Das Ultimatum - Thriller
Nachricht einer Attacke auf das Stanhope Hotel an der Park Lane die Lage weiter verkompliziert hatte.
Arley sah, dass sie einige Mitarbeiter aus dem Raum schicken musste, wollte sie wenigstens eine rudimentäre Ordnung aufrechterhalten. Sie hatte die öffentliche Kritik, die nach der irrtümlichen Erschießung von Jean Charles de Menezes auf die Met einhagelte, noch gut in Erinnerung. In diesem Einsatzzentrum waren gewaltige Fehler begangen worden, eben weil sich hier zu viele Leute versammelt hatten, die offensichtlich nicht alle wussten, was ihre Kollegen taten. Doch das Ausmaß dieser Operation heute machte ein geordnetes Vorgehen fast unmöglich, zumal auch noch der unaufhörliche Informationsstrom zu bewältigen war, der aus der Kontrollzentrale in Hendon herüberfloss, wohin man alle die Attentate betreffenden Telefongespräche umgeleitet hatte. Bereits jetzt zählten sie sechzig Anrufe, in denen jemand die Verantwortung für die Bombenanschläge übernahm, und zudem gab es neue Bombendrohungen für siebenunddreißig Orte im Großraum London; allein vier für den Finanzdistrikt in der City. Deshalb rang Arley mit der Entscheidung, alle wichtigen Gebäude innerhalb des The Square Mile genannten Distrikts evakuieren zu lassen.
Eine der Wände war komplett mit Monitoren bedeckt, die Echtzeitaufnahmen aus den Überwachungskameras in Central London zeigten. Hier schrien ihnen die Probleme geradezu entgegen. Sämtliche großen Durchgangsstraßen, sogar die A40 und die Marylebone Road, über die die Einsatzkräfte zugeführt werden mussten, waren heillos verstopft. Auf einem der Monitore in der Mitte war die dichte Rauchsäule erkennbar, die über der Paddington Station stand. Der letzte verlässliche Bericht sprach von dreizehn Toten und mindestens sechzig Verletzten in Paddington, während die Zahl der Verletzten in Westfield auf neun angestiegen war. Gott sei Dank gab es dort nach wie vor keine Toten. Doch für Arley hieß das, dass sie in Sachen öffentliche Sicherheit nichts riskieren durfte.
»Wir müssen wegen Gherkin eine Entscheidung treffen, Ma’am«, meldete sich ein junger Polizist, der einen Telefonhörer am Ohr hatte. »Da ist soeben die zweite Bombendrohung eingegangen.«
»Evakuieren«, sagte sie und hob die Stimme, um sich im allgemeinen Lärm verständlich zu machen. »Evakuieren Sie einfach alle Gebäude, die eine Drohung erhalten.«
Arley war sich nicht ganz sicher, ob sie die Befugnis hatte, einen solchen Befehl zu erteilen, aber sich darüber den Kopf zu zerbrechen, fehlte ihr momentan die Zeit. »Und dann evakuieren wir dieses verdammte Wespennest gleich mit. Alle, die hier nichts zu suchen haben, raus! Und zwar sofort.«
»Ma’am, ich habe den Vorsitzenden des Stadtrates von Westminster am Telefon«, meldete sich jemand anderes. »Er will dringend mit Ihnen sprechen.«
»Finden Sie heraus, worum es geht, und sagen Sie ihm, ich würde ihn zurückrufen.«
Das Letzte, was sie im Augenblick gebrauchen konnte, waren Anrufe von besorgten Stadträten.
Eine Polizistin meldete sich vom anderen Ende des Raums, den Telefonhörer zwischen Kopf und Schulter geklemmt. »Ich habe Brian Walton von London Transport am Apparat. Er fragt, ob er einen Ersatzverkehr von Zone drei nach Zone sechs einrichten kann?«
»Haben wir spezifische Drohungen gegen Buslinien?«
»Ich weiß nicht.«
»Wenn es keine gibt, kann er. Wenn es welche gibt, kann er nicht. Finden Sie es heraus und instruieren Sie ihn entsprechend.«
Sie musste so viele Aufgaben wie möglich delegieren, um wenigstens einigermaßen den Kopf über Wasser halten zu können. Sonst würde das Chaos ringsum sie hinabziehen.
»Und kann jemand dafür sorgen, dass wir Kamerabilder von der Lage am Stanhope Hotel bekommen? Ich will sehen, was da los ist.«
»Ma’am?« Ann, ihre Sekretärin, tippte ihr auf die Schulter. »Sie werden im Büro des Commissioners erwartet. DCS Stevens übernimmt so lange.«
Arley bellte noch einige Befehle, wiederholte ihre Aufforderung an alle, die hier drin nichts zu suchen hatten, den Raum zu verlassen, und ging dann selbst nach draußen. Wie die meisten Polizisten genoss sie die Erregung, die eine Krise auslöste, und sie war erfahren genug, einen kühlen Kopf zu behalten und Dinge zu regeln. Diese Fähigkeit war einer der Gründe, warum sie es in der Hierarchie der Met so weit gebracht hatte. Zwar hatte manch einer ihrer männlichen Kollegen angedeutet, es könnte vielleicht auch damit zu tun haben, dass sie
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