Das Traumtor Band II (German Edition)
mehr hinein getan. Aber eine zu geringe Dosis würde nicht den gewünschten Erfolg haben, also reicht ihm keinen zu großen Pokal, den er vielleicht nicht völlig leeren würde. Und nun viel Glück für Euch! Mögen die Götter geben, dass Euer Plan gelingt und wir eines Tages wieder das Lachen unseres geliebten Königs hören dürfen!“
Deina barg das Fläschchen in einer Tasche ihres Kleides. Dann drückte sie Leston schweigend die Hand und huschte eilends hinaus. Es war schon sehr spät, doch De ina wusste, dass ihr Bruder stets lange auf war. Sie ahnte, warum. Er fürchtete die Nacht, in deren dunkler Stille ihn nichts von seiner Verzweiflung ablenkte, wenn er sich ruhelos seinem Lager hin und her warf. Als sie zu Rowins Gemächern kam, schickte sie den Diener fort, der im Vorraum zu des Königs Schlafzimmer die Kleider seines Herrn ordnete. Ohne Zögern verschwand der Mann, der gewohnt war, Befehle der Prinzessin auszuführen. Als sie allein war, klopfte Deina leicht an Rowins Tür. Rowin öffnete und schaute sie überrascht an.
„Nanu, Schwesterchen, was führt dich denn so spät noch zu mir?“ fragte er mit e inem kleinen Lächeln. „Du wirst doch nicht Trost bei mir suchen, weil du dich mit Targil gestritten hast?“
Deina lächelte zurück. „Nein, mein großer Bruder! Du weißt doch, dass ich nie mit Targil streite – oder zumindest fast nie!“ setzte sie schelmisch hinzu. Dann aber wu rde sie ernst. „Ich komme, weil mir die Sorge um dich den Schlaf raubt. Glaubst du denn, ich wüsste nicht, wie es um die steht? Fast zwei Jahre sind nun vergangen und doch ist dein Herz noch nicht zur Ruhe kommen.“ Bang ergriff sie seine Hände. „Rowin, ich fürchte für dieses Herz, für dieses großmütige, edle Herz, das seinem Volk einen guten Herrscher beschert! Was wird aus diesem Volk, wenn dieses Herz vor Kummer zerbricht?“
Fast ein wenig harsch löste Rowin seine Hände aus Deinas und wandte sich ab. „W arum bricht es nicht endlich?“ sagte er gepresst. „Dann hätte es keinen Kummer mehr.“
„Rowin!“ In Deinas leisem Aufschrei schwangen Erschrecken und Angst mit. „Ist es das, was du dir wünschst, zu sterben, um vergessen zu können? Wäre es auch das, was Athama sich für dich wünschte?“
„Nein, Deina, das würde sie niemals wünschen“, antwortete Rowin. „Sie würde wollen, dass ich glücklich bin, dass ich wieder lache, vielleicht sogar, dass ich wieder Liebe fände. Aber ich kann nicht, Deina!“ stöhnte er auf. „Ich kann nicht vergessen, was ich verloren habe. Ich kann nicht lachen ohne sie - und wie könnte ich eine andere Frau lieben, nachdem es sie gab? Nein, ich kann nicht vergessen, denn Nacht für Nacht ist sie in meinen Träumen bei mir und Nacht für Nacht wird sie mir wieder entrissen. Jeder neue Morgen bringt mir dasselbe entsetzliche Erwachen wie an jenem Tag, an dem sie verschwand. Auch ich hatte gehofft, dass die Zeit den Schmerz irgendwann lindern würde, doch jetzt weiß ich, dass das nie geschehen wird. Athama würde nicht wollen, dass ich selbst meiner Qual ein Ende setze, denn sie ging ja, um mein Leben zu schützen. Daher darf ich mich nicht selbst befreien und kann nur hoffen, dass mir die Götter bald Erlösung schenken.“ Er wandte sich Deina wieder zu. „Versteh doch, Deina! Begreife, welcher Zwiespalt in mir tobt! Das Leben hat für mich keine Freuden mehr, denn ich habe den mir davon zugemessen Becher völlig geleert. Die kurze Zeit mit Athama war so erfüllt mit Glück, dass nichts mehr von dem übrig ist, was die Götter den Menschen davon zugestehen. Und doch muss ich dieses leere Leben weiter ertragen, denn für dieses Leben hat sie alles aufgegeben.“ Er sank in einen Sessel und vergrub sein Gesicht in den Händen. „Oh, ihr Götter“, stöhnte er, „macht ein Ende! All meine Kraft ist aufgebraucht. Ich kann nicht mehr ertragen, dass sie jede Nacht erneut von meiner Seite gerissen wird. Alles, was ich besitze, gäbe ich für ein paar Stunden ungestörten Schlafs, indem mein Traum mich nicht mit dem Schrecken dieser Trennung quält.“
Obwohl Deinas Augen in Tränen schwammen, horchte sie bei diesen Worten auf. Das Leid des geliebten Bruders zerriss ihr das Herz, doch nun sah sie ihre Chance g ekommen, ihm zu helfen. Sie ging zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter.
„Ich weiß, was du durchmachst“, sagte sie, „und ich weiß auch, dass du nicht schläfst. Darum habe ich uns beiden einen Schlaftrunk mitgebracht, in den ich
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