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Das Turnier

Das Turnier

Titel: Das Turnier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anu Stohner
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abgekauft hätte, denn neben mir sagte Robert plötzlich:
    »Er weiß gar nichts.«
    Jetzt leuchtete der Herold ihn mit der Fackel an.
    »Nein?«, fragte er lauernd.
    Ich kann es nicht genau erklären, aber plötzlich musste ich an etwas Schleimiges, Giftiges denken, obwohl der weiße Herold ja eindeutig ein Mensch zu sein schien und kein Reptil oder so.
    »Nein«, sagte Robert. »Aber ich !«
    Ich war wie vom Donner gerührt. Was sollte das denn jetzt? Wollte Robert den Helden spielen und mich beschützen, oder was? Warum wartete der nicht ab, was der fiese Herold überhaupt von mir wollte?
    »Ahaaa …«, sagte der schleimige Herold, der vielleicht doch ein Reptil war.
    (Warum eigentlich nicht?, schoss es mir durch den Kopf. Was wussten wir überhaupt von den Weißen? Vielleicht stammten sie doch aus einer anderen Welt. Nicht aus dem Schattenreich, aber aus einem, wo Reptilien wie Menschen aussahen und Menschen wie Reptilien. Vielleicht war das ja das Geheimnis des Weißen Ritters und seines Gefolges.)
    Ich schaute zu den dunklen Gestalten, die immer noch dort saßen, wo ihr Herold sie hingeschickt hatte. Aber jetzt reckten sie die Hälse und schauten zu uns her. Offenbar interessierte sie, was zwischen uns und dem Herold vor sich ging.
    Und plötzlich hatte ich eine Idee. Ich würde was probieren. Was total Gef ährliches. Aber es war vielleicht unsere einzige Chance.
    »Stimmt gar nicht«, sagte ich so laut, dass es bis zu den dunklen Gestalten gut zu hören sein musste. » Er weiß überhaupt nichts. Aber ich !«
    Der Herold versengte mir mit seiner blöden Fackel fast die Haare, so schnell fuhr er zu mir herum.
    »Ahaaa …«
    (Der war ein Reptil in Menschengestalt, eindeutig. Er war das Oberreptil, der Weiße Ritter war der König der Reptile, und die anderen waren die Unterreptile. Das sah man schon daran, wie lang sie jetzt ihre Hälse machten. Normale Menschen hätten das nie gekonnt.)
    Jetzt kam der entscheidende Moment. Jetzt funktionierte meine Idee, oder das Spiel war aus.
    »Ich hab ihn gesehen«, sagte ich noch ein bisschen lauter als zuvor. »Den Weißen Ritter. Er hat buschige Augenbrauen und eine spitze …«
    »Schweig still!«, zischte das Oberreptil.
    Ich hielt den Mund, aber innerlich stieß ich einen Jubelschrei aus. Es hatte funktioniert! Sie fielen drauf rein. Die Unterreptile, die eben noch brav auf dem Boden gesessen hatten, waren aufgesprungen und bewegten sich in unsere Richtung.
    »Halt!«, zischte das Oberreptil in Heroldgestalt. »Setzt euch sofort wieder hin!«
    Die Unterreptile gehorchten. Aber nicht gleich. Erst zögerten sie kurz, das sah man ganz genau. Ich sah es jedenfalls. Und ich bin vielleicht nicht der größte Intelligenzbolzen der Welt, aber dass ein kurzes Zögern so was wie der erste Schritt zum Ungehorsam ist, weiß sogar ich. Darum funkt meine Mutter ja immer gleich dazwischen, wenn ich mir noch kurz überlegen will, ob ich jetzt eine Mütze brauche oder nicht. Keine Ahnung, ob die Unterreptile im Winter Mützen aufsetzen mussten, aber das mit dem Zögern und dem Ungehorsam wusste ihr Herold natürlich auch. Er funkelte mich mit seinen Reptilienaugen an, aber das nützte ihm jetzt gar nichts mehr.
    »Wie ich schon sagte«, brüllte ich durchs Zelt, »er hat buschige Augenbrauen, eine spitze Nase, und wenn die Leute ihn ohne Rüstung sehen würden …«
    »Schweig still!«
    Der Herold hielt mir den Mund zu, und seine Hand war kalt und glitschig. Mit der anderen Hand hielt er mir die Fackel so nah vors Gesicht, dass es plötzlich brenzlig roch. Diesmal musste er mir die Haare versengt haben. Es war eklig und zum Fürchten zugleich, aber ich wusste, dass ich auf der Siegerstraße war. Oder dass wir auf der Siegerstraße waren, denn jetzt kam es auf meine Freunde an. Die mussten schnallen, was ich vorhatte, dann hatte der fiese Herold ausgespielt. Dass sie es schnallten, daran zweifelte ich keine Sekunde. Und Robert war der Erste. Oder jedenfalls fing er an:
    »Ein Hammer wäre das, wenn die Leute ihn ohne Rüstung sehen würden …«, sagte er.
    Jetzt hätte der Herold natürlich die Fackel wegschmeißen können, dann hätte er noch eine glitschige Hand für Robert frei gehabt. Aber schon für Kuno hätte er eine dritte Hand gebraucht. Der sagte jetzt nämlich:
    »Da würden sich manche ganz schön wundern …«
    » Manche? – Alle! «, widersprach ihm Rigobert.
    »Worauf du Gift nehmen kannst!«, gab Dagobert seinem Zwillingsbruder recht.
    »Ich mag’s mir trotzdem

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