Das Treffen in Telgte
dreiarmige Silber auf dem gedeckten Tisch. Nach einigen mehr lockeren Stellversuchen gab er sich militärisch, als wollte er eine Kompanie in Reihe bringen. Abseits in Gruppen sahen die Poeten das alles; und ich schrieb mit.
Als nun aber aus dem unerschöpflichen Planwagen, unter Gelnhausens Aufsicht, eine knäbleingroße Figur geschleppt wurde, die, in Bronze gegossen, Apoll darstellte, als endlich das Kunstwerk in der Mitte der Tafel, nachdem abermals die Leuchter verrückt worden waren, seinen Platz bekommen hatte, mochte Simon Dach nicht länger nur staunen und immer bänglicher den Aufwand bewundern. Er nahm die Wirtin, dann Gelnhausen beiseite und wollte wissen, woher und mit welchem Recht man die Schätze geholt, womit bezahlt oder mit wessen Erlaubnis geliehen habe. Soviel gewürfeltes Gut – Fleisch Linnen Metall – fliege niemandem zu.
Gelnhausen sagte, das stamme zwar alles, sogar die Gänse, Ferkel, der Hammel, aus katholischem Haus, sei aber durchweg ehrenhaft anzusehen, denn bei seinem notwendigerweise geheimnisvollen Besuch in Münster – er müsse Nebensachen noch immer verschweigen – hätten etliche Gesandte des Friedenskongresses das inzwischen bekannt gewordene Treffen der deutschen Poeten heftig begrüßt. Der päpstliche Nuntius, Monsignore Chigi, bitte um eine persönliche Widmung in sein jederzeit mitgeführtes Exemplar der Harsdörfferschen Frauenzimmer-Gesprächspiele, einen einundvierziger Erstdruck. Der venezianische Abgesandte Contarini lasse den bei San Marco unvergessenen Maestro Sagittario grüßen und erlaube sich, in Erinnerung zu bringen, daß eine Rückkehr des Herrn Schütz nach Venedig dort jederzeit Ovationen auslösen würde. Der Marquis de Sablé habe die Nachricht vom Treffen der Poeten sogleich in Stafetten an Frankreichs Kardinal weitergereicht und werde, falls die Versammlung ihm die Ehre geben wolle, sein Palais richten lassen. Einzig der von Osnabrück angereiste schwedische Gesandte habe, obgleich Sohn des großen Oxenstierna, geguckt wie ein Kalb, wenn’s donnert, als die weitberühmten, ihm aber spanischen Namen aufgesagt worden seien. Dafür habe sich umso herzlicher der Graf Johann von Nassau erwiesen, der als Vertreter des Kaisers, seit Trauttmannsdorffs Abreise, die Verhandlungen führe, weshalb der Nassauer sogleich dem hohen Kanzleibeamten Isaak Volmar den Auftrag erteilt habe, für das Wohlergehen der weitgereisten Poeten zu sorgen: Atzung, Labsal und liebliche Präsente: ein gülden Ringlein, hier für den Herrn Dach, aus Silber feingetriebene Becher, hier und hier… Worauf sich Volmar, ausgestattet mit schriftlichen Weisungen, das nun bevorstehende Festmahl betreffend, seiner, des Gelnhausen Ortskenntnisse bedient habe. Dort und dorthin habe er sich sputen müssen. Schließlich kenne er das Westfälische wie seine Tasche. Als einst berühmter Jäger von Soest sei er zwischen Dorsten, Lippstadt und Coesfeld landeskundig geworden. Münster selbst, wo alles den Gesandtschaften zufalle, habe kein leidliches Angebot machen können. Doch das freie Land gebe immer noch her. Kurzum: auf Weisung des gräflichen Nassauers habe er als kaiserliche Partei fast ohne Mühe die Order ausführen können, zumal die Gegend ringsum katholischer sei, als es der Papst je im Sinn gehabt hätte. Es fehle an nichts. Nur an Wildpret werde es mangeln. Er zeige, hier, gerne die Liste. Abgehakt alles: der Wein und der Käse. Ob der Herr Dach etwa unzufrieden sei?
Diesen Bericht, dem etliche Anekdoten über das Treiben in Münster eingefügt waren und dessen hier unerwähnte Nebensätze antikes Personal als Zeugen bemühten, hatte sich Simon Dach zuerst allein, dann mit Logau, Harsdörffer, Rist und Hoffmannswaldau, schließlich umringt von uns allen, anfangs mißtrauend, dann mit wachsendem Staunen, endlich ein wenig geschmeichelt angehört. Verlegen drehte er das güldene Ringlein. Von Hand zu Hand wanderten die Silberbecher. Mochte Logau (altgewohnt) seine spitzen Bemerkungen machen, mochte auch etliches an dem Bericht übertrieben sein, ungern hörte man die Grüße und Empfehlungen von so hoher Seite nicht. Und als Gelnhausen aus seiner Kuriertasche ein Exemplar der Frauenzimmergesprächsspiele – Jawohl, einen einundvierziger Erstdruck! – hervorzog, dessen Ex libris den päpstlichen Nuntius Fabio Chigi (nachmals Papst Alexander VII.) als Besitzer nannte, das Buch hinhielt und Harsdörffer lächelnd um baldige Widmung bat, war man allseits überzeugt von der
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