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Das Turmzimmer

Das Turmzimmer

Titel: Das Turmzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonora Christina Skov
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oben auf dem Papierstapel lagen. Jemand hämmerte mit der geballten Faust auf etwas ein, das ganz nach einer Tür klang.
    »Karen! Lass mich raus! Karen?«
    Frau Hansens Profil war spitzer als sonst, und ihre Haut spannte über den Wangen. Ich hatte sie noch nie so blass gesehen wie in diesem Augenblick.
    »Es wäre … unglaublich gut, wenn Sie sich mit der Reinschrift beeilen würden, Fräulein Kruse«, sagte sie. Meine Finger waren bereits wieder bei der Arbeit.
    »Ich tue, was ich kann. Seien Sie ganz unbesorgt.«
    Sie wollte gerade noch etwas sagen, doch stattdessen zog sich ihr Mund zusammen. Ich fühlte einen Stich im Herzen wegen Simon, der jetzt genauso eingesperrt war wie Antonia. Zweifellos zu seinem eigenen Besten, wenn man Frau Hansen fragen würde. Nur damit er sich nicht verplapperte und mich noch weiter auf die Spur des Mordes brachte, der nur in ihrem Kopf existierte. Die Gedanken flogen ebenso schnell durch meinen Kopf wie Simons Worte auf das Papier. Vielleicht tat es ihm ganz gut, einmal zu sehen, wie es war, eingesperrt zu sein, obwohl es zu spät war. Er schlug dort drinnen gegen die Tür und verstand nicht, warum sie nicht aufging, und jetzt rief er erneut, länger diesmal.
    »Lily? Liiiily?«
    Er klang wie eine Katze, die man am Schwanz zog, dachte ich. Es konnte durchaus sein, dass ich nicht die Erste war, die er mit Lily anredete, doch ich würde die Letzte sein, die sich davon geschmeichelt fühlte, jetzt, wo ich wusste, wer Lily in Wirklichkeit war. Meine Finger bewegten sich schneller. Es gab keinen Weg darum herum: Ich musste herausfinden, ob die richtige Lily, die sich für Antonia ausgab, tot war oder lebte. Ich hatte eine Seite zu Ende geschrieben. Eine neue rollte über die Walze. Ich musste es schnell herausfinden, denn es würde mich wundern, wenn es jemand anderen gab, der das tun konnte, als mich. Bis auf Nella vielleicht, doch nach Lauritsens Briefen zu urteilen, dürfte sie Liljenholm in den letzten zehn Jahren nicht gerade mit Besuchen verwöhnt haben. Nicht, dass mich das wunderte. Lebensechte Laute aus dem Turm und eine Frau, die behauptete, ihre Mutter zu sein, würden wohl die meisten abschrecken. Nella musste inzwischen erwachsen sein. In meinem Alter, hatte Simon gesagt, aber wohl eher ein paar Jahre jünger.
    Ich ließ meine Hand einen weiteren zufälligen Tanz auf den Tasten hinlegen, während die andere nach der schwarzen Kiste griff. Ich will mich wirklich nicht loben, doch mein legendärer Griff leistete noch einmal ganze Arbeit, selbst mit nur einer Hand und dem Herz im Hals. Genau wie erwartet enthielt die Kiste eine Rolodex mit Adressen und Telefonnummern des Verlags Hansen & Sohn. Nella musste unter »L« stehen für Liljenholm, doch ich fand nur Antonias Adresse, die ich bereits von den Briefumschlägen her kannte. Ohne Telefonnummer, leider. Ich schlug vorsichtig die Karten zurück und begann von vorne. Vielleicht hatte Simon Nellas Adresse nicht, dachte ich, oder sie war unter einem Decknamen notiert, damit Frau Hansen sie nicht entdeckte. Ich war bereits bei »E« und hatte nicht einmal einen Schatten von Nella gesehen. Sie konnte auch den Namen gewechselt oder geheiratet haben, doch unter »F« und »G« fand ich sie auch nicht.
    Es wäre auch nicht völlig abwegig, wenn sie sich umgebracht hätte, dachte ich noch, bevor ich eine Karte umdrehte und unter »H« eine Reihe von Adressen von einer gewissen »Nella Holm« erblickte. Es bestand kein Zweifel. Das war die richtige Nella. Simon hatte ihren Werdegang in Kopenhagen von 1926 bis heute minutiös verfolgt, und im Grunde genommen glich der unverkennbar meinem eigenen. Wie ich sah, hatten wir in denselben schlechten Stadtteilen zu denselben schlechten Zeiten gewohnt. Doch letzten Endes hatte Nella mehr Glück gehabt als ich. Die letzten vier Jahre hatte sie in Vesterbro gewohnt. In der Hedebygade, ganz oben unter dem Dach. Mit Sicherheit war das eine erbärmliche Adresse, ich hatte nämlich in einem Zimmer in dem Haus gegenüber gewohnt. Doch im Gegensatz zu mir hatte Nella offenbar die Mittel für eine der kleinen Dachwohnungen. Oder sie war einfach mit einem Mann verheiratet, der gut verdiente. Jedenfalls merkte ich mir schnell die Adresse und wollte die Kiste gerade zumachen, als mir ein Blick in den Weg kam. Frau Hansens Blick. Sie stand genauso da wie das letzte Mal. Die Arme vor den ordentlichen Blusenknöpfen verschränkt, zwei rote Flecken hatten sich auf ihren Wangen ausgebreitet.
    »Wonach

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