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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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es dir gut gehen soll.«
    »Siehst du, Pippip«, ergänzte Stanislaw seine Erzählung, »jedes Ding hat seine Zeit. Da kommt dann eine Zeit, wo du dir sagen mußt, nun trachte aber nach etwas anderm. Das ist der Fehler, daß die meisten nicht zur rechten Zeit sagen können; Nun aber ’runter von der Ella, sonst kommst du nicht mehr ’raus, und die Olsche schnappt dich. Und da sagte ich mir, jetzt mußt du einen Kasten kriegen, und wenn du ihn stehlen sollst, sonst sitzt du fest.«
    Als Stanislaw zu dieser Überzeugung gekommen war, ging er wieder zur Polizei und sagte, daß sein Geburtsschein nicht gekommen sei.
    »Die verfluchten Pollacken«, sagte der Inspektor, »das machen sie aus Niedertracht. Wir werden ihnen schon noch die Hölle heiß machen, lassen Sie nur erst mal die Franzosen in Afrika und die Engländer in Indien und China die Hände voll Dreck haben, dann werden wir schon was pfeifen.«
    Stanislaw, den die politische Meinung des Inspektors nicht interessierte, der aber aus Höflichkeit zugehört, genickt und mit der Faust auf den Tisch geschlagen hatte, sagte nun: »Wo krieg’ ich denn nun mein Seemannsbuch her, Herr Inspektor?«
    »Haben Sie denn nicht schon mal in Hamburg gewohnt?«
    »Natürlich. Vor dem Kriege.«
    »Lange?«
    »Über ein halbes Jahr.«
    »Gemeldet gewesen?«
    »’türlich.«
    »Welchen Bezirk?«
    »Hier in diesem Bezirk. Auf diesem Revier.«
    »Dann gehen Sie nur einmal rasch zur Hauptmeldestelle und lassen Sie sich einen Meldeauszug geben. Dann kommen Sie damit her und bringen Sie zwei oder drei Photographien mit, die ich Ihnen stempeln kann.«
    Stanislaw bekam den Meldeauszug und eilte zurück zu dem Inspektor. Der Inspektor sagte: »Der Auszug ist richtig, wenn ich nur genau wüßte, daß Sie auch der sind, der hier im Auszug genannt ist?«
    »Das kann ich beweisen. Ich kann ja den Segelmacher Andresen, bei dem ich gearbeitet habe, herbringen. Aber da steht ja ein Wachtmeister, der mich vielleicht noch kennt.«
    »Ich? Sie kennen?« fragte der Wachtmeister.
    »Ja. Ihnen habe ich neun Mark Ordnungsstrafe zu verdanken, die Sie mir eingebracht haben, wegen einer Prügelei. Damals hatten Sie noch eine Fliege an der Unterlippe, die Sie jetzt abrasiert haben«, sagte Stanislaw.
    »Ja-a-a-! Jetzt kann ich mich auf Sie besinnen. Richtig, Sie arbeiteten bei dem Andresen. Wir hatten ja noch die Geschichte mit Ihnen. Posen suchte Sie, weil sie als Junge zu Hause durchgebrannt waren. Wir ließen Sie dann hier, weil Sie ja hier anständig in Arbeit waren.«
    »Dann stimmt das alles«, sagte nun der Inspektor. »Jetzt kann ich Ihnen die Bescheinigung geben und die Photographien stempeln.«
    Am nächsten Tage ging Stanislaw mit der Bescheinigung zum Amt.
    »Die Bescheinigung stimmt. Der Inspektor bestätigt, daß er Sie persönlich kennt. Aber. Aber die Reichsangehörigkeit bezweifeln wir noch. Da steht Deutsche Reichsangehörigkeit. Das müssen Sie uns beweisen.« Das sagte man ihm auf dem Amt.
    »Ich habe doch in der K.M. gedient und bin am Skagerrak verwundet worden.«
    Der Beamte zog die Augenbrauen hoch und machte eine Gebärde, als ob von dem, was er jetzt sagen wolle, der Weiterbestand der Erde abhängig sei. »Als Sie in der Kaiserlichen Marine dienten und am Skagerrak verwundet wurden, wo wir es den scheinheiligen Hunden aber gründlich gegeben haben, da waren Sie deutscher Reichsangehöriger. Das wird nicht in Zweifel gestellt. Aber ob Sie heute noch deutscher Staatsangehöriger sind, das ist von Ihnen zu beweisen. Solange Sie uns das nicht beweisen können, sind wir nicht in der Lage, Ihnen ein Seefahrtsbuch auszustellen.«
    »Wo muß ich denn da hingehen?«
    »Da müssen Sie zum Polizeipräsidium gehen. Abteilung Staatsangehörigkeit.«
     

38.
     
    Stanislaw mußte doch wieder nach seinem ehrlichen Handwerk sehen, um nicht zu verhungern. Da half nichts. Seine Schuld war es nicht. Arbeit gab es nicht einen Brocken. Alles saugte an der Arbeitslosenunterstützung.
    Stanislaw machte keinen Versuch, sie mitzunehmen. Ehrliches Handwerk war ihm lieber.
    »Es drückt einen so nieder, wenn man immer zwischen Arbeitslosen steht und dort der paar Pfennige wegen halbe Tage in Reih und Glied anstehen und jeden Tag hinlaufen muß. Dann schon lieber Schmalmachen nachts auf der Straße oder aufpassen, ob nicht jemandem die Brieftasche juckt«, sagte Stanislaw. »Meine Schuld ist es nicht. Hätten die mir ein Buch gegeben, als ich das erstemal da war, wäre ich längst fort. Ich kriege schon

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