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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Anspannung.
    »Er hat uns gezwungen, es zu essen.«
    »Das Hundefutter? Hundefutter aus einer Dose?«
    »Nein. Es war Lunge und solche Sachen, gekocht. Und altes Brot… Er hat gesagt…«
    »Was sagte er?«
    Wieder Schweigen. Dann: »Er hat gesagt, für mich und meine Mutter war das gut genug. Er hat gesagt, wir wären dümmer als der Hund.«
    »Den Hund mochte er wohl?«
    Die ungewohnte Anstrengung, die Stimme gesenkt zu halten und einen Ton zu wahren, der nicht aggressiv war, machte Simonetti zu schaffen. Sie hatten in der vergangenen Stunde mehr Schweigen als Worte von diesem armen Wesen vernommen, aber er hatte unverkennbar nicht vor, von ihr abzulassen. Die anderen, der Maresciallo eingeschlossen, wären fast so froh wie das Mädchen selbst gewesen, wenn die Befragung endlich aufgehört hätte.
    »Was für ein Hund war es denn?«
    »Er war braun. Nicht sehr groß.«
    Es war Simonettis Glück, daß er die Abschriften der Vernehmungen aus dem Gerichtsverfahren besaß, an dessen Ende der Verdächtige wegen Mißbrauchs seiner Tochter verurteilt worden war. Dadurch kannte er die Antworten schon. Er ließ die Tochter nur in den Punkten, die ihm wesentlich erschienen, ihre Aussagen wiederholen. Wie lange mochten die ersten Befragungen, als sie diese Dinge zum ersten Mal hatte erzählen müssen, gedauert haben?
    »War es ein Jagdhund?«
    »Ja, er hat ihn mit einem Stock geschlagen, und der Hund hat gejault.«
    »Und hat er Sie auch mit dem Stock geschlagen?«
    »Manchmal.«
    »Nicht oft?« Schweigen.
    »Hat er Sie jeden Tag mit dem Stock geschlagen?«
    »Einmal, als ich meine Hausaufgaben nicht gemacht hatte.«
    »Und die anderen Male?«
    »Die anderen Male hat er mich mit den Fäusten geschlagen.«
    »Wann hat er das getan? Wissen Sie das noch?«
    »Wenn ich weggehen wollte.«
    »Andere Gründe?«
    Keine Antwort. Beim Warten hörten die Männer ihren eigenen Atem. Dem hinter dicken Brillengläsern verborgenen Gesicht der Frau sah man nicht an, was in ihrem Innern vor sich ging, nur die baumelnden Füße machten ab und zu ruckartige Bewegungen, und manchmal trat sie sich versehentlich selbst an den Knöchel. Die schmutzigen Abdrücke, die davon jedesmal auf ihren zerknitterten Strümpfen zurückblieben, waren nicht zu übersehen. Sie war sechsundzwanzig, doch sie wirkte wie ein altes Kind. Und das war sie ja im Grunde auch. Wenn sie nach den langen Pausen wieder sprach, klang das ganz normal, als habe es keine Lücke in dem Gespräch gegeben.
    »Manchmal hat er mich geschlagen, weil ich nicht zu ihm ins Bett kommen wollte.«
    »Nachts?«
    »Nicht immer nachts. Manchmal hat er mich aufgeweckt, wenn ich geschlafen hab, in der Nacht oder morgens.«
    »Und was passierte, wenn er das tat?«
    Schweigen. Ihre Hände klammerten sich noch fester um den Stuhl.
    »Sie brauchen hier keine Angst zu haben. Wir sind alle Ihre Freunde. Wenn es Dinge gibt, die Sie nicht sagen wollen, können Sie einfach mit Ja oder Nein antworten. Wenn er Sie zwang, in sein Bett zu kommen, zwang er Sie dann auch zu oralem Sex?«
    »Nein.«
    »Nein? Was dann? Zwang er Sie zu etwas anderem?«
    »Ja.«
    Wieder ein langes Schweigen und die verdrehten, tretenden Füße. »Er…«
    In dem Raum war es inzwischen sehr heiß geworden. Jetzt die Uniformjacke ausziehen, dachte der Maresciallo, rührte sich aber nicht. Er konnte unmöglich die Spannung durchbrechen, die ihr Schweigen und ihre einsilbigen Antworten erzeugt hatten.
    »Er zwang mich, sein… Ding… in den Mund zu nehmen.«
    »Ich verstehe. Wissen Sie noch, wie alt Sie waren, als er das zum ersten Mal verlangte?«
    »Neun. Einmal hat meine Mama gesagt, er soll aufhören, und er hat gesagt, sie soll den Mund halten.«
    »Sie hatte große Angst vor ihm, nicht wahr? Hat er sie auch oft geschlagen?«
    »Er hat sie immer geschlagen, wenn er böse auf sie war, und einmal hat er gesagt, er würde ihr die Kehle durchschneiden.«
    »War das, weil sie ihn davon abhalten wollte, Sie anzufassen?«
    »Nein. Das war, weil sie Pasta auf dem Boden verschüttet hatte. Irgendwo war eine nasse Stelle, und sie ist ausgerutscht, und dabei sind die Spaghetti vom Teller gefallen, und er hat ihre gegessen, und sie mußte das essen, was sie verschüttet hatte.«
    »Hat er einmal eine Axt nach Ihrer Mutter geworfen?«
    »Ja, aber er hat sie nicht getroffen, und die Axt ist in der Tür steckengeblieben. Das war wegen der Eier.«
    »Welcher Eier? Sie hat welche zerbrochen, und da ist er böse geworden?«
    »Nein. Die Contessa

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