Das Ungeheuer
Schreibtisch herumkäme.
»Zum Teufel mit dem Boston Globel « brüllte Hurst. »Dieser hirnrissige Artikel basiert auf ein paar Bemerkungen eines unzufriedenen Labortechnikers. Das Zeug glauben Sie doch nicht, oder?«
»Was ich glaube, tut in diesem Augenblick nichts zur Sache«, stellte Victor fest. »Der Globe berichtet, daß die Daten in Ihrem Aufsatz absichtlich gefälscht seien. Eine solche Anschuldigung kann für Sie wie für Chimera schädlich sein. Wir müssen derartige Gerüchte im Keim ersticken, damit sie nicht außer Kontrolle geraten. Ich verstehe nicht, weshalb Sie da so wütend sind.«
»Na, dann will ich es Ihnen erklären«, bellte Hurst. »Ich hatte Unterstützung von Ihnen erwartet, nicht Mißtrauen. Die bloße Anordnung der Verifikation meiner Arbeit läuft auf eine Beschuldigung hinaus. Außerdem können sich bei jeder Gemeinschaftsarbeit nicht signifikante Meßungenauigkeiten einschleichen. Sogar bei Isaac Newton hat sich später herausgestellt, daß er ein paar Planetenobservationen geschönt hatte. Ich verlange, daß diese Verifizierungsuntersuchung abgebrochen wird.«
»Hören Sie, es tut mir leid, daß Sie sich darüber so aufregen«, sagte Victor. »Aber ganz gleich, wie Isaac Newton es gehalten hat - es gibt nichts zu relativieren, wenn es um Forschungsethik geht.«
»Ich bin nicht hergekommen, um mir einen Vortrag halten zu lassen!« schrie Hurst. »Ich sage Ihnen, ich wünsche, daß die Untersuchung abgebrochen wird!«
»Sie drücken sich unmißverständlich aus«, erwiderte Victor. »Aber die Tatsache bleibt bestehen, daß Sie, wenn kein Betrug vorliegt, nichts zu befürchten haben und bei der ganzen Sache nur gewinnen können.«
»Soll das heißen, daß Sie die Untersuchung nicht abbrechen werden?«
»Das soll es heißen«, antwortete Victor. Er hatte jetzt genug davon, das Ego dieses Mannes zu beschwichtigen.
»Ich bin schockiert über Ihren Mangel an akademischer Loyalität«, erklärte Hurst schließlich. »Jetzt verstehe ich Ronalds Einstellung.«
»Dr. Beekmans Einstellung hinsichtlich der Forschungsethik ist die gleiche wie meine«, stellte Victor fest und verhehlte seinen Ärger nicht länger. »Auf Wiedersehen, Dr. Hurst! Das Gespräch ist beendet!«
»Ich will Ihnen was sagen, Frank.« Hurst beugte sich über den Schreibtisch. »Wenn Sie darauf beharren, meinen Namen durch den Dreck zu ziehen, dann werde ich mit Ihnen das gleiche tun. Haben Sie verstanden? Ich weiß, daß Sie nicht der strahlende Ritter und Retter der Wissenschaft sind, der zu sein Sie vorgeben!«
»Leider habe ich aber niemals gefälschte Daten veröffentlicht«, antwortete Victor sarkastisch.
»Der springende Punkt ist«, versetzte Hurst, »daß Sie nicht der strahlende Ritter sind, für den wir Sie alle halten sollen.«
»Verlassen Sie mein Büro!«
»Mit Vergnügen.« Hurst ging zur Tür und öffnete sie. »Denken Sie an meine Worte! Sie sind nicht immun.« Dann schlug er die Tür so heftig hinter sich zu, daß Victors medizinisches Diplom an seinem Haken schaukelte.
Victor blieb noch ein paar Augenblicke an seinem Schreibtisch sitzen und bemühte sich, sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Für heute hatte er jedenfalls genug Drohungen gehört. Wovon Hurst wohl reden mochte, wenn er sagte, er, Victor, sei kein »strahlender Ritter«?
Er schob seinen Sessel zurück, stand auf und schlüpfte in seinen weißen Laborkittel. Dann öffnete er die Tür und wollte sich hinausbeugen, um Colleen zu sagen, daß er ins Labor hinübergehe. Aber er prallte praktisch mit ihr zusammen, denn sie war gerade im Begriff, zu ihm hereinzukommen.
»Dr. Hobbs ist hier, und er ist emotional am Ende«, sagte sie hastig.
Victor versuchte, um sie herumzuschauen, und er sah einen Mann, der vornübergebeugt auf dem Stuhl neben ihrem Schreibtisch saß und den Kopf in beide Hände stützte.
»Was ist das Problem?« fragte Victor leise.
»Etwas mit seinem Sohn«, sagte Colleen. »Ich glaube, dem Jungen ist irgendwas passiert, und er möchte sich ein paar Tage freinehmen.«
Victor spürte, wie seine Handflächen feucht wurden, und seine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. »Schicken Sie ihn rein!« brachte er mühsam hervor.
Unwillkürlich durchfuhr ihn schmerzliches Mitgefühl; er hatte ja selbst die gleichen außergewöhnlichen Maßnahmen durchlitten, um ein Kind zu bekommen. Der Gedanke, daß jetzt mit dem Hobbsschen Jungen etwas nicht stimmte, belebte von neuem alle seine VJ betreffenden
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