Das Traumprinzen Casting
Volkers Beute – zahlreiche Tüten mit coolen Klamotten – zu seinem Auto. Einige der Sachen hat er gleich anbehalten. Mit dem neuen Style und der neuen Frisur ist Volker ein komplett anderer Typ. Er scheint sich sichtlich wohl zu fühlen.
„Danke Lola, das hat gut getan! Hast du vielleicht noch Lust auf einen Cappuccino bei Luigi?“
Ich nicke zusimmend. Klar habe ich Lust, obwohl dieser Luigi meiner Meinung nach etwas sonderbar ist. Hoffentlich fragt er mich nicht, ob ich mir die Filme seiner Familie auf YouTube angesehen habe. Aber noch etwas Zeit mit Volker würde ich gerne verbringen. Wo es doch gerade so lustig ist.
Wir verstauen Volkers Tüten im Auto und parken einige Minuten später vor Luigis Laden.
„Hallo Mehmet“, begrüßt Volker den Eiscafé Besitzer, „alles gut bei dir?“
„Hallo Volka! Alles va bene! Ah, ich sehe, du hast wieder mitgebracht, die Frau, die einen Mann braucht. Wollt ihr wieder machen eine Casting in meine Laden?“
„Nein, nein Mehmet, keine Sorge. Wir wollen bloß einen Cappuccino trinken. Bringst du uns zwei?“
„Sicher, kommt sofort!“, Luigi saust hinter die Theke und bringt uns wenig später die gewünschte Getränke an den kleinen Tisch am Schaufenster, an dem wir in der Zwischenzeit Platz genommen haben. Zumindest scheint er nicht mehr verstimmt darüber zu sein, dass er bei unserem Casting nicht mitmachen durfte.
„Hast du dir angesehen meine Brüder auf YouTube?“, fragt er dann die Frage, vor der ich mich gefürchtet habe. „Carlos zum Beispiel ist ganz eine nette Kerl. Hat ein mexikanisches Restaurant. Eigentlich heißt er Ali, aber isser Marketing, eh! Du müsse Namen so machen, dass er passt zum Geschäft. So wie ich heiße Luigi!“
„Äh“, mache ich ratlos.
Volker sieht mich an und zwinkert mir zu. „Nee hat sie sich nicht angesehen, Mehmet. Muss sie auch nicht mehr. Sie hat ja mich!“
Erstaunt sieht Mehmet-Luigi Volker an.
„Ah, Volka, ich verstehe. Na na na, du bist ja eine ganz linke Vogel“, Mehmet grinst und wackelt mit dem Zeigefinger. „Machst du Trick mit Casting und dann du schnappst dir die Frau. Musst du mir mal erklären deine Trick!“ Schmunzelnd verschwindet er im Nebenraum.
„Danke!“ Erleichtert nicke ich Volker zu. „Du hast mich gerettet! Sonst hätte er mir jetzt bestimmt das Video von Carlos-Ali vorgespielt.“
„Habe ich gerne gemacht“, lächelt Volker. „Jetzt denkt Mehmet allerdings, du bist meine Freundin!“
„Soll er doch glauben, was er will!“, antworte ich und schmunzle.
Nach einem netten Kaffeeklatsch fährt Volker mich noch nach Hause. Vor unserer WG angekommen, zaubert er einen weißen Chiffonschal mit Blümchenstickerei aus einer der Tüten. „Habe ich für dich gekauft, als du nicht hingesehen hast. Ich dachte, der könnte dir gefallen. Als kleines Dankeschön für heute!“
„Oh, der ist ja hübsch! Vielen Dank!“ Ich drücke Volker einen Kuss auf die Wange und steige schnell aus. Wie schön so ein verkorkster Tag doch enden kann, denke ich. Das war wirklich ein toller Nachmittag mit Volker.
Beschwingt schließe ich die Wohnungstüre auf.
„Lolaaaaaa?“, höre ich Olgér aus seinem Zimmer rufen. Er klingt irgendwie gequält.
„Ja, bin wieder da“, antworte ich.
„Gott sei Dank! Kannst du mal kommen? Schnell!“
Nichts Gutes ahnend öffne ich Olgérs Zimmertüre.
Das Bild, das sich mir dort bietet, ist einfach unbeschreiblich.
Ich stehe kurz vor einem Lachanfall. Ein Glucksen entrinnt meiner Kehle. Was genau Olgér vorhatte, weiß ich nicht, aber das Ergebnis ist selten komisch. In einem goldfarbenen Glitzerkostüm mit High Heels an den Füßen, in denen ich niemals laufen könnte, steht Olgér mit einem Fuß auf der Fensterbank. Der andere Fuß hängt in einer Art Schlinge fest, die knapp unter der Decke, an einem Haken befestigt ist. Sein blondes offenes Haar ist ihm ins Gesicht gefallen und bedeckt es fast vollständig. Er ist in dieser Position gefangen und kann weder vor noch zurück.
Das beste an dem Bild aber ist die Kamera, die Olgér gegenüber auf einem Stativ steht und die unaufhörlich Fotos schießt. Was hat er bloß tun wollen? Ich kann nicht mehr! Ich platze gleich! Mein Lachen bahnt sich seinen Weg nach draußen und prallt laut schallend von den Wänden ab. Tränen laufen mir die Wangen herunter.
„Das ist überhaupt und so was von gar nicht lustig!“, jammert der goldene Spiderman in seinem Netz. „Hilf mir! Bitte!“
Das ist leichter gesagt,
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