Das Treffen in Telgte
Ehrenhaftigkeit des bevorstehenden Festmahls; sogar Logau blieb stumm.
Restliche Zweifel, ob man, als gutlutherisch, diese im Grunde pfäffischen Zuwendungen annehmen dürfe, zerstreute Dach, indem er Gryphius, schließlich auch Rist und Gerhardt mit Hinweisen auf des verehrten Opitz katholische Dienstfertigkeit überzeugte: Der selige Boberschwan sei allzeit als Ireniker, im Sinne des hochgelehrten Grotius und als Schüler des seligen Lingelsheim, für die Freiheit der Konfession und gegen jegliche Ausschließlichkeit angetreten. Ach, möge der Friede auf diese Weise geraten, daß Lutheraner bei Katholiken und Katholiken bei Lutheranern und Calvinisten speisen dürften, desgleichen Lutheraner und Calvinisten an einem Tisch. Ihm jedenfalls lasse auch ein katholisches Ferkel das Wasser im Munde zusammenlaufen.
Da rief schon die Wirtin: Es könne angeschnitten werden.
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Endlich! rief Greflinger und schüttelte sein schwarzes, über die Schultern ringelndes Haar. Mit Lauremberg war Rist sicher, sich diesen Braten verdient zu haben. Doch neben Logau sorgte sich Czepko: Es habe womöglich der Teufel die drei Spießfeuer entfacht. Birken wollte den bisherigen Mangel mit Fleiß ausgleichen. Das versprach er dem stillen Scheffler, dessen Blick bei den Mägden war. Mit wölfischem Hunger drängte sich Moscherosch zwischen Harsdörffer und dessen Verleger. Als Gryphius mit seinem geräumigen Magen prahlte, erinnerte ihn Hoffmannswaldau an die Vergänglichkeit aller Gaumenfreuden. Dem ärschlings noch immer wunden Schneuber fiel es schwer, bei so viel Zungenspaß ohne Ärgernis zu sitzen. Der alte Weckherlin wollte sich vorrätig eine Gänsebrust ins Tuch schlagen und riet Gerhardt zu ähnlicher Vorsorge. Doch an Zesen vorbei, der hellsichtig in die Spießbratenfeuer vernarrt blieb, drohte Gerhardt der Versammlung, in seinem Tischgebet jedermann Mäßigung aufzuerlegen. Aber Dach, der neben sich seinen Albert hatte, sagte: Heut werde der junge Birken für alle laut beten. Albert blickte sich suchend um, fragte den Kaufmann Schlegel, der gab die Frage über Elzevihrn an den Verleger Mülben weiter, worauf sie sich, bis sie bei Buchner ankam, selbst beantwortet hatte: Schütz fehlte bei Tisch.
Woher ich das alles weiß? Ich saß dazwischen, war dabei. Mir blieb nicht verborgen, daß die Wirtin Libuschka eine ihrer Mägde in die Stadt schickte, etliche Dirnen für die Nacht anzuwerben. Wer ich gewesen bin? Weder Logau noch Gelnhausen. Es hätten ja noch andere geladen sein können: Neumark etwa, der aber in Königsberg blieb. Oder Tscherning, den besonders Buchner vermißte.
Als wer auch immer, ich wußte, daß die Fässer Wein Meßwein waren. Mein Ohr fing auf, was sich die kaiserlichen Musketiere beim Zerlegen der Gänse und Ferkel, beim Anschneiden des Hammel zuriefen. Ich hatte Schütz, kaum war er in den Hof getreten, des Aufwandes gewahr und Gelnhausens Zuhörer geworden, ins Haus zurück, die Stiege hoch in seine Kammer steigen sehen. Ich wußte sogar, was niemand sonst wußte, daß in Münster, während im Telgter Brückenhof das Festmahl der deutschen Poeten begann, die bayrischen Abgesandten das Elsaß an Frankreich verbrieften und dafür (mit dem Versprechen der Kurwürde) die Pfalz bekamen. Ich hätte weinen mögen über den Schacher, aber ich lachte, weil ich dabei sein, dazwischensein durfte, während unter dem hessischen Baldachin, nun schon im Abenddämmer, die Kerzen im katholischen Kirchensilber angezündet wurden und sich unsere Hände verschränkten. Denn jetzt erhob sich Birken, der neben Scheffler saß, um, aus meiner Sicht halbverdeckt durch die Bronze des knäbleinhohen Apollo, doch schön wie dieser, ein ganz und gar protestantisches Tischgebet zu sprechen: »Lasset uns mit Jesu ziehen, in der Welt der Welt entfliehen…«
Von der Mitte des Tisches sprach danach stehend – die äußere Ems im Rücken, vor sich die gegen den Himmel eingedunkelte Stadt – zu allen noch einmal Simon Dach, obgleich das zugeschnittene Fleisch schon im Schloßporzellan dampfte. Womöglich weil Birken zu düster und weltentrückt zu Tisch gebetet hatte – »… Laßt uns töten, weil wir leben, unser Fleisch…« – wollte der eher praktische Christ irdischen Zuspruch geben: Wenn selbst der Geist nicht allein vom Geist lebe, dürfe den armen und stets am Rande lungernden Poeten getrost ein ordentlicher Happen zufallen. Deshalb wolle er Gelnhausen, dem Dank gesagt sei, nicht mehr mit weiteren Fragen nach dem Woher
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