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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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einer Staffelei ruhte. »Wie finden Sie sie denn?«
    »Tja, was soll ich sagen. Sie ist sehr hübsch, aber ihr Kleid kommt mir ein bißchen seltsam vor.«
    »Sie ist eben nicht als vornehme Dame ihrer Zeit gekleidet – sie soll eine Flora darstellen.«
    »Ach so, deshalb die vielen Blumen. Sehr hübsch, wirklich.«
    Das Gesicht war ebenmäßig und rund, die Lippen ein tiefroter Cupido-Bogen. Rosa, weiße und gelbe Blüten wanden sich durch ihr Haar, und ihr Kopf war ein wenig nach links geneigt, wodurch der Blick des Betrachters auf eine Strähne glänzenden lockigen Haars gelenkt wurde, die sich auf ihrer linken bloßen Schulter ringelte. Ihre Brust war rund und weiß wie die Unschuld und wurde kaum von dem bunten Stoff berührt, den sie in ihrer bleichen Hand hielt, aus der sich noch mehr Blütengirlanden ergossen.
    »Es gibt ein zweites Bild, das fast genauso aussieht, aber das ist ein Porträt von Lucrezia Corsini. Ich habe es mir gestern angesehen. Er hat zwei von ihr gemalt, das eine fast eine Ganzfigur und das andere eine Halbfigur wie dieses hier. Nur die Haltung der Hände ist unterschiedlich. Na ja, jetzt haben Sie sie jedenfalls gesehen. Ach herrje, ich wünschte, ich könnte Ihnen einen Stuhl anbieten. Es tut mir leid, warten Sie…«
    Marco nahm einen Stapel Zeichenpapier von einer Kiste. Das Atelier war bis obenhin angefüllt mit Papier und Zeichengerät, enthielt jedoch bis auf den alten Schreibtisch seines Vaters kein Mobiliar.
    »Hier, bitte, kommen Sie damit zurecht? Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin, daß Sie Zeit gefunden haben herzukommen. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben. Ich hab bestimmt vier- oder fünfmal angerufen, Ihr Brigadiere – wie heißt er noch mal?«
    »Lorenzini.«
    »Richtig, Lorenzini, er hatte sicher schon die Nase voll von mir, aber Sie sind so oft unterwegs.«
    »Ich weiß. Ich wollte schon letzte Woche herkommen, aber im Augenblick ist es nicht leicht, eins kommt zum andern.«
    Der Maresciallo ließ sich vorsichtig auf der Kiste nieder, doch sie hatte offenbar sicheren Stand.
    »Ist er es wirklich?«
    Marco saß auf der Kante des mit Papieren übersäten Schreibtischs.
    »Was?«
    »Das Foto, das in allen Zeitungen war?«
    »Ach so.«
    Der Maresciallo seufzte. »Ich weiß auch nicht.«
    »Brutal genug sieht er ja aus, das muß ich schon sagen. Und seit er im Gefängnis sitzt, hat es auch keinen weiteren Mord gegeben, sehe ich das richtig?«
    »Fast richtig. Im Sommer 1986 und 1987 war er noch auf freiem Fuß, aber da in diesen Jahren keine Morde verübt wurden, will das wenig heißen. Die Zeitungen können erfinden, was sie wollen, wir brauchen Beweise.«
    »Ein paar Beweise müssen Sie ja aber haben, sonst hätten Sie ihn nicht angeklagt. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, kann ich mir nicht vorstellen, wie ein Mensch so etwas tun kann. Und wie jemand seine eigene Tochter vergewaltigt, denken Sie nur. Als ich den Artikel las, beschloß ich, mich nicht mehr über meinen Vater zu beklagen… Ach so, ja, ich wollte Ihnen ja noch sagen, wo ich das gefunden habe.«
    Er tätschelte das Buch, das er dem Maresciallo gezeigt hatte und das noch immer aufgeschlagen neben ihm auf dem Schreibtisch lag. »Ich hab es von Benozzetti.«
    »Er war hier und ist schon wieder weg? Ich dachte…«
    »Nein, nein, er kommt erst noch, wird gleich dasein. Das war es, was ich Ihnen nicht am Telefon sagen wollte. Ich war vorher bei ihm. Ich hab gewartet und gewartet, und langsam schien es mir, als wolle er nichts damit zu tun haben, und da hab ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und Ihren Rat befolgt und bin hingegangen. Daß es dazu Mut braucht, finden Sie sicher nicht, ich weiß, immerhin verbringen Sie Ihre Zeit mit einem Ungeheuer, bei dessen bloßem Anblick es einem nur schon die Kehle zuschnürt. Trotzdem war ich ziemlich nervös. Es hängt so vieles von ihr ab.«
    Mit einer Kopfbewegung wies er auf das Porträt seiner Ahnin. »Ich muß dieses Atelier mal ordentlich herrichten. Sehen Sie sich das an – wenn ich am Computer arbeiten will, muß ich mich auf den Fußboden setzen. Zum Glück habe ich einen Auftrag von einem Architekturbüro in Modena bekommen. Die Bezahlung ist ganz gut, aber es ist im Grunde nur Zeichenarbeit, und solange ich kein Geld dafür habe, mich hier anständig einzurichten, kann ich keine Klienten empfangen, selbst wenn ich das Glück hätte, welche aufzutreiben. Ich habe mich also zusammengerissen und bin zu ihm gegangen, und er war

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