Das Treffen
plausibel, aber er konnte sich das Ganze auch ausgedacht haben.
Es wäre dumm, ihm zu vertrauen.
Andererseits – Wayne haben wir auch nicht vertraut. Hätten wir aber tun sollen.
Endlich erreichten sie den Schatten der Lodge. »Ruhen wir uns beim Becken aus«, sagte Cora. »Ich will ins Wasser.«
Während Vivian auf Jim aufpasste, halfen Abilene und Finley Cora, sich auf den Beckenrand zu setzen.
»Ich weiß nicht, ob das heiße Wasser gut für die Schwellung ist«, sagte Abilene, als Cora ihre Füße ins Becken gleiten ließ.
»Wahrscheinlich nicht. Aber es tut ziemlich gut.«
Finley sprang ins Wasser.
»Was ist mit uns?«, fragte Vivian.
»Der darf hier nicht rein. Nicht mit dem ganzen Blut«, entschied Finley.
»Wir müssen uns um sein Bein kümmern.«
»Geh und hol den Erste-Hilfe-Kasten«, sagte Abilene. »Ich behalte ihn so lange im Auge.«
»Niemand geht allein«, sagte Cora. Sie tauchte den Lauf der Schrotflinte in das plätschernde Wasser. »Finley, begleite du sie.«
»Lass ihn doch bluten.«
»Dann gehe ich eben allein.«
»Nein. Finley!«
»Scheiße.« Finley verließ das Becken.
»Nehmt das auch mit«, sagte Cora und deutete auf Helens Turnschuhe und die Chipstüte, die dazwischen eingeklemmt war.
Tropfend hob Finley die Sachen auf und marschierte gemeinsam mit Vivian auf die Lodge zu.
»Komm mal mit«, sagte Abilene. Sie nahm Jim am Arm und führte ihn zu dem engen Kanal, der vom äußeren Becken bis zum Wald führte.
Sie half ihm, sich zu setzen. Er ließ sich auf den Rücken fallen und rollte herum. Abilene kniete sich neben ihn, schöpfte mit beiden Händen Wasser und versuchte, das Blut von seinem verletzten Bein zu waschen. Ein grober, vertikaler Schnitt zog sich nur wenige Zentimeter über der Kniekehle den Schenkel entlang. Die Wunde blutete immer noch, als Abilene sanft die Haut darum säuberte.
»Tut mir leid, dass ich das getan habe«, flüsterte sie.
»Das kann ich dir wohl nicht übel nehmen. Du hast gedacht, ich hätte deine Freundin umgebracht.«
»Tut es sehr weh?«
»Nicht so schlimm. Wenn ich nur nicht gefesselt wär. Ich lauf schon nicht weg.«
Sie bemerkte, wie das Seil in seine Handgelenke schnitt, und sah zu Cora, die noch immer auf dem Beckenrand saß und mit dem kleinen Finger im Lauf der Flinte herumpulte. Als sie den Finger wieder herauszog, starrte er vor Dreck.
»Das Seil schnürt ihm die Hände ab«, sagte Abilene.
»Das muss so sein. Sonst kann er sich befreien.«
»Tut mir leid«, sagte Abilene. »Aber wir dürfen kein Risiko eingehen.«
»Haltet ihr mich gefangen, bis Hank kommt?«
»So lautet der Plan.« Sie schöpfte weiteres Wasser und schüttete es über sein Bein. Das Wasser vermischte sich mit dem Blut zu einer rosa Flüssigkeit.
»Ihr bringt ihn um, oder?«
»Vielleicht.«
»Ich kann euch helfen.«
»Du willst uns helfen, deinen eigenen Bruder umzubringen?«
»Ich hasse ihn. Er quält mich. Außerdem will ich nich, dass er euch aufschlitzt wie die Fette da. Ich will überhaupt nich, dass er jemanden aufschlitzt. Ich glaub, ihr seid alle ganz nett, und …«
»Sag mal Cheese « , rief Finley.
Ohne aufzusehen, wusste Abilene, dass sie gerade gefilmt wurden. Und tatsächlich – Finley stand mit dem Camcorder vor dem Gesicht neben der Lodge, während Vivian den Erste-Hilfe-Kasten anschleppte.
»Hör mit dem Scheiß auf und komm her«, befahl Cora.
Abilene wusch Jims Bein noch einmal gründlich ab und trocknete die Wundränder mit dem Zipfel ihrer Bluse. Sie presste den Hemdstoff darauf, bis Vivian, die neben ihr kniete, ein großes Heftpflaster gefunden hatte, das sie auf die Wunde klebte.
»Danke«, sagte Jim. »Euch beiden.« Er wollte sich herumrollen, aber Abilene hielt ihn zurück.
»Bleib so. Dann wasche ich dir auch noch das andere Bein.«
Vivian hob den Erste-Hilfe-Kasten auf. »Wir sollten uns auch um deinen Rücken kümmern«, sagte sie. »Da ist auch eine Bandage drin!«, rief sie und eilte zu Cora.
»Später«, sagte Cora. »Wenn ich mit dem Ding hier fertig bin.«
Abilene hatte Jim verarztet und stand auf. Sie zog Mokassins und Socken aus und stieg bis zu den Knöcheln in das warme Wasser des Ablaufkanals. Sie beugte sich vor und benetzte ihre Beine. Während sie versuchte, sich das Blut vom Körper zu waschen, öffnete Cora die Schrotflinte, nahm die beiden Patronen heraus und spähte durch den Lauf.
Finley nahm eine neue Patrone aus ihrer Tasche und reichte sie Cora, die sie in die Kammer schob und das Gewehr
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