Das Traumprinzen Casting
„Trägst du die immer schon so lang? Deine Haare meine ich“, will ich wissen.
Volkers eben noch so entspannter Gesichtsausdruck weicht einer missmutigen Grimasse. „Nein, nie! Ich hatte immer kurze Haare. Aber nach der Sache mit Sabine hatte ich einfach keine Lust mehr mich zu stylen und perfekt zu kleiden. Sabine ist Modedesignerin und für sie war es immer extrem wichtig einen vorzeigbaren Partner zu haben“, Volker verdreht genervt die Augen.
„Ach so!“, murmele ich. Keine besonders intelligente Bemerkung, aber mehr fällt mir gerade nicht ein. Ich kann Volkers Antihaltung sogar irgendwie verstehen. Aber seine Reaktion zeigt auch, dass er noch lange nicht über Sabine hinweg ist.
„Willst du erzählen, was passiert ist?“, frage ich teilnahmsvoll.
Volker überlegt kurz, dann zuckt er mit den Achseln. „Viel zu erzählen gibt es nicht. Ich dachte bei Sabine und mir würde alles gut laufen. Wir hatten viele Pläne. Eigenes Haus, irgendwann Kinder. Bis ich eines Tages früher von einem Job nach Hause gekommen bin und ….“
Volker unterbricht seine Erzählung und starrt aus dem Fenster. Ich berühre seinen Arm. Ich kann so gut verstehen, was gerade in ihm vorgeht. Dieses Bild von Sven und der nackten Frau in der Dusche hat sich in meine Netzhaut eingebrannt. Wahrscheinlich sieht Volker gerade ein ähnliches Bild.
„Sie hat mich betrogen – mit meinem besten Freund – monatelang! Jetzt wollen die beiden heiraten und Sabine ist von ihm schwanger!“
Autsch, denke ich. Fremdgehen ist eine Sache, aber dann noch mit dem besten Freund und auch noch gleich schwanger werden und heiraten …. Armer Volker! Diese Nummer ist um einiges härter als meine Geschichte mit Sven.
„Tut mir wirklich leid! Ich kann dich echt gut verstehen! Mir ist mit meinem letzten Freund Sven etwas Ähnliches passiert. Wir waren zwar noch nicht so lange zusammen, aber weh tat es trotzdem.“ Jetzt bin ich es, die aus dem Fenster starrt.
„Verdammt!“ Erschrocken zucke ich zusammen. Volker hat gerade mit der Faust auf den Tisch gehauen und mich so zurück in die Wirklichkeit geholt. „Mir reicht es! Schluss mit dem Trübsal blasen! Ich will was ändern – sofort!“
Was hat er vor?
„Würdest du mit mir zum Friseur gehen? Ich will wieder eine normale Frisur! Nicht mehr so durchgestylt wie früher, aber auch nicht so jämmerlich wie jetzt. Hier um die Ecke ist ein guter Friseur. Kommst du mit? Bitte!“
Flehend blickt Volker mich an.
Er hat wirklich hübsche Augen, denke ich. Tiefblau, wie der Ozean.
Ich finde zwar, dass seine Bitte jetzt ein leichtes Übersprungsverhalten ist, aber warum nicht? Die langen Haare stehen ihm wirklich nicht!
„In Ordnung, lass uns bezahlen! Ich komme mit!“, antworte ich.
Eine halbe Stunde später sitze ich auf einem gemütlichen braunen Ledersessel und blättere vergnügt in einer Frauenzeitschrift. Interessant, wer sich mal wieder so alles von wem getrennt hat. Für die Reichen und Schönen ist es scheinbar auch nicht so einfach den richtigen Partner zu finden! Das baut mich richtig auf! So ein spezieller und hoffnungsloser Fall scheine ich also gar nicht zu sein. Wenn das mit diesem Casting nichts wird, bleibe ich eben ohne Mann, überlege ich. Und Kinder kann man auch ohne Partner adoptieren und groß ziehen, das ist bei den Stars ja auch gerade in. Oder ich frage Olgér nach einer Samenspende. Das Kind kommt dann bestimmt schon mit High Heels zur Welt!
Ich kichere.
„Na, was gibt es da zu lachen?“
Glucksend drehe ich mich um. Hinter meinem Sessel steht – nein, das kann nicht sein! „Volker?“, frage ich.
„Derselbige! Mit neuem Look“, antwortet er und verbeugt sich vor mir.
Mein Gott, was so eine neue Frisur ausmachen kann, denke ich. Volker sieht toll aus. Richtig attraktiv mit seinem flotten Kurzhaarschnitt und dem frechen Grinsen im Gesicht. „Und? Gefalle ich dir?“, will er wissen.
„Und wie! Ähh, ich meine, gut siehst du aus!“, verbessere ich mich schnell.
„ Und wie … ist doch schon mal ein Anfang!“, lacht Volker. „Hättest du auch noch Lust mit mir ein paar neue Klamotten auszusuchen? Ich bin gerade im Umstylingfieber!“
Ich hüpfe von meinem Sessel. „Klar! Wir können ja Olgérs Lieblingsläden unsicher machen und dir ein paar hübsche Highheels kaufen!“
Volker feixt und droht mir mit dem Finger. Ich zwinkere ihm zu und hake mich gutgelaunt bei ihm ein. Los geht’s, Boutiquen wir kommen!
Etliche Läden später schleppen wir
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