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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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über Belanglosigkeiten oder irgend etwas anderes als das zu reden, was ihn belastete.
    »Möchten Sie, daß Di Nuccio Sie fährt?« rief Lorenzini dem Maresciallo noch nach, als dieser schon die Treppe hinunterging.
    »Ich gehe zu Fuß.«
    Das Wetter hatte umgeschlagen, das war das erste, was ihm auffiel, als er durch den Torbogen auf die Piazza Pitti hinaustrat. Der Wind aus den Bergen hatte sich gelegt, und die Temperatur war so weit gestiegen, daß sich ein paar Wölkchen gebildet hatten. Der Nebel, der morgens immer über dem Fluß hing, hatte sich noch nicht gelichtet, und die Gebäude waren feucht, ihre Farben gedämpft. Es schien ewig her zu sein, daß der Maresciallo gemächlich zu Fuß irgendwohin gegangen war und den morgendlichen Kaffeegeruch, die Auspuffgase und Rauch von frischem Holz gerochen hatte. Es lockte ihn, irgendwo auf einen Kaffee einzukehren, statt dessen beschleunigte er seine Schritte, denn er wollte nicht riskieren, daß man den Capitano wegrief, bevor er bei ihm ankam. Er überquerte den Ponte alla Carraia und schaute auf das schmutziggrüne Wasser hinab, das in der feuchten, stehenden Luft nach Schlamm und nach verfaulenden Pflanzen roch, die aus dem Umland herangetragen wurden, und – ganz leicht auch nach Meer.
    Er würde mit dem Capitano sprechen, würde ihm rundheraus sagen, was hier vorging, und ihn um Rat bitten. Und ganz gleich, wie dieser Rat ausfallen mochte, zustimmend oder nicht, er würde ihn befolgen, und damit wäre die Sache dann erledigt.
    Er marschierte gerade durch den Eingang ins Kloster hinein und nickte dem diensthabenden Wachmann zu, als ihm etwas einfiel, was er Lorenzini hatte sagen oder vielmehr von ihm erbitten wollen. Er steckte den Kopf zur Tür der Wachstube hinein und bat den Beamten, die Nummer seines Büros zu wählen.
    »Lorenzini? Hören Sie, ich wollte Sie um etwas bitten. Wenn Sie die obere Schublade meines Schreibtischs aufmachen, gleich neben dem Telefon… dort liegt ein Buch.«
    »Einen Augenblick bitte… Ein englisches Buch?«
    »Ja, genau. Da ist ein Papierstreifen eingelegt, um eine Seite zu markieren. Haben Sie's? Und dann rechts oben am Rand eine Notiz mit rotem Kugelschreiber.«
    »Hm. Hab ich… da steht: ›Sind wir das?‹ Ist das die Stelle?«
    »Ja. Das muß sich auf einen Satz beziehen, der ganz in der Nähe steht und unterstrichen ist, irgend etwas über eine Sonderkommission. Sie können doch ein bißchen Englisch, könnten Sie mir diese Zeilen übersetzen?«
    »Ich glaub schon. Ich versuch's jedenfalls.«
    »Danke. Ich bin nicht lange weg.«
    Als er an dem Klostergebäude entlangschritt, kam ein großer Wagen auf ihn zugefahren. Der Fahrer war ein Polizist, und im Fond saßen Simonetti und sein persönlicher Referent. Beide amüsierten sich anscheinend über einen Witz, und der Maresciallo sah das strahlende Lächeln Simonettis aufblitzen, als der Wagen seine Fahrt verlangsamte, um auf die automatische Toröffnung zu warten. Der Maresciallo stand im Schatten und regte sich nicht, doch als der Wagen wieder anfuhr, spürte er, daß Simonettis Blick den seinen traf, so schnell wie der einer Schlange, daß er aber die Augen wieder abwandte, ehe er sich sicher sein konnte, daß es den Blickkontakt überhaupt gegeben hatte.
    Da ließ sich nichts machen. Kein Grund, dachte er, als er die Steintreppe zu seiner Rechten hinaufstieg, daß er hier nicht mit seinem Kommandanten zusammentreffen sollte. Er kam im Korridor des oberen Stockwerks an und blieb bei einem großen Gummibaum stehen, als er die Offiziere der verschiedenen Abteilungen aus dem Zimmer des Colonnello kommen sah. Ihre Schritte hallten laut auf den glänzenden roten Fliesen. Capitano Maestrangelo war nicht dabei, also war er wohl schon in sein Büro zurückgegangen. Der Maresciallo stieg ein paar Stufen weiter hinauf, als er die zornig erhobene Stimme des Colonnello hörte und abrupt stehenblieb.
    »Nein, Maestrangelo, das kommt gar nicht in Frage. Wir können ihn nicht entbehren! Er ist der beste Ermittler, den wir haben, und ich ziehe ihn nicht von dem Geldwäsche-Fall ab, ehe der aufgeklärt ist – und danach schicke ich ihn auch nicht rüber! Geben Sie ihm einen wie Bacci, irgendeinen Kollegen, der höflich ist, ihm keine Schwierigkeiten macht und im Fernsehen gut rüberkommt. Geben Sie ihm einen wie Guarnaccia aus irgendeinem überflüssigen kleinen Revier, aber ich will, daß meine Ermittlungsbeamten hier für mich arbeiten. Wenn die eine so idiotische Untersuchung

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