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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Finley.
    »Tu ich nich! Am Schlimmsten isses, wenn ich sie ablecken muss.«
    Vivian klappte der Unterkiefer herunter. »Seine Augen?«
    »Ich darf ihm nich zu nahe kommen. Nur, wenn ich seine Augen ablecken muss. Jeden Tag. Jede Nacht. Sie sind so trocken und klebrig und fühlen sich ganz komisch auf meiner Zunge an … mir wird jedes Mal richtig übel. Aber er schlägt mich, wenn ich's nich mach.«
    »Kein Wunder, dass du ihn um die Ecke bringen willst«, sagte Vivian.
    Abilene drehte sich der Magen um. Das also war der Kerl, der Helen in den Duschraum gezerrt, aufgeschlitzt und möglicherweise sogar vergewaltigt hatte.
    Ob er Helen gezwungen hat, ihm die Augen abzulecken?
    »Das ist das Ekelhafteste, was ich je gehört habe«, sagte Cora.
    »Ziemlich schlimm, wenn man so 'n Bruder hat. Ich freu mich jedes Mal, wenn ich allein sein kann. Aber manchmal lässt er mich nich gehen. Er kann nämlich selber nich raus, also nich tagsüber. Und er will nicht allein in unserer Hütte sein. Und Licht darf auch keins rein. Er hat die Fenster zugemacht und die Tür auch, und es ist so finster da drin, und es stinkt, und ich muss ihn immer ablecken. Und wenn ich das mache, dann wird er so komisch und …«
    »Warte mal«, sagte Cora.
    „… macht so Sachen mit mir.«
    »Was für Sachen?«
    »Sag ich nicht.«
    »Moment mal«, wiederholte Cora. »Er kann tagsüber die Hütte nicht verlassen?«
    »Ja, wegen seiner Augen, das tut ihm weh.«
    »Also wird er hier nicht auftauchen? Nicht, bevor es dunkel wird?«
    »Nö.«
    »Na, Gott sei Dank«, flüsterte Abilene erleichtert.
    Diese Nachricht erfreute sie ungemein. Wenn das wahr ist, können wir uns ein bisschen ausruhen. Bis die Sonne untergeht, sind wir in Sicherheit. »Wie spät ist es? Drei Uhr?«, fragte sie.
    »Drei oder vier«, sagte Cora.
    »Vor neun wird es nicht dunkel.«
    »Wir haben also genug Zeit, um uns auf ihn vorzubereiten.«
    »Wir könnten zu ihm gehen«, sagte Finley. »Ein Überraschungsangriff.«
    »Klar. Ich gehe nirgendwohin. Wollt ihr drei auf die Jagd nach ihm gehen und mich hier zurücklassen?«
    »Vergiss es«, sagte Vivian.
    »Wo ist eure Hütte?«, fragte Finley.
    »Auf der andern Seite vom See.«
    »Und er ist allein dort?«
    Jim nickte.
    »Was ist mit dem Rest der Familie?«, fragte Vivian. »Den anderen. Hast du keine … Verwandten?«
    »Da sind nur ich und Hank.«
    »Wir haben gehört, dass eine ganze Horde über die Lodge hergefallen ist. Und du hast behauptet, dein Bruder wäre auch dabei gewesen.«
    »Ja. Damals warn wir noch ne richtig große Familie. Aber die sind alle gestorben. Das Fieber hat sie erledigt. Und jetzt gibt's nur noch uns beide. Ich wollte, das Fieber hätte Hank erwischt. Aber er und ich – wir sind verschont geblieben.«
    »Zu schade«, sagte Finley.
    »Also ist er der Einzige, der uns Kopfzerbrechen bereiten wird«, sagte Cora. »Und das auch nur, sobald es dunkel wird. Ich würde sagen, unsere Lage bessert sich zusehends.«
    »Aber die Warterei wird eine echte Qual«, sagte Abilene.
    »Besser, wir haben genug Zeit, um uns vorzubereiten.«
    »Wir sollten was essen und uns ausruhen«, schlug Vivian vor.
    »Ist schon wieder Happy Hour?«, fragte Finley.
    »Und wir sollten die Finger vom Alkohol lassen«, sagte Cora.
    »Ach was, ein paar Drinks können nicht schaden.« Sie grinste Jim an. »Was ist mit dir? Du siehst aus, als könntest du einen anständigen Drink vertragen.«
    »Mit gefesselten Händen kann er nichts trinken«, gab Abilene zu bedenken.
    »Jemand muss ihm eben das Glas halten. Wie sieht's aus, Kumpel? Magst du Tequila?«
    »Weiß nicht.«
    »Guter Stoff. Davon kriegst du Haare auf der Brust.«
    Seine gebräunte Brust war weich und haarlos. Du brauchst keine Haare auf der Brust, dachte Abilene. Dann fiel ihr ein, dass sie letztes Jahr genau dieselben Worte benutzt hatte.

34
    Coras Ausflug
    Genau ein Jahr nach ihrem Abenteuer in New York trafen sie sich in San Francisco. Aber es stand kein Stadtbummel auf dem Programm. Es war Coras Ausflug, und die hatte wenig Interesse an urbanen Sehenswürdigkeiten.
    In ihren billigen Zimmern in einem Quality Inn auf der Van Ness bestellten sie Pizza, tranken Margaritas und erzählten sich alles, was seit Coras Hochzeit so passiert war.
    Stolz zeigte Abilene den Verlobungsring herum, den Harris ihr überreicht hatte.
    Helen erzählte, dass sie einen tollen Typen namens Frank kennengelernt hatte.
    Vivian würde bald Werbespots für Tipton-Hemden drehen.
    Finley schilderte ihre

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