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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Leibe zu ziehen. Denn wir müssen ja alles bezahlen. Wir und die armen Boches.«
    »Sieht man ja an Ihnen, wie dreckig es den armen Boches geht. Ganz verhungert sehen Sie aus. Essen Sie nur tüchtig, langen Sie zu. Nehmen Sie sich das beste Stück. Wenn es Ihnen nur schmeckt. Wenn sie drüben alle so verhungert sind wie Sie, dann gute Nacht. Aber wir haben ja selber nicht viel. Wo wollen Sie denn nun hin? Nach Spanien? Das ist recht. Das ist vernünftig. Die haben noch etwas mehr als wir. Die haben keinen Krieg gehabt. Aber die hat ja der Amerikaner auch so ’reingelegt mit Kuba und mit den Philippinen. Da sehen Sie es ja schon wieder. Immer stiehlt er uns arme Europäer aus. Als ob er drüben nicht genug hätte. Nein, er muß hier stehlen und wuchern kommen. Langen Sie nur tüchtig zu. Lassen Sie sich durch uns nicht stören, daß wir schon aufhören. Wir haben ja noch ein bißchen was und können uns wenigstens hin und wieder mal satt essen. Aber, ihr armen Boches da drüben, euch verhungern ja die kleinen Würmchen in der Wiege.«
    »Und wenn nun gar hier ein armer Teufel sich das Geld zusammengespart hat und will ’rüber zu den Amerikanern, um sich ein paar Dollars zu verdienen, die er seinen Eltern schicken will, da machen sie die Türe zu, diese Banditen. Erst stehlen sie das Land von den armen Indianern, und wenn sie es haben, dann lassen sie keinen mehr ’rein, nur damit sie ja ganz im Fett ersticken können, die verfluchten Hunde. Als ob sie dem, der überfährt, was schenken würden. Arbeiten muß er, aber feste. Die schlechteste Arbeit, die kein Amerikaner anfassen will, die können dann unsre Jungens machen.«
    »Wissen Sie was, Sie könnten eigentlich hier ein paar Wochen ganz gut arbeiten. Da können Sie sich ordentlich herausfüttern, daß Sie wieder zu Kräften kommen, denn Spanien ist noch weit. Mon dieu, viel bezahlen können wir ja nicht, dreißig Franken den Monat, acht Franken die Woche und die Kost und das Schlafen. Vor dem Kriege war der Lohn nur drei Franken die Woche, aber es ist ja jetzt alles so sündhaft teuer. Wir haben auch während des Krieges einen Boche hier gehabt. Einen Kriegsgefangenen. Er war ein so fleißiger Mann, wir waren alle recht traurig, als er wieder heim mußte. Sag, Antoine, der Wil’em, der Boche, der war doch ein sehr fleißiger Mann. Der hat tüchtig gearbeitet. Wir haben ihn auch alle sehr gern gehabt, und die andern Leute haben auch immer geredet, daß wir ihn zu gut behandeln, aber wir haben ihm doch alles gegeben, was wir konnten. Er hat dasselbe Essen gehabt wie wir, da haben wir keinen Unterschied gemacht…«
    Da arbeitete ich also nun, und ich lernte bald erfahren, daß der Wil’em wirklich ein tüchtiger Arbeiter gewesen sein muß. Denn ich hörte jeden Tag ein halbes dutzendmal: »Ich weiß nicht, der Wil’em muß aus einer ganz andern Gegend gewesen sein als Sie. So können Sie nicht arbeiten wie der Wil’em. Habe ich nicht recht, Antoine?«
    Und Antoine bestätigte: »Ja, er ist sicher aus einer ganz andern Gegend, denn so kann er nicht arbeiten, wie der Wil’em es konnte. Aber es gibt wohl auch unter den Boches Unterschiede, genauso wie bei uns.«
    Der ewige Vergleich mit dem tüchtigen Wil’em, der sicher mehr von der Landwirtschaft verstand als ich und der gewiß auch darum so »tüchtig« arbeitete, weil er lieber hier bei den Bauersleuten blieb als in das Internierungslager zurückgeschickt werden oder in Algier Straßen pflastern wollte, fiel mir bald auf die Nerven. Selbst wenn ich nur halb soviel gearbeitet hätte, wäre es noch um das Dreifache zuviel gewesen. So billig bekam der Bauer nie wieder einen Arbeiter. Acht Franken in der Woche. Andre Bauern hatten zwanzig, fünfundzwanzig, dreißig Franken die Woche zu zahlen. Ich bekam acht. Ich war ja auch der verhungerte Boche, der herausgefüttert werden sollte.
    Als ich dann abzog, weil ich erklärte, ich müßte nun unbedingt nach Spanien, ich könne auf keinen Fall mehr länger warten, und vielleicht käme gar noch die Polizei, die es mir verbieten würde, hier zu arbeiten, da bekam ich für meine Arbeit von sechs Wochen im ganzen zehn Franken. Der Bauer sagte mir, daß er nicht mehr Geld habe. Wenn ich vielleicht nach Neujahr zurückkommen wolle, dann könne er mir den Rest zahlen, weil er dann das Geld bekäme für die Ernte, aber jetzt habe er weiter kein Geld. Ich sähe jetzt auch wieder ganz gesund aus, es habe mir doch gutgetan, dieses kräftige Essen, das ich hier bekommen habe,

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