Das Treffen
tranken.
Vivian verzog das Gesicht. »Puh! Das Zeug ist ziemlich stark.«
Abilene hatte beim Mixen der Drinks nicht aufgepasst. Dem Geschmack nach war der Tequila mit einem Schuss Limonade verfeinert worden.
»Lecker«, fand Finley.
»Jetzt erzählt mal – war die Eiserne Lady wirklich heute Nacht hier?«, fragte Cora.
»Ja«, sagte Abilene. »Um ein Haar hätte sie uns erwischt.«
Während sie ihre Drinks schlürften und Chips knabberten, erzählte sie von ihrem Erlebnis auf der Toilette.
»Du bist in die Schüssel getreten?«, platzte Cora lachend heraus.
»Es war dunkel«, wehrte Helen entschuldigend ab.
»Krass«, sagte Vivian.
»Ich hab mich schon gewundert, woher der Gestank kommt«, sagte Finley.
»Auf jeden Fall …« Abilene erzählte weiter. Als sie von Hardins Furz berichtete, brachen alle in Gelächter aus. »›Verficktes Chili‹, hat sie gesagt.«
»Das denkst du dir jetzt aus«, sagte Vivian.
»Ohne Scheiß. Genau das hat sie gesagt. Helen hat sie auch gehört.«
»Ja, stimmt genau.«
»Das hat vielleicht gestunken. «
»Die hätte doch niemals ›verfickt‹ gesagt. Die Hardin doch nicht.«
»Hat sie aber.«
»Ich hab's ja gleich gewusst. Die tut nur so steif«, sagte Finley. »Niemand kann so zugeknöpft sein.«
»Außerdem ›blöde Schlampe‹.«
»Wen sie da wohl erwischt hat?«, fragte Cora.
»Und was sie mit ihr angestellt hat«, überlegte Finley. »Ist doch komisch, jemanden abends ins Büro zu zitieren.«
»Vielleicht war es ihre Freundin«, schlug Helen vor.
»Klar. Die haben's hier wild getrieben.«
»Quatsch«, sagte Abilene. »Die hat doch ein Haus oder eine Wohnung oder so. Warum sollte sie jemanden hierherbringen? Wahrscheinlich nur so ein armes Schwein, das sie beim Kaugummikauen erwischt hat.«
»Schenk mir mal nach«, verlangte Cora.
Finley füllte die Gläser wieder auf – mit viel Eis, noch mehr Tequila und einem Spritzer Limonade.
Abilenes Wangen fühlten sich bereits ein bisschen taub an. »Wir sind ja gleich stockbesoffen«, sagte sie.
»Das ist der Plan, Hickok.«
»Hickok?«, fragte Abilene.
»Du weißt schon. Wild Bill. James Butler Hickok. Der Typ, der damals in Abilene alle aufs Kreuz gelegt hat.«
»Mich hat er nicht aufs Kreuz gelegt.«
»Du bist wohl ein Ass in Geschichte.« Vivian grinste Finley schief an.
»Nur ein Klugscheißer.«
»Apropos Scheiße«, sagte Helen. »Hardin hatte kein Papier in ihrer Klokabine.«
»Ich hatte schon Angst, dass sie zu mir rüberkommt. Aber sie hat sich überhaupt nicht abgewischt.«
»Echt?«
»Und auch nicht runtergespült«, fügte Helen hinzu.
»Geschweige denn sich die Hände gewaschen.«
»So ein Schwein.«
»Vielleicht hat sie sich sauber geleckt«, witzelte Finley.
»Igitt!«, rief Vivian aus.
»Aber wir sollen anständige junge Damen sein«, sagte Cora.
»Was wir auch sind«, sagte Finley. Sie zog einen Stapel Zeitschriften aus der Tüte und reichte sie herum.
Abilene stellte ihren Becher ab und blätterte durch das Magazin. Sie sah Fotos von nackten Männern mit eingeölter, glänzender Haut, dicken Muskelpaketen und noch dickeren Penissen.
Helen kam näher. »Wow!«, sagte sie. »Wollen wir tauschen?«
In Helens Zeitschrift waren nackte Frauen mit gespreizten Beinen abgebildet. Sie leckten sich über die Lippen oder spielten an sich herum. Die meisten hatten sich die Schamhaare abrasiert, einige eine Fingerspitze in die Vagina gesteckt. Auf manchen Fotos waren drei und mehr Frauen, die sich gegenseitig ableckten, die Brüste kneteten oder daran saugten.
»Perverses Zeug«, bemerkte Vivian.
»Abgefahren«, sagte Cora. »Seht euch mal den Schwanz von dem Typen hier an.« Sie zeigte ihnen ein großformatiges Foto.
»Den würde ich nicht auf Armeslänge an mich ranlassen«, sagte Abilene.
»Das ist Armeslänge«, widersprach Finley und lachte. Dann fischte sie ein paar Rollen Klebeband aus der Tüte. »Genug gegafft«, sagte sie. »An die Arbeit.«
Sie füllten die Becher erneut auf. Lachend und trinkend bewunderten sie die Fotos, während sie die nächsten zwanzig Minuten damit verbrachten, Hardins Büro damit zu bekleben. Sie befestigten sie an den Seiten des Schreibtischs, an den Stühlen, der Tür, den Wänden, Aktenschränken und Bücherregalen, sogar an den Lamellen der Jalousie. Cora kletterte auf den Tisch, um ein Foto an die Decke zu kleben.
»Ich glaube, es reicht«, verkündete Vivian schließlich und warf die zerfetzten Überreste ihrer Zeitschrift auf den Boden.
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