Das Ungeheuer von Florenz
Ehrlich gesagt, vor kurzem habe ich mit Dr. Biondini von der Galleria Palatina gesprochen. Ich dachte mir, vielleicht könnte er ein bißchen Licht in dein Problem bringen.«
»Und konnte er?«
»Er sagte mir, in Florenz gäbe es keinen Restaurator dieses Namens.«
»Des Namens Benozzetti?«
»Genau.«
»Aber kann Biondini das beweisen? Denn mein Vater kannte ihn ja, kannte Benozzetti.«
»Ich weiß. Das ist es ja. Um ganz genau zu sein, Biondini sagte, es gäbe keinen Restaurator dieses Namens auf dem Niveau deines Vaters. So oder so ähnlich hat er es gesagt.«
»Wir beide wissen aber, daß es einen gibt. Wir haben mit ihm gesprochen. Sie haben ihn kennengelernt.«
»Wir haben mit ihm gesprochen. Ob er Restaurator ist, wissen wir nicht.«
»Wollen Sie damit sagen, daß Sie ihn für einen Fälscher halten?«
Marco errötete, sprang von der Schreibtischkante und begann, in dem Raum hin und her zu gehen, hob Sachen hoch und legte sie gleich darauf fast an derselben Stelle wieder hin. Dann blieb er stehen und sah dem Maresciallo ins Gesicht, während er mit der Hand zornig durch die Haare fuhr, die ihm in die Stirn gefallen waren. »Ich hatte das ja schon gesagt, nicht wahr? Wenn es nicht gestohlen ist, muß ich mich mit der Frage befassen, ob es eine Fälschung sein könnte. Ich hatte das gesagt. Erinnern Sie sich?«
»Ja.«
»Und es stimmt, nur wollte ich mich nicht mit dieser Frage befassen. Ich will es immer noch nicht, denn wenn das Bild eine Fälschung ist, bedeutet das…«
»Was bedeutet es denn? Ist da noch etwas, was du mir hättest sagen müssen?«
»Was? Nein, natürlich nicht. Es ist nur so… Dann bedeutet das, es könnte auch noch andere geben, nicht wahr? Ich will sagen, dann ist dieses Bild hier nicht das einzige.«
»Nicht unbedingt.«
»Aber… ach, Gott, ich habe mir wirklich eingebildet, ich könnte das einfach hinter mich bringen und das verdammte Bild verkaufen.«
Er betrachtete das Gemälde nun mit haßerfülltem Blick.
»Dann verkauf es doch.«
»Was?«
»Ich habe dir doch gesagt, daß ich mit Dr. Biondini gesprochen habe. Er sagte, wenn du es verkaufen willst, dann verkaufs. Daran ist nichts Ungesetzliches.«
»Aber Sie haben faktisch doch gerade gesagt, es sei eine Fälschung.«
»Ich weiß nicht, ob es eine Fälschung ist oder nicht. Dir kann kein Schaden aus einem Verkauf erwachsen, vorausgesetzt, du behauptest nicht, das Porträt sei echt.«
»Aber die Auktionatoren werden doch etwas behaupten.«
»Biondini sagt, die können sich schon selber schützen. Ich weiß es zwar nicht, aber ich habe noch nie gehört, daß je ein Auktionator ins Gefängnis gekommen wäre. Du kannst sicher davon ausgehen, daß Biondini sich da auskennt. Gibt es eine Fotografie?«
»Des Bildes? Ja. Nein, aber es wird eine geben. Sie haben sie für ihren Katalog behalten.«
Der Maresciallo erwiderte nichts. Das bedeutete ja offensichtlich, daß eine Entscheidung bereits gefallen war, und Marcos dunkelrotes Gesicht bestätigte ihm die Richtigkeit seiner Überlegung.
»Ich weiß nicht. Nachdem ich Benozzetti gesehen habe und er mir anständig vorkam – außerdem haben Sie ja selbst gerade gesagt, ich könnte es genausogut verkaufen.«
»Richtig«, erwiderte der Maresciallo unverblümt. »Wenn du mir einen Abzug der Fotografie für Biondini überlassen könntest, wäre er sehr dankbar. Er kennt sich bei diesem Maler besonders gut aus, deswegen würde er gern ein Foto sehen. Nur aus Interesse, verstehst du.«
»In Ordnung. Ich schicke es Ihnen, wenn ich es zurückbekomme. Finden Sie nicht, ich sollte ihn bitten, sich lieber das Bild anzusehen?«
»Das liegt an dir. Die Auktionatoren haben es sich offenbar schon angesehen, sonst hätten sie ja noch keine Entscheidung getroffen. Biondini meinte übrigens auch, er wüßte gern, wer sich das Bild angeschaut hat. Er vermutete, es sei jemand aus London gewesen.«
Er verlagerte sein Gewicht auf der harten Kiste und schaute dem jungen Mann beim Sprechen nicht ins Gesicht, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. »Nachdem unser Freund nun schon mal dies oder das ausgeplaudert hat – was in den beiden großen Safes ist, die er in seinem Atelier hat, hat er wohl nicht gesagt?«
»Die Safes…«
Marco schien mit seinen Gedanken woanders zu sein.
»Doch, ich weiß, was da drin ist. Er hat einen davon aufgemacht, während ich da war.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Da ist bloß Material drin, mit dem er arbeitet, Mineralien, solche Sachen, Grundstoffe
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