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Das Turnier

Das Turnier

Titel: Das Turnier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anu Stohner
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sagte Irmtraud zu mir. »Die Idee mit dem großen Bluff, dass wir den Weißen Ritter gesehen haben, war allererste Sahne!«
    Dann nahm sie meinen Kopf zwischen beide Hände, und was dann kam, geht euch nichts an. Ehrlich gesagt, weiß ich es auch nicht mehr so genau, weil ich halb ohnmächtig war und sowieso die Augen zuhatte. Mir fiel auch gar nicht auf, dass sie überhaupt nicht wie ein Burgfräulein redete. Darauf hat mich erst Robert aufmerksam gemacht, später, als wir wieder zu Hause waren. Davon erzähl ich dann noch. Jetzt schwebte ich erst mal noch ein paar Zentimeter höher über dem Boden, und so viel kann ich ja verraten: Irmtraud schwebte mit. Dann sind wir wieder gelandet, und ich hörte Kuno leise sagen:
    »War’s das dann?«
    »Och, ich fand, es wurde gerade spannend«, sagte Rigobert.
    »So spannend auch wieder nicht«, sagte Dagobert.
    Es sind echt zwei Nervbolzen, aber von den Mädchen kriegten sie’s zurück.
    »Bloß kein Neid, Dampfnudeln!«, sagte Ingrid.
    »Lass sie doch!«, sagte Irmtraud. »Vielleichtmüssen sie von Zeit zu Zeit ein bisschen, hihi, Dampf ablassen.«
    Ich weiß nicht, wie es euch gegangen wäre, aber ich hätte mich wegschmeißen können vor Lachen. Ich hatte den Zwillingen Rache geschworen für ihre ewigen Frotzeleien, und jetzt erledigten das die Mädchen für mich. Und wie! Das mit dem Dampf war erste Witzeliga. Und die Gesichter von den beiden hättet ihr sehen sollen (den Dampfnudeln jetzt)! Die Mädchen hatten’s echt drauf, vor allem Irmtraud. Es war so komisch, dass wir fast vergessen hätten, dass wir zwar frei waren, aber ja noch längst nicht gesiegt hatten.
    Es war Kuno, der uns daran erinnerte. Ich sagte ja schon, dass er bestimmt mal ein klasse Burgherr wird.
    »Und jetzt?«, fragte er mitten in unser albernes Getue.
    Die Frage machte uns wieder den Ernst der Lage bewusst, wie sie im Fernsehen immer sagen, wenn es um Klimawandel und so fürchterliche Sachen geht. Klar, wir hatten den fiesen Weißen eine kleine Niederlage verpasst. Vielleicht hatten wir sie sogar ein bisschen gegeneinander aufgestachelt. Aber reichte das, damit der Weiße Ritter das Turnier nicht gewann?
    »Vielleicht kann er ja gar nicht kämpfen, wenn er so schwer verletzt ist«, sagte Robert. »Oder vielleicht ist er sogar …«
    »Bestimmt nicht«, sagte ich.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Robert.
    »Als wir rausgingen, hab ich’s gesehen«, sagte ich. »Da war er gerade wieder aufgestanden.«
    »Was hast du eigentlich wirklich von ihm gesehen?«, fragte Kuno. »Vorher, meine ich, bevor die Fackel ausging.«
    »Genau wie ich’s dem Fiesling gesagt habe: buschige Augenbrauen und eine spitze Nase«, sagte ich. »Habt ihr nichts gesehen?«
    Sie schüttelten alle die Köpfe, das heißt, alle außer Kuno, der sich nachdenklich an die Nase fasste.
    »Buschige Augenbrauen und eine spitze Nase …«, murmelte er.
    Wir beobachteten ihn gespannt. Erinnerte ihn das an was? Kannte er jemanden, auf den die Beschreibung passte?
    »Nein, ich komm nicht drauf«, sagte er. »Außerdem können so viele Leute aussehen.«
    Da hatte er leider recht, auch wenn ich heute weiß, dass wir vielleicht noch eine Weile alle zusammen unseren Grips hätten anstrengen sollen.Dann wären wir vielleicht auf jemanden gekommen.
    So blieben nur viele Fragen: Was, wenn doch ein Weißer zu den Lanzen des Schwarzen Ritters durchgekommen war? Und selbst wenn nicht, konnten wir dann sicher sein, dass der Schwarze Ritter gegen den fiesen Weißen gewann? (Der vielleicht ein Reptil in Menschengestalt war, wie ich im Stillen dachte. Laut sagte ich das lieber nicht. Es reichte, wenn mir bei dem Gedanken mulmig wurde.) Sowieso redeten wir jetzt nicht mehr viel, weil wir alle wussten, dass wir nur den Morgen abwarten konnten und alles noch im Ungewissen lag.
    Leise und vorsichtig bewegten wir uns zwischen den Zelten hindurch, in denen glücklichere Menschen schliefen, weil sie keine Ahnung von all dem hatten, was uns Sorgen machte. Kuno ging voran, und wir anderen folgten ihm. Bald war klar, dass er auf das Geheimversteck zusteuerte.
    »In die Burg kommen wir jetzt nicht mehr, ohne die Torwache rauszuklopfen und alle anderen aufzuwecken«, sagte er, als wir die Hecke erreichten.
    »Und am Morgen?«, fragte ich.
    »Ist hoffentlich genug los, dass wir uns unbemerkt reinschleichen können«, sagte Kuno.
    Die Mädchen seufzten, als ahnten sie schon, dass das Ärger geben könnte, aber was Besseres fiel ihnen auch nicht ein. Zum

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