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Das Turmzimmer

Das Turmzimmer

Titel: Das Turmzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonora Christina Skov
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in die dritte Etage eilte. Sie dürfen das nicht missverstehen, denn ich würde natürlich nie behaupten, dass ich so ähnlich aussah wie Marlene Dietrich in meinem Lieblingsfilm Marokko . Ich trug schließlich weder einen Zylinder noch hatte ich die perfekten Korkenzieherlocken (oder Marlene Dietrichs Gesicht oder Statur, doch halten wir uns damit nicht auf). Es muss reichen, wenn ich sage, dass die Leute sich auf der Straße umdrehten und dass ihre Blicke mir Mut machten. Wenn Sie jemals um neun Uhr morgens in einem Smoking durch Kopenhagen gegangen sind und das genossen haben, wissen Sie, was ich meine, lieber Leser. Der Stoff wurde zu einer eng anliegenden Rüstung, die mich umgab, und das weiße Hemd mit den Vatermördern und der Fliege ließ mich noch aufrechter gehen als sonst. Den ganzen Weg bis hoch in die dritte Etage fühlte ich mich unbezwingbar, und es spielte keine Rolle, dass der Stoff mir in den Hals schnitt, als ich Frau Hansen in der Tür zunickte. Doch sie nickte nicht zurück.
    »Ich habe festgestellt, dass gestern Unterlagen aus dem Aktenschrank meines Mannes verschwunden sind«, sagte sie. »Wichtige Unterlagen. Ich fürchte, Sie sind die einzige Verdächtige.«
    »Ich?«
    »Wo sind die Unterlagen?«
    Sie streckte die Hand aus, als würde sie ernsthaft meinen, ich hätte sie unter meiner Smokingjacke versteckt.
    »Wenn Sie sie mir nicht sofort aushändigen, sind Sie gefeuert, Fräulein Kruse«, sagte sie. »Das sind Sie so gesehen ohnehin. Kommen Sie niemals wieder hierher … in Ihrem geschmacklosen Aufzug.«
    Wäre ihre Stimme ein Boot gewesen, hätte ich gesagt, dass es gefährlich schwankte, und ich war auf jede einzelne Sekunde der Minute, die folgen würde, vorbereitet. Auf Frau Hansen, die einsah, dass ich keine Unterlagen bei mir hatte, die ich ihr geben konnte. Und auf meinen soliden Schuh, der sich zwischen Tür und Rahmen schob, sodass ein Spalt zwischen uns offen blieb, selbst als Frau Hansen mir mit aller Kraft den Eintritt zu verwehren suchte.
    »Sie können sich darauf verlassen, dass ich sofort bei der Ordnungsmacht Anzeige gegen Sie erstatte«, sagte sie und stülpte die Lippe nach außen. »Man kann jemanden wie Sie schließlich nicht frei herumlaufen lassen, Fräulein Kruse! Einen Abschaum wie Sie!«
    Ich hätte ihr so gerne so viel gesagt: Hören Sie zu, Frau Hansen. Ich verstehe sehr gut, dass Sie Ihren Mann schützen wollen. Sie glauben, dass er an einem Mord beteiligt war, weil Antonia von Lilys Beseitigung schreibt, aber jetzt hören Sie einmal zu, was ich glaube … Doch ich sagte nur:
    »Können Sie überhaupt Stenografie lesen?«
    Sie stieß die Tür nicht weiter gegen meinen Fuß. Ihre Augen blinzelten ein paarmal durch den Spalt, sodass man die geschminkten Lider sah.
    »Was faseln Sie da, Fräulein Kruse?«
    Eigentlich gefiel mir die Art, wie Frau Hansen beharrlich um Ehre und Nachruhm ihres Mannes kämpfte, und in gewisser Weise entbehrte es nicht einer gewissen Komik, meinen Aufzug geschmacklos zu nennen. In Anbetracht der furchtbaren hellroten Bluse zum Beispiel, die sie heute trug.
    »Sie werden von den Notizen der letzten Tage nichts haben, wenn Sie sie mich nicht ins Reine schreiben lasen«, fuhr ich fort. Das stimmte so gesehen auch. Ich stenografiere nur, wenn ich mich langweile, und ich bin wirklich nicht gut darin, sodass man selbst dann, wenn man Stenografie beherrscht, kaum mehr als die Hälfte lesen kann.
    »Ich brauche dazu einen Tag«, fuhr ich fort. »Und wären Sie mit meiner Arbeit zufriedener, wenn ich Ihnen anbieten würde, die Notizen gratis ins Reine zu schreiben, Frau Hansen?«
    Ich legte den Kopf schief, und wie ich es mir gedacht hatte, öffnete sich die Tür ein paar Millimeter. Sie zögerte kurz, als müsste sie noch einmal darüber nachdenken, und ließ sie dann ganz aufgleiten. Frau Hansens Gesicht war zu einer höhnischen Grimasse erstarrt.
    »Bitte beeilen Sie sich mit der Reinschrift«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte so sehr, dass sie fast die Tonlage wechselte. »Ich bitte Sie auch, Ihre langen Finger bei sich zu behalten. Die Schreibmaschine steht übrigens in meinem Zimmer. Ich nehme einmal an, dass das kein Problem ist?«
    Sie nickte zu einem kleinen Zimmer links von der Küche hin, und vor meinem inneren Auge sah ich einen Eiszapfen zu Boden fallen.
    »Das ist überhaupt kein Problem, Frau Hansen.«
    »Ich will Sie unter keinen Umständen in der Nähe meines Mannes haben«, sagte sie. Ich zog schnell meine Schuhe aus und

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