Das U-Boot-Phantom
Mr. Joon lachte leise. »Ein U-Boot in der Themse? Hier in diesen ziemlich seichten Gewässern?«
»Es ist eben die Frage, ob es sich hier aufhält.«
»Zum Meer fahren wir nicht.«
»Moment!« mischte sich der Kapitän ein. »Auf die City zu wird der Fluß nicht nur breiter, auch tiefer. Selbst Überseeschiffe können im Londoner Hafen anlegen. Deshalb ist es nicht so unwahrscheinlich, daß sich auch ein U-Boot in den grauen Fluten versteckt.«
»Sie haben es erfaßt, Kapitän.«
Perry Prapoch lächelte verschmitzt, und sein dunkler Vollbart zitterte leicht. »Ich möchte gern fortfahren und meine eigenen Überlegungen zu diesem Fall äußern dürfen.«
»Bitte.«
»Wir haben alle wohl von den russischen U-Booten gelesen, die vor der schwedischen Küste herumspionieren. Müssen wir hier mit einem ähnlichen Fall rechnen?«
Ich ließ sie in dem Glauben und nickte. »Ja, das könnte sein.«
Prapoch dachte weiter. »Warum jagen Sie es dann nicht? Sie könnten die Marine einsetzen…«
»Noch ist nichts bewiesen, und wir wollen auch nicht unbedingt die Pferde scheu machen«, sagte ich.
»Mehr eine Überwachungs-Aktion«, meldete sich Tuppesing.
»So kann man es sehen.«
Der Kapitän hob die Schultern. »Ich wurde gebeten, mein Einverständnis zu geben, das habe ich hiermit getan. Ich sehe auch nicht ein, daß ich davon abgehen soll.«
»Danke, Sir«, sagte ich.
»Wollen Sie hier auf der Brücke bleiben?« Perry Prapoch sah es aus dem praktischen Blickwinkel.
»Im Prinzip schon. Nur würde ich mich vorerst gern auf dem Schiff umschauen. Behalten Sie den Fluß gut im Auge.«
»Das machen wir, Sir!« sagte Tuppesing.
»Sorry.« Ich lächelte und verließ die Brücke.
Die Säle, in denen gefeiert wurde, nahmen fast die gesamte Länge und Breite des Schiffes ein. Mittschiffs gab es einen breiten Eingang, deren Schiebetür verschlossen war und von mir erst aufgezogen werden mußte. War es auf dem Deck noch relativ ruhig gewesen, so änderte sich dies nun. Ich hörte den Stimmenwirrwarr aus den beiden Sälen rechts und links klingen, die Kapelle spielte nicht mehr, dafür hatte das Bedienungspersonal alle Hände voll zu tun. Die Männer und Frauen schleppten das Essen herbei. Sie brachen unter der Last der schweren Tabletts fast zusammen.
Ein zweiter Ausgang lag dem ersten gegenüber. Rechts daneben befand sich ein Kiosk, wo man sich mit Zigaretten, Getränken und Süßigkeiten eindecken konnte. Vor der kleinen Bude hielten sich drei schon angeheiterte Kollegen aus der Verwaltung auf und tranken Bier aus Flaschen. Sie sahen mich zwar, kümmerten sich aber nicht um mich.
»Kann ich Ihnen helfen?« fragte mich der Verkäufer, als er seinen Kopf durch die Öffnung steckte.
Ich schaute auf seine Halbglatze und kaufte ihm ein Päckchen Benson & Hedges ab.
»Und wir kriegen noch Bier!« Der Sprecher rempelte mich bei seinen Worten an, wobei er noch dümmlich grinste. Man verkaufte ihm drei Flaschen. Er drehte sich um, starrte mich an und meinte: »Mann, dich kenne ich doch auch.«
»Es ließ sich wohl nicht vermeiden.«
Er rülpste. »Du gehörst aber nicht zu uns.«
»Nein.«
»Was willst du hier?«
»Komm, Jake, laß den Mann in Ruhe«, sagte einer seiner Kollegen.
»Den Kerl mag ich aber nicht, Scheiße…«
Ich drehte mich um und betrat einen der Säle. Kaum hatte ich einen Fuß hineingesetzt, hörte ich ein kreischendes Lachen.
Die Lache hatte ich schon mal gehört. Sie war im Yard berüchtigt. Ich schaute nach links, sah einen Sechsertisch, wo noch zwei Plätze frei waren, und erkannte auch die Lacherin.
Das war Mary Mirror, eine Kollegin aus der EDV. »Ah, Mr. Sinclair!« rief sie und lachte wieder breit, zum Glück nicht so laut. »Was hat Sie denn hergetrieben? Haben Sie sich verlaufen?«
»Eigentlich nicht.«
Ich stand ihr zu nahe, so daß ich nicht ausweichen konnte. Sie bekam mich an der Jacke zu fassen und zog mich so auf den freien Stuhl.
»Setzen Sie sich zu uns, und erzählen Sie uns was über Ihre Geister. Die jagen Sie doch, oder?«
»Manchmal.«
»Und was sind das für welche?« Mary Mirror schaute mich gespannt an. Sie trug eine weiße Bluse und einen dunklen Rock. Die Augen hinter den Brillengläsern leuchteten erwartungsvoll. Die etwas runden Wangen glänzten.
»Soll ich Ihnen das wirklich sagen?«
Auch die anderen drei Kollegen nickten jetzt. Die Männer kannte ich namentlich nicht, dafür aber die zweite Frau in der Gruppe. Es war Sally Sanson, eine zierliche, kleine,
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