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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Wache.
    »Abendessen holen ist deine Sache«, wandte sich der Mann mir zu.
    »Ich bin hier nicht als Meßboy, als Moses, damit du das nur gleich weißt«, sagte ich darauf.
    »Hier gibt es keine Meßboy.«
    »Na?«
    »Das müssen hier die Kohlenzieher machen.«
    Die Hiebe setzen schon. Das kann ja nett werden. Ich sehe schon, warum und wozu. Das Schicksal will seinen Lauf haben.
    »Abendessen holt der Kohlenzieher der Rattenwache.«
    Der zweite Hieb. Jetzt zähle ich nicht mehr die Hiebe. Laß sie kommen und fallen. Mach das Fell dick.
    Also Rattenwache. Das war ja vorauszusehen. Wache von zwölf bis vier, die niederträchtigste Wache, die erfunden wurde, um Seeleute zu martern. Um vier kommt man von Wache. Man wäscht sich. Dann holt man Abendessen für die ganze Bande. Dann wäscht man das Geschirr für die ganze Bande, weil ja kein Meßboy da ist und die Kohlenzieher alles mitzumachen haben. Dann legt man sich in die Bunk. Da es bis zum nächsten Morgen um acht nichts mehr zu essen gibt, man aber in der Nacht auf Wache zu gehen hat und nicht nur zu gehen, sondern zu arbeiten und wie, so muß man tüchtig Abendbrot ’reinhauen, weil man sonst in der Nacht klappt. Mit dem vollen Magen kann man aber nicht schlafen. Bis um zehn manchmal sitzen auch noch die Freiwachen auf und spielen Karten oder erzählen sich etwas. Da sie keinen andern Raum haben, wo sie hingehen können, so sitzen sie hier. Man kann ihnen das Geplauder doch nicht verbieten, sie verlernen ja sonst die Sprache, und sie reden doch schon leise, um den schlafenden Mitarbeiter nicht zu stören. Aber das leise Reden stört noch mehr als das laute. Um elf fängt man an, einzuschlafen. Zwanzig vor zwölf kommt die Wecke, ’raus und ’runter. Um vier kommt man von Wache. Wäscht sich. Vielleicht. Man fällt in die Bunk. Um halb sechs geht der Tageslärm auf dem Boot schon los. Um acht wird man aus dem Schlaf gerissen:
    »Frühstück ist da!« Den ganzen Vormittag wird auf dem Boot gehämmert, genagelt, gesägt, kommandiert. Um zwanzig vor zwölf kommt keine Wecke, weil ja nicht angenommen wird, daß jemand um diese Zeit schlafen könne. Man ist schon auf und fällt in seine Wache. Und so fort, um vier – ja und immer so weiter.
    »Wer wäscht denn das Geschirr, wenn kein Meßboy da ist?«
    »Die Kohlenzieher.«
    »Wer scheuert denn die Aborte?«
    »Der Kohlenzieher.«
    Das ist ja eine durchaus ehrenwerte Beschäftigung, wenn man sonst nichts weiter zu tun hat. In diesem Falle ist es Schweinerei. Und wer die Aborte gesehen hätte, der würde gesagt haben: »Das ist die größte Schweinerei, die ich je in meinem Leben oder in einem Schützengraben gesehen habe.« Aber ich habe erfahren gelernt, daß die Schweine saubere Tiere sind, die dem Pferde an Sauberkeit nichts nachgeben. Wenn ich den Bauer oder den Schweinezüchter in einen finstern Stall stecke, der zwei Schritte lang und zwei Schritte breit ist, ihn überfüttere, nie hinauslasse, nur ab und zu ein paar Hälmchen Stroh hinwerfe und die alten vermanschten nicht oder nur selten herausnehme, weil er sich ja in dem Mist so wohl fühlt, dann möchte ich einmal sehen, wie der Bauer in diesem Stall nach zwei Wochen aussieht und wer das größere Dreckschwein ist, der Bauer oder sein Dickerchen. Unbesorgt, alles wird an den Menschen heimgezahlt werden, alles, was er Pferden, Hunden, Schweinen, Fröschen und Vögeln angetan hat. Dafür wird er einmal mehr büßen müssen, als was er seinen eignen Mitmenschen tat. Man kann keinen Abort scheuern, wenn man zu müde ist, um den Löffel mit Reis in den Mund zu bringen, no, Sir.
    Sonniges Spanien, das ist die Strafe, weil ich dich, du freundliche Wirtin, verließ!
    Auf einem guten Schifflein ist ein Nauke; ein Tagarbeiter, der so als Knochenbeilage mitgenommen wird, sich nie überarbeitet, immer überall dasein soll, um zuzufassen, seinen Deckarbeiterlohn bekommt und im großen und ganzen ein ganz angenehmes Leben führt. Nauke ist der Mann für alles. Und alles, was verkehrt geht, wird stets auf Nauke zurückgeführt. Er ist an allem schuld. Wenn in den Bunkern Feuer ausbricht, Nauke ist schuld, obgleich er nie in die Bunker darf, aber er hat die Luken nicht regelmäßig gehoben. Wenn dem Koch das Essen anbrennt, Nauke kriegt den Krach, obgleich er nie in die Küche darf, aber er hat an den Wasserkränen geschraubt, als er sie putzte. Wenn das Schiff untergeht, Nauke ist schuld, weil er, weil er – nun ja, weil er Nauke ist.
    Auf der »Yorikke« waren die

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