Das Turmzimmer
schlüpfte in Simons Pantoffeln.
»Haben Sie das verstanden?«, fuhr sie fort. Die Tür zu seinem Arbeitszimmer sah verschlossener aus denn je.
»Natürlich, Frau Hansen.«
»Und wenn Sie fertig sind, rufen Sie nach mir. Dann komme ich und begleite Sie hinaus.«
Ich hätte allem zugestimmt, wenn Sie mich nur hereinließ, sodass ich die letzten Details herausfinden konnte. Ja, das dachte ich damals, Herr im Himmel! Details! Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartete! Frau Hansens Arbeitszimmer hätte eigentlich Warnung genug sein müssen, denn es war ein Albtraum. Die Möbel waren schon längst unter Papierstapeln begraben, sodass man nichts als ein paar Schubladen sah, die sich nicht mehr schließen ließen, und ein paar verirrte Tischbeine. Aus teurem, dunklem Holz, soweit ich das sah. Ich musste ernsthaft befürchten, dass der Verlag hier drinnen gestrandet war, und in diesem Fall sähe es wahrlich schlecht aus für Antonias nächsten Roman. Frau Hansen räumte die Stapel hin und her.
»Einen Augenblick«, murmelte sie. Ich hätte leicht verhindern können, dass die ersten hundert Blätter auf dem Boden landeten, doch sie hätte meine Geste wohl kaum als so hilfsbereit aufgenommen, wie sie gemeint gewesen wäre. Deshalb stieg ich nur quer über den Strom aus Papieren. Eine Schreibmaschine wurde sichtbar. Eine glänzende, schwarze Underwood. Ihre weißen Tasten neigten sich wie ein Skihügel, und ich konnte es nicht lassen, mit den Fingerspitzen darüberzustreichen, sodass sie leise klickten. Frau Hansen blickte auf.
»Unterstehen Sie sich, in meinen Sachen zu wühlen, Fräulein Kruse.«
»Das liegt mir fern.«
Sie nahm einen Stapel Blätter von einer Erhöhung, die sich als Stuhl erwies.
»Ja, denn sonst muss ich ein paar Worte mit der Ordnungsmacht wechseln«, sagte sie und warf mir einen langen Blick zu, den ich mit einer Angst zu erwidern versuchte, die ich nicht empfand. »Ich hole jetzt Ihre Notizen, und dann schreiben Sie sie so schnell wie möglich ins Reine, haben Sie mich verstanden?«
Sie ließ die Tür angelehnt.
Die nächsten Stunden waren eine eklatante Demonstration der Ironie des Schicksals. Jahre hatte ich von einer Underwood geträumt, und jetzt war es so, dass ich sie überallhin wünschte nur nicht hierher, wo ich war. Die Tasten schlugen nämlich laut an und verrieten mich jedes Mal, wenn ich aufhörte zu schreiben. Um mich umzusehen, nur ein wenig natürlich. Es war wohl nicht verboten, sich mit seinem neuen Arbeitsplatz vertraut zu machen. Doch im nächsten Augenblick stand Frau Hansen mit hochgezogenen Brauen oder wie man die aufgemalten Striche, die von ihnen noch übrig waren, nennen sollte, in der Tür.
»Ich musste nur den Rücken einmal strecken«, versuchte ich es. Doch sie musterte mich nur höhnisch von oben bis unten. Ich hatte die Smokingjacke ausgezogen und sie über die Lehne von etwas gehängt, das einmal ein Lehnstuhl gewesen sein musste, doch mein Hemd war noch immer steif wie Papier.
»Ich möchte Sie bitten, auf Ihrem Stuhl sitzen zu bleiben und dort den Rücken zu strecken«, sagte sie etwas zu spitz für meinen Geschmack. So wäre es zweifellos weitergegangen, wäre Simon mir nicht zu Hilfe gekommen. Eine Tür ging auf und fiel mit einem knarrenden Laut wieder zu, seine Schritte näherten sich.
»Karen?«
Frau Hansen verschwand ebenso schnell, wie sie gekommen war. Die Süße ihrer Stimme erinnerte mich an den ekelhaften selbstgebackenen Kuchen.
»Nein, mein Lieber, das ist Fräulein Kruse, die dort drinnen sitzt und schreibt. Du darfst sie nicht stören. Komm! Gehen wir ins Wohnzimmer und trinken unseren Vormittagskaffee!«
»Ich will keinen Kaffee!«
»Doch, natürlich willst du Kaffee, Simon, hör schon auf! Erinnerst du dich nicht, wie gerne du um diese Zeit des Tages immer eine Tasse trinkst?«
Mein Blick eilte von Stapel zu Stapel. Es war der Hansen & Sohn Verlag, der hier auf bessere Zeiten wartete. Manuskripte, Verträge, aufgerissene Briefe. Weiß Gott, ob Simon der Sohn bei Hansen & Sohn war oder ob er gehofft hatte, mit seiner kleinen Karen einen Erben zu bekommen.
»Schreiben Sie, Fräulein Kruse?« rief sie durch ein paar Wände hindurch. Ich hob schnell einen Stapel Papiere hoch und entdeckte ein paar Briefe der Buchdruckerei A. Rasmussen.
»Natürlich schreibe ich!«
Ich ließ die Finger in einem zufälligen Tanz über die Tasten gleiten, der hoffentlich so klang, als säße ich an der Reinschrift, während ich die Briefe las. Die
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