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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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mit brausender Begeisterung zurufen: Macht nischt, das nächste Mal! Und als den Arbeitern und den Kleinen schwindlig wurde von der Höhe der Rechnungen, die sie bezahlen sollten, weil die großen Räuber nichts verdient und sogar das noch für die Wohltätigkeit geopfert hatten, da führte man die kleinen Leute an das Grab des »Unbekannten Kriegers«, wo sie so lange standen und man so lange auf sie einredete, bis sie dran glaubten, an die Pflicht des Bezahlens und an die Echtheit des Unbekannten Kriegers. Wo man sich keinen Unbekannten Krieger leisten konnte, weil man keinen hatte, da schläferte man das Denken der Arbeiter damit ein, daß man ihnen den Dolch im Rücken zeigte und sie raten und streiten ließ, wer ihn ’reingesteckt habe.
    Dann kam die Zeit, wo in Deutschland ein Zündholz zweiundfünfzig Billionen Mark kostete, während die Herstellung jener zweiundfünfzig Billionen Mark in Nicht-Billionen-Scheinen mehr kostete als ein ganzer Eisenbahnwaggon voll Zündhölzer. Da fand es die dänische Kompanie an der Zeit, ihre Schiffe nach Hamburg ins Trockendock zu schicken zum Überholen. Die Mannschaften wurden entlassen und in ihre Heimat geschickt. Stanislaw war mit dem Schiff nach Hamburg gekommen und war nun gleich in seinem Heimatlande.
     

37.
     
    Das dänische Heuerbuch war nicht viel wert. In Dänemark lagen so viele Schiffe auf, daß man kaum auf Musterung rechnen konnte. Und Stanislaw wollte endlich wieder einmal ein richtiges Seemannsbuch haben.
    Er ging zum Seemannsamt, wo er dachte, das Buch zu bekommen.
    »Müssen Sie erst eine Bescheinigung von der Polizei beibringen.«
    »Ich habe hier mein altes Seemannsbuch.«
    »Das ist ein dänisches. Wir sind hier nicht in Dänemark.«
    Das dänische Seemannsbuch trug einen andern Namen, nicht den richtigen Namen Stanislaws.
    Er ging zur Polizei, sagte seinen richtigen Namen und wollte eine Bescheinigung haben, damit er ein Seemannsbuch bekommen könne.
    »Hier gemeldet?« wurde er gefragt.
    »Nein. Bin gestern erst angekommen. Mit einem Dänen«, sagte Stanislaw.
    »Dann lassen Sie sich erst Ihren Geburtsschein schicken, sonst können wir Ihnen keine Bescheinigung geben«, sagte die Polizei.
    Stanislaw schrieb nach Posen, um seinen Geburtsschein zu bekommen. Er wartete eine Woche. Der Geburtsschein kam nicht. Er wartete zwei Wochen. Der Geburtsschein kam nicht.
    Nun schrieb Stanislaw einen Einschreibebrief und packte fünfzig Billionen Mark bei für Unkosten.
    Stanislaw wartete drei Wochen. Der Geburtsschein kam nicht. Er wartete vier Wochen. Der Geburtsschein kam nicht. Was kümmert man sich in Polen um den Geburtsschein eines Mannes, der in Deutschland wohnt. Man hat andre Sorgen. Da ist erst mal Oberschlesien. Und da ist erst mal Danzig. Und wer weiß, wo die Geburt registriert ist. In diesem Kram können wir uns nicht zurechtfinden. Das ist alles nichts für uns. Das Geld, das Stanislaw mitgebracht hatte, ein hübsches Päckchen dänischer Kronen, war längst über alle Berge. Berge? Nein, war längst über ganz St. Pauli. In St. Pauli kennt man dänische Kronen und weiß sie zu schätzen, sind beinahe ebensogut wie Dollar. »Was willst du machen, wenn da die Mädels sind? Kannst doch nicht gut abwinken. Sieht ja aus, als ob du nicht mehr –. Ja, da waren halt die Kronen im –.«
    »Verhungern und Kohldampf schieben tun nur die Dussel und Idioten«, sagte Stanislaw. »Ein ehrliches Handwerk ernährt immer seinen Mann.«
    Da fiel schon mal eine Kiste auf dem Güterbahnhof aus einem Güterwagen, wo die Tür zu leicht aufging. »Mußt bloß da sein, wenn sie fällt, und mußt sie nicht liegenlassen. Das ist der ganze Witz an der Geschichte«, sagte Stanislaw.
    Dann gingen auch schon mal ein paar Zuckersäcke im Hafen auf. »Wenn du da mit einem leeren Rucksack gehst«, sagte Stanislaw, »und es geht ganz von allein so ein Zuckeroder Kaffeesack auf, und der ganze Brassel rutscht dir in den Rucksack, da machst du doch nicht den Rucksack los, schüttest den Kaffee wieder aus und gehst deiner Wege. Das wäre ja Gottversuchen. Wenn du den Kaffee wieder ausschüttest und es sieht einer, denkt er gar noch, du hättest ihn gestohlen, und er läßt dich hochgehen.«
    Es gab auch Salvarsan und Koks. »Für die arme leidende Menschheit muß man ein Herz haben, da kannst du nicht drum ’rum. Weißt nicht, wie es dir tun kann, wenn du Salvarsan nötig hast, und kannst es nicht kriegen. Mußt nicht nur immer an dich denken, mußt auch mal an andre denken, wenn

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