Das Traumschloss
fragte ihre Schwägerin Juanita leise, als sie sich zu ihr an die offene Tür gesellte und auf die Terrasse blickte, wo Ramon sich gerade mit der eleganten, langhaarigen Frau unterhielt.
„Wahrscheinlich hast du schon von ihr gehört – oder zumindest Fotos von ihr gesehen“, fuhr Juanita fort. „Pilar Fernandez ist ein bekanntes Topmodel. Nur eine Frau mit ihrer Figur kann so einen kurzen Rock tragen.“ Mit einem Nicken deutete sie auf Pilars rotes Kostüm, das einen faszinierenden Kontrast zu deren schwarzem Haar bildete.
„Ich schätze, sie wird sich auf ihre Karriere konzentrieren, nun, da …“, Juanita verstummte abrupt und wirkte plötzlich so unbehaglich, dass Lauren neugierig wurde.
„Nun, da was?“
„Nun, da Ramon dich geheiratet hat“, erwiderte Juanita leise. Offenbar bereute sie, das Thema überhaupt angeschnitten zu haben. „Eigentlich hatten alle damit gerechnet, dass die beiden … egal“, fügte sie hinzu, als sie Laurens Miene bemerkte. „Pilar ist sehr gefragt. Deshalb wird sie wohl nicht mehr so oft hierherkommen wie bisher.“
Das klingt ja nicht sehr beruhigend, überlegte Lauren niedergeschlagen. Früher hatte Ramon immer behauptet, er sei nur gut mit Pilar befreundet. Doch offenbar war es mehr gewesen, wenn alle erwartet hatten, dass er sie irgendwann heiraten würde.
Tatsächlich hätte sie viel besser zu ihm gepasst, denn sie war eine Adelige und verkehrte in denselben Kreisen wie er, außerdem war sie wunderschön, elegant und kultiviert, die ideale Duquesa. Plötzlich fühlte Lauren sich ganz klein, denn sie konnte Pilar überhaupt nicht das Wasser reichen. Sie wandte den Blick von den beiden ab, um den Ehering aus Weißgold zu betrachten, den Ramon ihr angesteckt hatte und den sie zusammen mit dem Rubinring trug.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie beobachtete, wie Pilar Ramon die Hand auf die Schulter legte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Unvermittelt fühlte Lauren sich auf jene Weihnachtsfeier zurückversetzt, als sie vierzehn gewesen war. Ihre Mum war als viel beschäftigte Gastgeberin ganz in ihrem Element gewesen, doch ihr Lächeln hatte nicht echt gewirkt, als sie Lauren gefragt hatte, ob sie ihren Vater gesehen hätte.
„Ich suche ihn“, hatte Lauren erwidert und überall im Haus nachgesehen. Schließlich hatte sie Donny im Wintergarten gefunden – mit Jean, einer üppigen Blondine, die als Sekretärin in seinem Golfclub arbeitete. Sie hatte ihm etwas ins Ohr geflüstert, und er hatte sie angelächelt – genau wie Ramon jetzt Pilar anlächelte.
Dann war ihr Vater fröhlich auf sie zugekommen, während Jean hastig den Träger ihres Kleids hochzog.
Lauren hatte damals nicht verstanden, was das bedeutete. Erst lange nachdem ihr Vater ihre Mutter und sie verlassen hatte, hatte sie sich an jenen Vorfall erinnert, und ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass Jean tatsächlich eine von vielen Geliebten gewesen war.
Gedankenverloren trat Lauren auf die Terrasse und entfernte sich von den beiden. Plötzlich sprach jemand sie von hinten an, und als sie sich umdrehte, sah sie sich Pilar gegenüber.
„Matty ist ein süßes Kind“, erklärte diese kühl. „Ramon ist sehr stolz auf ihn.“
„Das sind wir beide“, erwiderte Lauren höflich. Unter Pilars Blick fühlte sie sich unwohl.
„Ramon hat Sie natürlich nur geheiratet, um seinen Anspruch auf ihn geltend machen zu können.“
Lauren wusste nicht, was sie sagen sollte, zumal es den Tatsachen entsprach.
Pilars schwarze Augen funkelten kalt. „Was glauben Sie, wie Sie sich in der Rolle der Duquesa fühlen werden? Ich kann mir vorstellen, dass Ihr Leben in England Sie nicht darauf vorbereitet hat.“
„Ich komme schon zurecht“, informierte Lauren sie angespannt.
Pilar zuckte die schmalen Schultern. „Vielleicht werden Sie es auch nicht lange bleiben, nun, da Ramon seinen Sohn hat“, meinte sie leise, bevor sie sich abwandte und wegging.
Lauren fröstelte plötzlich, weil sich eine dunkle Wolke vor die Sonne schob.
Im Schlafzimmer stand ein großes Himmelbett mit roten Samtvorhängen. Für eine Person war es ziemlich groß, aber vielleicht schlief Ramon gar nicht so oft allein? Vielleicht hatte Pilar Fernandez es in den achtzehn Monaten seit ihrer Trennung regelmäßig mit ihm geteilt?
Hör auf damit, ermahnte Lauren sich verärgert. Ihre Fantasie ging mit ihr durch, nur weil Pilar eine gehässige Bemerkung gemacht hatte.
Ramon war noch unten und verabschiedete gerade die letzten Gäste,
Weitere Kostenlose Bücher