eine Maschine, die da zieht, und dann geht es unten lang auf Zahnradschienen, und an der andern Seite wird das Schiff dann wieder hochgezogen.«
    »So hätte man das natürlich auch machen können«, sagte ich, »aber das ist zu umständlich. Könnten sie auch gar nicht machen für einen Schilling die Tonne.«
    »Zum Kreuzdonnerwetter noch mal, wird das Geschwätze da drin im Kessel nun bald aufhören oder nicht«, schrie der Zweite Ingenieur in den Kessel, während er den Kopf zum Mannloch durchsteckte. »Wenn da in einem fort erzählt wird, kann der Kessel nicht rein werden.«
    »Komm doch ’rein, du Hund, wenn du den Hammer an den Schädel haben willst.« Ich schrie es wie wild, halbverrückt von der Hitze. »Klopp dir den Kessel allein, du Roßtäuscher, du verfluchter. Dir werde ich ja überhaupt noch was erzählen.«
    Ich wollte ja gern, daß er mich rapportiert und daß ich ’rausgefeuert werde. Dann hätte ich ein Quittungsbuch kriegen müssen und mein Geld. Aber dazu waren die ja viel zu schlau.
    »Ebenso wie die Offiziere im Kriege. Kann man noch so beleidigen und in die Fresse hauen, melden dich nicht«, sagte Stanislaw, »haben dich lieber draußen, als daß du im Gefängnis im trocknen sitzt.«
    Kesselreinigen am Äquator, wenn das Feuer nur knapp einen Tag gelöscht ist und der Nachbarkessel unter Dampf liegt. Meine Herren! Wer nie sein Brot mit Tränen aß, der trinkt es jetzt wie Himbeerlimonade. Wir saßen nackt drin, aber die Wände waren so glühend heiß, daß wir uns anziehen mußten und dicke Polster aus Sacklumpen unter die Knie zu legen hatten, um nicht anzubrennen.
    Dann klopfen. Und was der Kesselstein für einen Staub macht. Das ist, als ob man die Lunge, den Schlund, die Kehle mit Glas abkratzt. Wenn man den Mund bewegt, knirscht es zwischen den Zähnen, als ob man Sand mahlt, und es kriecht einem am ganzen Rückenmark ein entsetzliches Empfinden hoch, als würde das Rückenmark von einem Ende aus herausgebohrt.
    Der Kessel ist an sich schon nicht allzu geräumig. Nun liegen auch noch die Feuerzüge drin, und man muß auf dem Rücken liegen, auf dem Bauche, um überall hinzukommen. Wie eine Schlange windet man sich in den Zügen herum. Wo man mit der bloßen Hand hinfaßt, ist es so heiß, als fasse man auf eine heiße Herdplatte.
    Dann springt einem Kesselstein in die Augen. Und das harte scharfe Körnchen bereitet einem Schmerzen, daß man glaubt, wahnsinnig zu werden. Dann wird es mit dreckigen und schweißigen Händen herausgefischt, und das Auge rötet sich von den Martern, die man ihm angetan hatte. Eine Weile geht es gut, und ratsch: wieder ist ein scharfer Splitter drin, und die Marter geht von neuem los.
    Schutzbrillen? Die kosten Geld. Für solchen Unfug hat die »Yorikke« kein Geld. So wurde es vor tausend Jahren gemacht, und so wird es

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