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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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verständlich ausdrücke.«
    Sie ahmte ihn nach und lachte dann auf und sagte: »Warum laden wir die Ferrinis nicht mal zu uns zum Essen ein? Sie muntern mich jedesmal auf.«
    »Maresciallo?«
    Das stimmte. Ferrini hatte etwas an sich, das einen aufmunterte, sogar wenn er verärgert war.
    Seine Frau, die rundlich und hübsch und immer vergnügt war, lachte lauthals, wenn Ferrini schimpfte. »Er ist nun einmal so. Hört einfach weg. Mich amüsiert er.«
    Worauf auch Ferrini lachte. Sie mochten einander sehr. Wenn bloß Ferrini jetzt da wäre! Was er nicht alles sagen würde – Ferrini würde die Flüche geradezu niederregnen lassen. Guarnaccia! Was soll man denn sonst machen? Zynisch? Wir arbeiten einfach das Programm ab, suchen einen möglichen Verdächtigen, den wir hinter Gitter stecken können und der im Gegensatz zu den früheren auch dort bleibt.
    Warum hatte der Maresciallo Ferrini nicht von Anfang an ernst genommen, ihm wirklich geglaubt, anstatt seine Worte als den üblichen Zynismus abzutun?
    »Wenn die eine so idiotische Untersuchung veranstalten…«
    Wie konnten sie Ferrini, der so viele Fälle gelöst hatte, so einstufen? Weil er so viele Fälle gelöst hatte, hatte man ihn sogar vom Unteroffizier zum Offizier befördert. Der Maresciallo hatte noch nie erlebt, daß der Capitano einmal ungerecht gewesen wäre, doch in diesem Falle mußte es wohl so gewesen sein, und daher empfand er um Ferrinis willen Zorn. Für sich selbst schämte er sich nur. Schämte sich seiner Anmaßung, gedacht zu haben, er könne einen Fall übernehmen, an dem ein Mann vom Kaliber Romolas bereits gescheitert war.
    »Wir verschwenden unsere Zeit. Für wen?«
    »Maresciallo?«
    »Wie bitte? Haben Sie etwas gesagt?«
    »Bloß, daß wir da sind. Das ist die Adresse, die Sie mir gegeben haben.«
    »Das hätten Sie doch sagen können…«
    Steif stieg der Maresciallo aus dem Wagen und hoffte, seine Probleme loszusein, wenn er zurückkam. Wenn er an die Menschen dachte, denen er gleich gegenübertreten würde, war es nicht recht, sich selbst zu bemitleiden.
    Der Maresciallo läutete und bereitete sich innerlich auf die Begegnung mit einer Mutter vor, der man das Kind genommen hatte, doch es war der Vater der toten jungen Frau, der die Tür zu der Wohnung im ersten Stock öffnete.
    »Kommen Sie lieber rein. Meine Frau…«
    Sie war nicht zu sehen, und der Vater, der dünn war und ganz gebrochen aussah, führte den Maresciallo in ein kleines Wohnzimmer.
    »Wollen Sie sich setzen? Es tut mir leid, sie… Es ist Samstagabend, verstehen Sie… Aber ich habe es ihr gesagt, und sie wird sicher gleich da sein, wenn Sie vielleicht einen Augenblick warten wollen. Gesagt hab ich's ihr.«
    Der Maresciallo setzte sich und schaute sich wortlos um. Ihm war nicht klar, was der Mann ihm hatte erklären wollen und was der Hinweis auf den Samstagabend bedeuten sollte, wo es doch erst kurz nach drei Uhr nachmittags war, doch er fragte nicht nach.
    »Rauchen Sie?«
    »Nein, vielen Dank.«
    »Ich rauche zuviel, seit…«
    Als sollte dies demonstriert werden, ging die zweite Hälfte des Satzes in einem langen, schmerzhaften Hustenanfall unter. Darauf zündete er sich eine Zigarette an. »Ich kenne Sie noch nicht.«
    »Nein, ich arbeite noch nicht lange an dem Fall.«
    »Sie kommen und gehen… So viele Polizisten. Ich erinnere mich an alle, an jeden einzelnen. Alle haben sie versprochen, und es wohl auch so gemeint, aber das bringt sie uns auch nicht zurück.«
    Er rauchte schweigend und betrachtete die vergrößerte Fotografie seiner Tochter auf der Kredenz. Der Maresciallo war überzeugt davon, daß dieser Mann einmal kräftig und stattlich gewesen war, doch daß der Kummer ihn ausgezehrt hatte. Das wenige Fleisch, das ihm noch geblieben war, hing lose an seinen groben Knochen. Was sagte man einem Mann unter diesen Umständen? Ganz bestimmt würde er nicht die Versprechungen wiederholen, die alle früheren Beamten offenbar gemacht hatten. Das war sowieso nicht seine Art, und nach all den Jahren klänge es eh nur hochtrabend, ja sogar lächerlich. Der Maresciallo schaute ebenfalls zu der Fotografie hinüber. Es war die junge Frau mit den langen dunklen Locken, deren Abbildung Bacci so verstört hatte. Der Maresciallo hoffte, man habe die Mutter den Leichnam ihrer Tochter nie sehen lassen. Der Vater, das wußte er, hatte sie gefunden.
    »Unsere wunderschöne Sara. Sie war ein so hübsches Kind. Wir haben uns immer gefragt, wieso wir sie haben, denn von gutem

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