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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Kohlenschächte des Kesselraumes so schön und mollig auffüllen. Und als die Schächte aufgefüllt waren, der Bunker leer war und »Yorikke« die Ladung übernommen hatte, begann eine wollüstige Zeit. Sie dauerte nur drei Tage, dann waren die Schächte wieder leer, aber es waren doch schöne Tage, ganz unvergeßlich.
    Es waren die Tage der Galeerensklaven, wenn die Segel voll sitzen und nur tote Kreuzerfahrten gemacht werden. Sie bleiben angeschmiedet, damit sie die Gewohnheit nicht verlieren; sie werden weiter gepeitscht, damit sie das Gefühl nicht verlieren und nicht an Aufruhr denken; sie müssen weiterarbeiten, damit die Muskeln nicht zu schlapp werden. Aber sie dürfen sich hin und wieder ausruhen und den Kopf auf die Riemenstangen fallen lassen, weil unter den vollen Segeln die auslegenden Riemen bremsen und nicht in Richtung wirken.
    Auch die vollen Kesselschächte konnten bremsend wirken, wenn man nicht ruhte, und sie hätten den Kesselraum so verstopfen können, daß der Heizer nicht arbeiten konnte, vielleicht gar Feuer ausbrach.
    Die Ladung wurde ebenfalls auf offner See eingenommen. Irgendwo an der Küste Portugals mußte es sein; denn die Bootsleute sprachen portugiesisch. Es ging ähnlich zu wie weiter südlich an den Küsten Afrikas das Ausladen.
    Auch hier kamen drei Mann zuerst an Bord, die wie Fischer aussahen, jedoch keine Marokkaner waren. Auch sie gingen mit dem Skipper in dessen Kabine. Es wurde geladen, es wurden Zahlen in Englisch gerufen und in Arabisch geschrieben. Dann zogen die Boote mit ihren Fisch- und Apfelsinenladungen wieder ab, in alle Richtungen hinaus. Zuletzt stiegen auch die drei in ihr Boot und setzten ab.
    Diesmal gab es kein großes Nach-Sturm-Frühstück, sondern nur Kakao und Stollenkuchen mit Rosinen. Es gab ja auch nichts zu schwören.
    »Denn was soll man schwören?« sagte Stanislaw. »Wenn da einer kommt und hebt die Luke auf und guckt ’rein und sieht die Kisten, was willst du da schwören? Kannst doch nicht gut schwören, es ist keine Kiste da, wenn der Mann sie in der Hand hat. Aber da kommst du auch gar nicht zum Schwören. Da sind die Kisten und fertig. Kann nur der Skipper schwören, wo er mit den Kisten hin will. Und der wird ihnen schon was schwören, da kannst du Schlacke drauf fressen.«
    Jetzt hatte ich und natürlich auch Stanislaw feine Wachen. Wenn ausgeschlackt war, wurden die Aschenfälle gezogen, dann hob ich dem Kohlefall das Schürzchen hoch, und der Kesselraum lag voll, Vorrat mit eingeschlossen.
    Da kroch ich in einer Wache in der Nacht mal so ’rum in den Eingeweiden. Manchmal findet man ganz angenehme Dinge. Nüsse, Apfelsinen, Tabakblätter, Zigaretten und andres. Manchmal muß man die Kisten aufmachen und sehen, ob neue Hemden drin sind oder Stiefel oder Seife. Moral wird einem ja nur darum gelehrt, damit die, die alles haben, alles behalten können und das übrige noch dazu kriegen. Moral ist die Butter für die, denen das Brot fehlt.
    Man muß die Kisten wieder gut zumachen und darf das Hemd und die Stiefel nicht gleich anziehen. Wenn es rauchig wird, verkauft man es besser im nächsten Hafen. Nimmt jeder ab. Der Seemann ist billig. Er spart ja die Ladenmiete und kann deshalb unter Fabrikpreisen verkaufen.
    Seine Ausgaben hat man auch. So leicht ist es nicht, an die Kisten zu kommen. Man muß Schlangenmensch sein. Das hatte ich ja gelernt. Jeden Tag ein paarmal Training; wenn man nachließ, spürte man es sofort an den verbrühten Armen und den verschmorten Stellen auf dem Rücken. Es hat auch seine Schwierigkeiten, in den Laderäumen ’rumzuwirtschaften und seine Ware zu suchen und in Empfang zu nehmen. Da rutscht so eine Kiste, ein paar andre rutschen nach, und man ist gefangen in der Falle oder zu Brei zerquetscht. Licht hat man ja keins, sondern Wachszündhölzchen, damit man den Waren heimleuchten kann.
    Die »Yorikke« fuhr keine echten Werte, sie fuhr Totenwerte.
    Alte Schrauben, versichert als Corned beef. Aber diese Einladungen und Ausladungen ließen meinen Geschäftssinn nicht ruhen. Das waren keine alten Schrauben, und das waren auch keine Zementfüllungen. Ich kenne die Marokkaner, die machen sich nichts aus Schrauben und gebackenem Zement. Außerdem hatte ich gesehen, daß nur ein Rettungsboot dicht war und daß die Offiziere mit dem Skipper auf Wertschätzung standen. Die beiden Offiziere beanspruchten Boot zwei; sie durften nicht mit in Boot eins, dann wären Skipper und Offiziere erschlagen worden, weil man wußte, was

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