Das Traumtor Band II (German Edition)
und ich kann mir den Wunsch erfüllen, der mir in der Seele brennt. Bald schon wirst Du erfahren, was ich für Dich empfinde. An meiner Seite wirst Du genau das finden, was einer Frau wie Dir gebührt. Ich freue mich schon darauf, mit Dir allein zu sein!
Rowin
Da lachte Ilin hell auf. Rowin war genau so ein Trottel wie alle anderen Männer! Schon bald würde sie ihn soweit haben, dass er alles tat, was sie wollte. Sie würde die wahre Herrscherin von Valamin sein! Sie faltete das Pergament zusammen und schob es unter den Samt des Schmuckkastens. Das würde sie zur Erinnerung aufheben!
„Rasch, rasch!“ rief sie dann dem Mädchen zu. „Wo sind die anderen? Beeilt euch! Es gibt noch viel zu tun! In wenigen Stunden schon werde ich die Königin von Valamin sein und der bestaussehenste Mann diesseits des großen Gebirges mein Gemahl.“ Wieder lachte sie, voll Genugtuung, dass sie auch diesmal wieder ihr Ziel erreicht hatte.
Am Nachmittag fand die Vermählung statt. Da König Geran wegen der Gicht, die ihn heftig plagte, nicht in der Lage war zu reisen, wurde Ilin dem Bräutigam von ihrem Oheim zugeführt. Ein Raunen ging durch die Menge in der Festhalle, als Ilin nun auf Rowin zuschritt. Selbst Rowin musste gestehen, dass sie nie schöner gewesen war. Noch am Morgen hatte sie selbstherrlich beim Hofjuwelier die Anfertigung von Oh rgehängen zu ihrem neuen Collier in Auftrag gegeben, und Rowin hatte es zähneknirschend gestattet, obwohl der Goldschmied über die wenige Zeit zur Erledigung dieser Arbeit fast verzweifelt war. Nun erstrahlte sie in ihrer Prachtrobe aus rotem Samt und weißer Seide, das dunkle Haar mit Perlen und Rubinen aufgesteckt, und trug mit herausfordernd erhobenem Kopf das neue Geschmeide. Doch diese Schönheit berührte ihn nicht mehr. Er hatte erkennen müssen, dass Ilin unter all ihrer Schönheit wie ein verfaulter Apfel war – äußerlich perfekt, doch innerlich verdorben. Warum hatte er das nicht schon damals erkannt, als er blind vor Verlangen um ihre Hand angehalten hatte? Doch nun war es zu spät, und er konnte seine Torheit nicht mehr ungeschehen machen. So nahm er Ilins Hand und geleitete sie vor den Altar Horans, vor dem der Priester ihre Hände zusammenlegen und mit der heiligen Salbe bestreichen würde. In Rowins Hals saß ein Kloß, als der Hohepriester ihn nun fragte: „Willst du diese Frau war vor den Göttern und Menschen zu deinem Weibe nehmen?“
Vor seinem geistigen Auge stieg Athamas Gesicht auf. Wie im Traum glaubte er, sie sei es, die neben ihm stehe. Um ihn versank die Welt und er sah nur noch Athama. Sie, nur sie sollte sein Weib sein! Sie meinte er, als er nun mit klarer Stimme sagte: „Ich will!“
Und wie aus einem tiefen Wasser tauchte er aus seinem Tagtraum auf, als er nun Ilins Stimme neben sich hörte: „Ich will!“
Es war gar nicht zu ihm durchgedrungen, dass der Priester auch sie gefragt hatte. Verstört blickte er um sich, doch dann zwang er sich dazu, Ilin zuzulächeln, und noch viel größerer Überwindung kostete es ihn, nun mit seinen Lippen die ihren zu berühren. Doch dann stieg wieder der Gedanke an seiner Rache in ihm auf und er begann sein Spiel zu spielen. Nochmals küsste er Ilin, und sein Kuss verbrannte ihre Lippen, bis sie sich atemlos von ihm löste. Ilin verliebt anschauend führte er sie nun zu seinem Thron, vor dem sie niederkniete, damit er ihr die Krone der Königinnen von Valamin aufs Haupt setzen konnte.
‚Valamin hat kein Glück mit seinen Königinnen!‘ fuhr es Targil in diesem Augenblick durch den Kopf. Rowins Mutter war Ilin sehr ähnlich gewesen. Viel Unheil hatte sie über Targil und seinen Vater damals gebracht. Targil schwor sich, dass nicht noch eine Königin Valamin Unglück bringen sollte. Dafür würde er sorgen! Er war nur glücklich, dass sowohl Rowin als auch Deina mehr ihrem Vater nachgeschlagen w aren.
Als es Abend wurde, war das Fest in vollem Gange. Rowin bemühte sich rührend um seine Braut, was die valaminische Edelleute mit Befremden vermerkten, von der muranischen Seite jedoch wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. Wieder ergriff Rowin seinen Becher und trank auf das Wohl seiner Braut, als er plötzlich aufstöhnte. Der Becher entfiel seiner Hand und er griff sich an den Magen. Schwankend stand er da, und auf seiner Stirn zeigten sich große Schweißtropfen, die bald in kleinen Rinnsalen an seinen Wangen entlang liefen. Entsetzt sprangen die Hochzeitsgäste auf und starten auf die schreckliche
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