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Das unanständige Foto

Das unanständige Foto

Titel: Das unanständige Foto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ifanowna gemacht. Nach seinen Zeichnungen flocht sie Spezialkörbe, in denen er Gesteinsproben sammelte und sortierte. Das war ein raffinierter, unverfänglicher Anlaß, öfter bei Rimma vorzusprechen und sogar ins Haus zu gehen.
    So jedenfalls rekonstruierte Dr. Lallikow den Angriff Jankowskis auf Rimmas Tugend, und Kasutin und Babajew stimmten ihm zu. Nur so hatte es geschehen können, daß Rimma – bisher noch rein theoretisch – über Zeichnungen für Spezialkörbe zum Modell für unanständige Fotos abgesunken war. Jankowskis Art, selbst Frauen, die sich wie Schnecken in ihre Häuser zurückzogen, von entarteten Dingen zu überzeugen, war sattsam bekannt geworden.
    Rimma Ifanowna saß im Garten in der Sonne unter einem Schirm, arbeitete an einem großen Rundkorb und sah Dr. Lallikow mit ihrem bekannten Grinsen an. Ihre Schönheit war so umwerfend, daß selbst Lallikow eine leichte Unsicherheit verspürte. Rimma trug eine tief ausgeschnittene Bluse, die man gewissermaßen als ein Fensterchen zur unantastbaren körperlichen Vollendung empfinden konnte.
    »Das ist aber selten«, sagte Rimma Ifanowna sofort. »Sie machen Besuche? Was soll das? Hier liegt niemand im Sterben.«
    Sie konnte sich eine solche Sprache erlauben, man nahm sie ihr nicht übel. Von jeher, seit Jahrhunderten, nehmen in Rußland die Idioten eine gesellschaftliche Sonderstellung ein. Es gab sogar eine Zeit, in der man die Stammler und Epileptiker Heilige nannte und ehrfurchtsvoll um sie herum saß, wenn sie ihre Anfälle hatten. So etwas wurzelt tief und läßt vieles erklären, was an Rußland unverständlich erscheint.
    Dr. Lallikow lachte väterlich, setzte sich neben Rimma auf die Holzbank, blickte in den tiefen Blusenausschnitt und stellte fest, daß Rimmas rote Haare wie dünnste Seide waren. Der leichte Wind hielt sie in ständiger Bewegung.
    »War Victor Semjonowitsch schon da?« fragte er geradeheraus. Bei Rimma Ifanowna waren keine diplomatischen Umwege nötig. Ihr unkomplizierter Geist begriff nur das Direkte.
    »Wer ist Victor Semjonowitsch?« fragte Rimma zurück.
    »Jankowski.«
    »Nein.«
    »Was heißt nein?«
    »Er war nicht da.«
    »Nicht mit seinem Apparat?«
    »Mit welchem Apparat?«
    »Mit dem Fotoapparat. Er wollte doch fotografieren.«
    »Mich? Schon wieder?«
    Dr. Lallikow spürte, wie es heiß in ihm aufwallte. Die Dinge komplizierten sich, das war nun offensichtlich. Er hatte von Rimma auch hier ein Nein erwartet; nun stellte sich heraus, daß der hyperpotente Jankowski auch Rimma vor die Linse bekommen hatte. Es gab also nicht nur ein Opfer – Galina Iwanowna –, sondern zwei, und damit war die Frage wieder völlig offen, wer nun die unbekannte Nackte ohne Kopf auf den Fotos war. Außer Zweifel stand, daß alle Aufnahmen die gleiche Person zeigten … so völlig ähnlich hätten zwei Frauenkörper nicht sein können.
    »Schon wieder«, wiederholte Dr. Lallikow mit einem heiseren Beiklang. »Wann hat er denn …?«
    »Ich weiß nicht. Mich interessiert kein Kalender.«
    »Aber es war erst vor kurzem?«
    »Ja, das war es.«
    Rimma grinste lieb und blöd. Dr. Lallikow verstand die Schöpfung nicht mehr, die in eine solche Schönheit so wenig Gehirn investierte.
    »Wo hat er dich fotografiert?« fragte Lallikow direkt.
    »Auf der Wiese. Ich mußte einen Strauß weißer Margeriten halten und mein Haar darumlegen. ›Das sieht wunderbar aus‹, hat er gesagt. ›Die weißen Blüten und deine roten Haare. Das Bild verkaufe ich an eine Illustrierte.‹ Er will mir dann die Illustrierte schenken.«
    Dr. Lallikow nahm die dicke Brille ab und putzte die Gläser. Hier stimmt etwas nicht, dachte er. Von einem Blumenstrauß war auf den Fotos nichts zu sehen. Außerdem waren sie schwarzweiß. Hochglänzend. Da muß ein Irrtum vorliegen. Auf jeden Fall weiß man aber jetzt, daß Rimma Ifanowna ein williges Modell gewesen ist. Einen Film hat der raffinierte Jankowski mit den Blümchen verknipst, den anderen Film hat er dann mit anderen Flächen belichtet. So wird es gewesen sein, ohne Zweifel.
    »Es war ein Farbfilm?« fragte Dr. Lallikow leichthin.
    »Ja, natürlich.«
    »Der zweite Film auch?«
    So etwas nennt man eine Fangfrage. Wer da nicht höllisch aufpaßt, tappt in die Falle. Rimma Ifanowna in ihrer Einfalt merkte die Grube nicht. Sie sagte unbefangen: »Ich nehme es an.«
    Dr. Lallikow atmete rasselnd aus. Überführt! Der Triumph der Logik! Man konnte jetzt sogar rekonstruieren, wie Jankowski vorgegangen war, um die naive

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