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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Sagt man: »Ich!«, dann lachen sie, aber Senge gibt es trotzdem. Sagt man: »The Dominians, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika!«, dann gibt es Senge. Sagt man gar nichts, so heißt das:
    »Wir Amerikaner!«, und es gibt Senge. Zu sagen: »Ihr habt ihn gewonnen!«, das wäre eine unverschämte Lüge, und lügen möchte man nicht. Also gibt es Senge, und da kann man nicht dran vorbei. So sind die Bullen, und dann heißt es immer noch: die »Vettern von drüben«. Meine nicht. Da wundern sie sich noch, wenn man sie nicht riechen kann.
    Aber was wollte ich denn machen?
    »Auf welchem Eimer seid ihr denn?« frage ich.
    »Na, Yankchen, was machst du denn hier? Wir haben doch gar keinen Yank hier gesehen.« Sie fühlen sich, weil sie schon Zimt riechen.
    »Ich bin achtern abgekantet und kann jetzt nicht Anker hieven.«
    »Keine Versicherungspolice, hä?«
    »Erraten.«
    »Willst du jetzt wegstauen?«
    »Muß. Kiel sitzt auf. Brennt.«
    »Wir sind auf einem Schotten.«
    »Wo geht ihr denn ’raus jetzt?« fragte ich.
    »Boulogne. Bis dahin können wir dich stauen. Weiter geht’s aber nicht. Der Bos’n, der Bootsmann, ist ein Hund.«
    »Gut, dann mache ich nach Boulogne. Wann ebbt ihr ab?«
    »Am besten, du kommst ’rauf um acht. Da ist der Bos’n saufen. Wir stehen an der Schanze. Wenn ich die Mütze in den Nacken schiebe, ist alles klar; wenn ich nichts mache, wartest du noch eine Weile. Lauf nicht so viel gerade vor der Nase herum. Wenn du aber gewischt wirst, läßt du dir eher das Maul breitschlagen, ehe du sagst, wer dich gelotst hat. Ehrensache, verstanden?«
    Um acht war ich da. Die Mütze wurde in den Nacken geschoben. Der Bos’n war besoffen und wurde vor Boulogne nicht nüchtern, und da stieg ich aus und war in Frankreich.
    Ich wechselte mein Geld in französische Franken um. Dann ging ich zum Bahnhof, und da stand der Expreß für Paris. Ich nahm eine Karte für die erste Station und setzte mich in den Zug.
    Die Franzosen sind zu höflich, als daß sie einen während der Fahrt belästigen würden.
    Und da war ich mit einem Male in Paris. Aber da wurden die Karten kontrolliert, und ich hatte keine für Paris.
    Wieder Polizei. Natürlich, wie könnte es auch ohne Polizei gehen? Es wurde ein grausames Radebrechen. Ich ein paar Brocken Französisch, die Leute jeder einen Brocken Englisch. Das meiste hatte ich zu erraten. Wo ich herkäme? Von Boulogne. Wie ich nach Boulogne gekommen sei? Mit einem Schiff. Wo meine Seemannskarte sei? Habe keine.
    »Was, Sie haben keine Seemannskarte?«
    Diese Frage würde ich jetzt sogar verstehen, wenn man sie zu mir Hindostanisch sagte. Denn die Geste und der Tonfall sind so genau die gleichen, daß man sich nie irren könnte.
    »Paß habe ich auch nicht. Ich habe auch keine Identitätskarte. Ich habe überhaupt keine Papiere. Nie Papiere gehabt.«
    Das sage ich gleich in einem Atemzuge. Nun können sie wenigstens diese Fragen nicht stellen und sich damit die Zeit vertreiben. In der Tat werden sie ein wenig verblüfft, weil sie nun ganz aus der Reihe gekommen sind. Für eine Weile weiß keiner, was er fragen oder sagen soll. Glücklicherweise bleibt ihnen ja die Fahrkarte, die ich nicht hatte. Und am nächsten Tage ist wieder ein Verhör. Ich lasse sie ruhig verhören und reden und fragen. Ich verstehe nichts. Am Schluß wird mir aber klar, daß ich zehn Tage Gefängnis weghabe wegen Eisenbahnbetrugs oder so etwas Ähnlichen. Was weiß ich. Es ist mir auch gleichgültig. Aber das war meine Ankunft in Paris.
    Diese Gefängnislaufbahn war recht drollig.
    Erster Tag: Einlieferung, Baden, Untersuchung, Wäscheausteilung, Zellenverteilung. Der erste Tag war vorbei.
    Zweiter Tag: Quittieren kommen beim Kassenverwalter über die Summe, die ich bei meiner Verhaftung im Besitz hatte. Abermalige Personenfeststellung und Eintragung in dicke Bücher. Nachmittag: Empfang beim Gefängnisgeistlichen. Er sprach gut Englisch. Behauptete er. Das muß aber das Englisch gewesen sein, als William der Eroberer noch nicht in England gelandet war, denn ich verstand von diesem guten Englisch nicht ein einziges Wort, ließ es mir aber nicht anmerken. Wenn er von Gott sprach, sagte er immer »Goat«, und ich war der Meinung, er rede von einer Ziege. Damit ging auch der zweite Tag herum.
    Dritter Tag: Vormittags werde ich gefragt, ob ich schon mal Schürzenbänder angenäht hätte. Ich sagte nein. Nachmittags wurde mir mitgeteilt, daß ich in die Schürzenabteilung eingereiht würde. Damit ging

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