Das Traumprinzen Casting
drehe ich mich um und schlafe weiter.
Ein erneutes Drrrinnggg lässt mich hochfahren. Nanu, schon wieder der Wecker? Den hatte ich doch ausgestellt. Ich taste nach dem AUS Schalter. Drrriiinggg macht es noch einmal. Wohl doch nicht der Wecker. Es klingelt an der Türe. Na gut, jetzt bin ich sowieso wach. Ich stelle meine Beine eines nach dem anderen vorsichtig auf den Fußoden. Dann bewege ich mich behutsam im Schneckentempo in Richtung Haustüre und öffne diese einen klitzekleinen Spalt. Vor mir steht der Postbote.
„Ja, bitte?“, krächze ich.
„Ich habe ein Einschreiben für Lola Ernst“, antwortet dieser.
„Ach ja?“
„Ja, sind Sie das? Ich müsste kurz Ihren Ausweis sehen!“
Ein Einschreiben? , denke ich. Das ist meistens nichts Gutes .
Kurz überlege ich, ob ich einfach sagen soll, Lola Ernst wäre nicht zuhause und ich hätte keine Ahnung, wann sie wiederkommen würde.
Aber dann überlege ich es mir doch anders. Was bringt es, das Ganze aufzuschieben. Dann würde ich mich nur verrückt machen und den ganzen Tag überlegen, was das für ein Einschreiben gewesen sein könnte.
„Einen Moment bitte“, antworte ich deshalb, schließe die Türe wieder und hole meinen Ausweis.
Dann öffne ich die Haustüre wieder ein klitzekleines bisschen und stecke den Ausweis durch den Spalt. Der Postbote muss ja nicht unbedingt mehr als nötig von mir sehen, denn ich habe es noch nicht gewagt, in den Spiegel zu blicken. Ich kann mir aber in etwa vorstellen, wie ich nach dem gestrigen Abend aussehe und das kann man wirklich niemandem zumuten.
„Sie müssen dann noch hier unterschreiben“, der Herr in Gelb schiebt mir seinen Scanner und einen Stift durch die Türe. Ich unterschreibe und halte einige Sekunden später das ominöse Einschreiben in den Händen. Ich sehe mir den Absender an:
Rechtsanwaltskanzlei Schneider
steht dort. Oh, das ist nicht gut! Was könnte das bloß sein?
Ich nehme das Einschreiben mit in die Küche und lege es auf dem Küchentisch ab. Bevor ich es öffne, will ich mir erst einmal einen Kaffee machen und eine Kopfschmerztablette nehmen.
Einige Minuten später habe ich einen einigermaßen zufriedenstellenden Koffeinpegel und auch die Tablette zeigt langsam ihre Wirkung. Jetzt wage ich es: Ich öffne den Briefumschlag und beginne zu lesen. Geschockt lege ich den Brief wenig später zur Seite. D as darf doch nicht wahr sein! Dieser Mistkerl!
Das Einschreiben ist von Svens Anwalt. Ich soll den Schaden an Svens Auto in Höhe von 3.000€ für Lackierarbeiten begleichen. Wenn ich innerhalb von 14 Tagen bezahle, würden sie von einer Anzeige wegen Diebstahls absehen.
Oh, mein Gott! Das hat mir gerade noch gefehlt! Woher soll ich denn bloß so viel Geld nehmen?
Die Aktion mit Svens Auto hatte ich schon komplett verdrängt. Am Anfang habe ich mich zwar ein wenig gewundert, dass Sven sich gar nicht mehr gemeldet hat, war aber eigentlich ganz froh darüber. Und seit meine Freunde diese Casting Idee hatten, sind so viele Sachen passiert, dass ich an Sven und sein Auto gar nicht mehr gedacht habe. Das ändert sich gerade schlagartig. Mein Kopfkino projeziert prompt wieder das Bild von Sven und dieser Frau in der Dusche auf meine Gehirnleinwand und darüber eine leuchtend rote, blinkende Zahl: 3000 Euro .
Verzweifelt raufe ich mir die Haare. Dass Sven mit seiner Drohung mich zu verklagen Ernst machen wird, daran zweifele ich keine Sekunde. So ein unglaublich mieses Arschloch! Aber wenn es um sein heißgeliebtes Auto geht, versteht er keinen Spaß. Das hätte ich mir eigentlich denken können. Aber als ich das Auto zerkratzt habe, war ich gar nicht fähig zu denken. Vielleicht könnte ich auf unzurechnungsfähig plädieren?
Während ich niedergeschlagen vor mich hin grübele, klingelt es plötzlich erneut an der Türe.
Das ist ja heute wie auf dem Bahnhof! Und das in meinem desolaten Zustand.
Genervt schlurfe ich zur Haustüre und öffne sie langsam. Vor mir steht Frau Huber oder Irma, wie ich sie seit unserem Frambo Cocktail Abend mit Olgér nennen darf. Irma war täglich bei uns und hat sich um Olgér gekümmert, der ob der intensiven Pflege völlig in seiner Rolle als Patient aufgegangen ist. So musste ich zumindest nicht Olgérs Krankenschwester spielen. Ich mag Irma mittlerweile ganz gerne. Sie ist zwar etwas schräg, aber wer mit Olgér zusammenwohnt und meine Freunde hat, findet fast nichts mehr komisch. Nur Waldi, Irmas Dackel, kann ich immer noch nicht leiden. Aber das beruht
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