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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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zur Farbenherstellung.«
    »Farben? In einem Safe, so schwer wie der einer Bank?«
    »Ja, diese Farbstoffe sind ziemlich wertvoll. Er hat mir verschiedene Lapislazuli gezeigt, wie sie seit jeher für den Umhang der Jungfrau verwendet werden. Das ist das teuerste Blau der Welt.«
    »Aha. Und hat er den anderen Safe auch geöffnet?«
    »Nein, aber da bewahrt er bloß seine Gemälde auf nicht seine eigenen, sondern die, die er gekauft hat; er hat alles, was er sein Leben lang verdient hat, in Bilder gesteckt. Man sieht ja, daß er sonst nichts hat. Er sagte – das klingt zwar sonderbar, aber ich vermute, daß es stimmt –, daß er mal eine etruskische Bronze besaß, die er, in einer Metallkiste verpackt, hinter seinem Atelier vergraben habe. Ein kleines Stück Garten ist da ja.«
    »Hm.«
    »Sie glauben mir wohl nicht? Aber Sie haben ja gesehen, wo er wohnt: im Erdgeschoß, und 1966 hat er ein Vermögen verloren. Was das Wasser nicht im Atelier vernichtet hat, wurde im Tresorraum in den Schließfächern einer Bank zerstört. Er hatte den Inhalt weder angegeben noch versichert. – Das ist er.«
    Der Maresciallo erhob sich steif von seiner Kiste und wartete mit der Mütze in der Hand darauf, daß Benozzetti eintrat. Er hatte nicht vor, lange zu bleiben. Er zweifelte nicht daran, daß Benozzetti Marco mehr erzählen würde als ihm. Doch er war neugierig darauf, dem Mann außerhalb seiner Behausung, in einer weltlicheren Umgebung zu begegnen. Und gespannt, sein Gesicht zu sehen, wenn dieser das Gemälde betrachtete. Ob Benozzetti ebenso erpicht darauf war, den Maresciallo zu sehen, war die andere Frage. Seltsamerweise hatte es den Anschein, als freue es ihn.
    »Na so etwas! Der kunstbewanderte Maresciallo! Dann werden wir ja auch Ihre Meinung hören. Wunderbar!«
    In seiner Stimme lag nicht ein Hauch von Ironie. Sie schüttelten sich die Hände, ohne daß der Maresciallo den Mund aufmachte. Benozzetti wirkte größer und eindrucksvoller als bei ihrem ersten Treffen – vielleicht weil der Raum so klein war. Und er wirkte eleganter – vielleicht im Gegensatz zu Marco und seinen übereinandergezogenen schäbigen Pullovern. Der Maresciallo erinnerte sich an die tödliche Kälte in seinem riesigen Atelier. Benozzetti würde hier in diesem fensterlosen feuchten Raum also wohl kaum Gefahr laufen, zu frieren.
    So unauffällig wie nur möglich versuchte der Maresciallo, der Parfumwolke auszuweichen, die der Mann mit sich herumtrug – auf so engem Raum allerdings ein vergebliches Unterfangen. Er ließ Benozzettis Gesicht nicht aus den Augen und sah fasziniert, daß dieser das Bild nicht sofort betrachtete, obwohl er direkt davor stand. Die Staffelei schien sich wie in einem luftleeren Raum zu befinden. Benozettis funkelnder Blick wanderte darum herum und suchte einen anderen Punkt, den er fixieren konnte. Er heftete sich schließlich auf eine Fotografie in einem silbernen Rahmen, und Benozzetti ging darauf zu, um sie sich anzusehen.
    »Ha! Wissen Sie, wer der Mann hier links neben Ihrem Vater ist?«
    Marco trat näher. »Nein. Den Senator kenne ich, den anderen Mann aber nicht.«
    »Das ist ein berühmter Londoner Kunsthändler. Ein sehr berühmter. Ich habe selbst oft geschäftlich mit ihm zu tun gehabt.«
    »Ich habe ihn nie kennengelernt, denn ich habe ja nicht bei meinem Vater gelebt. Tut mir leid, daß ich Ihnen keine Sitzgelegenheit anbieten kann.«
    Benozzetti war jedoch unverkennbar nicht in der Stimmung, sich zu setzen. Er tänzelte nervös in dem Raum herum, besah sich Zeichnungen, Tuschekästen, den Computer.
    »Sie brauchen Geld. Sie müssen sich eine richtige Ateliereinrichtung anschaffen. Damit Sie Kunden empfangen können. Das hier reicht nicht.«
    Er wies mit einer Handbewegung auf das Durcheinander.
    In der linken Hand hielt er einen Hut von der altmodischen Art, wie ihn Männer in den vierziger und fünfziger Jahren trugen, wie man ihn heute aber nicht mehr sah. Er wirkte neu und teuer und paßte perfekt zu seinem schweren dunkelblauen Mantel. Benozzetti war natürlich in allem einer vergangenen Zeit verpflichtet, in seinen Meinungen ebenso wie in seiner Kleidung.
    Marco schob die Hand in die Tasche seiner Jeans und errötete ein wenig.
    »Genau das habe ich vor. Das heißt, wenn ich dieses Bild verkaufen kann.«
    »Dann verkaufen Sie es.«
    »Sie halten es also für echt?«
    »Natürlich ist es echt. Ihr Vater war kein solcher Dummkopf wie andere seiner Zunft. Es ist ein gutes Bild. Verkaufen Sie. Verkaufen

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