Das Traumtor Band II (German Edition)
von Leston milde Kräuter mischen ließ. Lass uns gemeinsam davon trinken, und dann werde ich eine Weile bei dir bleiben, bist du einschläfst. Vielleicht vertreiben die Kräuter und meine Nähe die bösen Träume heute Nacht.“
Sie ging hinaus und kehrte mit dem Krug heißen Weins zurück, den sie im Vorraum abgestellt hatte. Sie setzte ihn auf einen Tisch und holte dann zwei kleine Pokale, die auf einem Wandbrett stand. Mit dem Rücken zur Rowin schenkte sie die Gefäße voll und träufelte dann den Inhalt des Fläschchens in den einen. Dann trat sie zu Rowin.
„Komm, Bruder, trink mit mir wie in vergangenen, glücklichen Tagen! Lass uns heute Nacht einmal nur an all das Schöne denken, das uns durch Athama gebracht wurde. Vielleicht gibt das deinem Herzen für eine kleine Weile seinen Frieden wieder.“
Rowin sah zu ihr hoch. Dann ergriff er schweigend den dargebotenen Pokal. Er senkte seinen Blick auf die blutrote Flüssigkeit, und Deina sah, dass sein Mund zuckte. Die Farbe erinnerte ihn an den Trank Tustrons, der Athama aus seiner Welt gerissen hatte.
„Trink!“ sagte Deina rasch. „Und denke an den Tag, an dem sie zu uns kam. Denk an den Abend, an dem ihr eure Liebe fandet. Denk an das Fest deiner Krönung, als du mit ihr tanztest und sie die strahlendste Frau deines Hofes war. Denk an ihre Liebe zu dir und die Zärtlichkeit, die sie dir schenkte. Trink, Rowin, und fühle dich ihr n ahe!“
Und wirklich hob Rowin nun den Pokal, setzte ihn an die Lippen und lehrte ihn in e inem Zug. Um Deinas Mund flog ein kaum merkliches Lächeln, als nun auch sie ihren Wein austrank.
„Ja, du hast Recht, Schwester! Es gibt so viel Schönes in dieser Zeit, an das ich mich erinnere“, sagte Rowin leise. „Doch gerade deshalb verbrennt mein Herz, weil es unwiederbringlich verloren ist. Nie wieder werde ich ihr fröhliches Lachen hören, nie mehr ihren weichen Mund küssen. Nie mehr werde ich ihre Augen im Zorn blitzen sehen, wenn sie mir grollte. Und nie mehr werde ich erleben, wie herrlich es war, wenn wir uns dann wieder versöhnten. Wie habe ich den Anblick geliebt, wenn sie auf Sama in wildem Galopp vor mir her sprengte. Wie schön und gelöst war ihr Gesicht, wenn ich sie dann atemlos aus dem Sattel hob und die goldene Flut ihrer Haare mein Gesicht streifte. Wie liebte ich es, abends mit ihr vor dem flackernden Kamin zu liegen und Pläne für unsere Zukunft zu schmieden. Was wussten wir beide damals, was die Götter über uns verhängen würden? Wir waren so glücklich, Deina, so glücklich, dass die neidischen Götter es nicht ertrugen. Und so zerstörten sie, was sie selbst geschaffen hatten. Denn unsere Liebe war nicht irdisch.“
„Nein, das war sie nicht, Rowin, denn Athama war nicht von dieser Welt“, sagte De ina sanft. „Sie hat ihre Liebe hier gesucht, hier, hinweg über die Grenzen von Raum und Zeit. Und darum kann diese Liebe auch nicht durch die Götter zerstört werden, denn sie liegt außerhalb ihres Machtbereichs. Die Götter konnten euch trennen, aber eure Liebe werden sie niemals vernichten können. An dir aber liegt es, sie als das zu bewahren, was sie ist: etwas Wunderbares und Kostbares! Wenn du aber zulässt, dass sie für dich nur noch ein Grund für Schmerz und Trauer ist, wirst du selbst deine Liebe zerstören. Dann wird in deinen Erinnerungen stets die Bitterkeit überwiegen, nicht die Dankbarkeit für das, was dir geschenkt wurde.“
„Oh, Deina, wie gern würde ich das so empfinden!“ seufzte Rowin. „Ich kämpfe j eden Tag darum, dass sich mein Schmerz in jene sanfte Melancholie verwandelt, die einen stets befällt, wenn man an eine schöne Vergangenheit denkt. Doch ich kann es nicht! Noch kann ich es nicht, und ich habe kaum noch Hoffnung, dass es mir jemals gelingen wird. Die Wunde in meinem Herzen wird immer wieder aufgerissen, wenn mich irgendetwas an Athama erinnert. Und es gibt so viel, bei dessen Anblick meine Gedanken zu ihr schweifen. Alles in diesem Schloss atmet noch immer ihre Gegenwart, jeder Stuhl, auf dem sie gesessen hat, jedes Ding, das sie in ihren Händen hielt – und jeder Mensch, mit dem sie hier sprach. Selbst wenn ich die Erinnerung an sie nicht suchte, wie ich es jeden Tag tue, ihr Schatten würde mir hier überall begegnen. Aber es treibt mich wie eine Sucht, immer wieder die Dinge zu betrachten, die sie berührte, und mir steigt dabei ihr Bild so klar vor mein inneres Auge, als sähe ich sie wirklich. Deina, ich kann nicht vergessen – aber ich
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