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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Puppen. Aber von dem Lachen ihres Leutnants wurden sie schließlich doch angesteckt und lachten mit, ohne zu wissen, worum es ging und wer die Kosten dieses Lachens trug. –
    Der Kommandeur war sehr früh zurückgekommen, und um sieben Uhr morgens wurde ich ihm vorgeführt.
    »Haben Sie denn die Schilder nicht gesehen?«
    »Was für Schilder?«
    »Nun, jene Schilder, auf denen geschrieben steht, daß dies hier militärisches Gebiet ist und daß, wer innerhalb dieses Gebietes angetroffen wird, nach Kriegsrecht behandelt wird. Das bedeutet, daß Sie ohne Gerichtsverhandlung zum Tode verurteilt sind und erschossen werden.«
    »Das weiß ich bereits.«
    »Also die Schilder haben Sie nicht gesehen?«
    »Nein. Und wenn ich sie gesehen habe, so habe ich nicht darauf geachtet. Ich kann auch gar nicht lesen, was darauf steht. Lesen kann ich es zwar, aber nicht verstehen.«
    »Sie sind Holländer, nicht wahr?«
    »Nein, ich bin ein Boche.«
    Wenn ich gesagt hätte, ich bin der Teufel und komme soeben auf direktem Wege aus der Hölle, um den Kommandanten persönlich abzuholen, er hätte kein erstaunteres Gesicht machen können.
    »Ich habe geglaubt, Sie seien Holländer. Sie sind Offizier in der deutschen Armee oder sind es wenigstens gewesen, nicht wahr?«
    »Nein, ich war nie Soldat in der deutschen Armee.«
    »Warum nicht?«
    »Ich bin ein C. O. ein Mann, der die ganze Zeit, während der Krieg dauerte, im Gefängnis saß.«
    »Wegen Spionage?«
    »Nein, weil die Deutschen glaubten, ich würde den Krieg nicht erlauben. Und da hatten sie solche Angst, daß sie mich und noch ein halbes Dutzend Leute, die den Krieg auch nicht erlauben wollten, ins Gefängnis steckten.«
    »Da hätten Sie und das halbe Dutzend Ihrer Mitgefangenen den Krieg also verhindern können?«
    »Wenigstens die Boches glaubten das von mir. Vorher hatte ich nicht gewußt, daß ich ein so starker Mann bin. Aber dann erfuhr ich es, weil sie mich ja sonst nicht hätten einsperren brauchen.«
    »In welchem Festungsgefängnis haben Sie denn da gesessen?«
    »In – in – in Südfalen.«
    »In welcher Stadt?«
    »In Deutschenburg.«
    »Den Ort habe ich nie gehört.«
    »Ja, da wird nur wenig davon gesprochen. Das ist eine ganz geheime Festung, die sogar die Boches selber nicht kennen.«
    Der Kommandant wandte sich nun an den Leutnant: »Wußten Sie, daß der Mann ein Deutscher ist?«
    »Jawohl, er hat es mir sofort gesagt.«
    »Sofort gesagt, ohne erst Ausflüchte zu machen?«
    »Jawohl.«
    »Hat er einen photographischen Apparat gehabt, Karten, Bilder, Zeichnungen, Pläne oder etwas derart?«
    »Nein, offen nicht. Ich habe ihn nicht durchsuchen lassen, er war immer unter Aufsicht und konnte nichts verbergen.«
    »Das war richtig. Wir werden sehen, was er hat.«
    Nun kamen zwei Korporale, und die durchsuchten mich. Aber sie hatten kein Glück. Alles, was sie fanden, waren ein paar Franken, ein zerrissenes Taschentuch, ein kleines Kämmchen und ein Stück Seife. Die Seife trug ich bei mir als Legitimation, daß ich einer zivilisierten Rasse angehöre, denn an meinem Äußern hätte man das nicht immer erkennen können. Und eine Legitimation mußte ich ja schließlich doch wohl haben.
    »Schneiden Sie die Seife auf«, wurde dem Korporal angeordnet.
    Aber auch inwendig war nichts andres als Seife. Der Kommandant hatte offenbar geglaubt, daß innen Schokolade wäre.
    Dann mußte ich Stiefel und Strümpfe ausziehen, und die Sohlen meiner Stiefel wurden durchsucht.
    Aber wenn schon alle die vielen Polizisten das nicht gefunden hatten, was die Leute alle gern von mir haben wollten, und die hatten doch auch gut verstanden, wie durchsucht werden muß, so fanden es die Korporale noch viel weniger. Wenn die Leute doch nur sagen wollten, was sie immer suchen, dann würde ich ihnen ja gern sagen, ob ich es habe oder nicht. Dann könnten sie sich die Mühe sparen. Freilich dann hätten sie wieder keine Arbeit.
    Es muß ein sehr wertvolles Ding sein, was die in allen Ländern in meinen Taschen suchen. Vielleicht die Pläne einer verschütteten Goldmine oder eines versandeten Diamantenfeldes. Der Kommandant hätte sich beinahe verraten, denn er sprach schon von Plänen; aber rasch fiel ihm ein, daß er das große tiefe Geheimnis, das nur Cops und Soldaten wissen dürfen, nicht verraten darf.
    »Ich verstehe nur eins nicht«, wandte sich der Kommandant wieder an den Leutnant, »wie es möglich war, daß er die Posten an den Außenwerken passieren konnte, ohne gesehen zu werden

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