Das Ungeheuer
Wiedereinsetzungsklausel ausreden.«
»Ich fürchte, das wird keinen großen Unterschied ausmachen.«
»Hören Sie, wir versuchen, vernünftig zu sein.«
»Die Untersuchung wird wie geplant durchgeführt werden«, sagte Victor.
»Es gibt doch bestimmt eine Möglichkeit -«, begann Marronetti.
»Tut mir leid«, unterbrach ihn Victor. »Sobald wir sämtliche Fakten kennen, können wir uns weiter unterhalten.«
»Wenn Sie nicht bereit sind, vernünftig zu sein«, erklärte der Anwalt, »sehe ich mich gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die Sie vielleicht bedauern werden. Sie sind wohl kaum in der Position, die Heiligen zu spielen - «
»Auf Wiederhören, Mr. Marronetti!« sagte Victor und warf den Hörer auf die Gabel.
Er ließ sich in seinen Sessel zurücksinken, drückte auf einen Knopf und befahl Colleen, die Carver hereinzuschicken. Obgleich ihm der Fall vertraut war, klappte er jetzt doch die Akte auf. Sie war praktisch von ihrem ersten Tag an ein Problem gewesen, unzuverlässig und häufig abwesend. Die Akte enthielt fünf Briefe von verschiedenen Leuten, die sich über ihre schlechten Leistungen beklagten.
Victor blickte auf. Sharon Carver kam herein, mit einem hautengen Minirock und einem Seidentop bekleidet. Sie ließ sich wie hingegossen Victor gegenüber auf den Stuhl gleiten und zeigte eine Menge Bein.
»Danke, daß Sie mich empfangen!« raunte sie.
Victor warf einen Blick auf das Polaroidfoto in ihrer Akte. Darauf trug sie eine ausgebeulte Jeans und ein Flanellhemd.
»Was kann ich für Sie tun?« fragte er und sah ihr direkt in die Augen.
»Ich bin sicher, Sie könnten eine Menge tun«, antwortete sie keusch. »Aber im Moment bin ich am meisten daran interessiert, meine Arbeit wiederzubekommen. Ich möchte wieder eingestellt werden.«
»Das ist nicht möglich«, sagte Victor.
»Ich glaube doch«, beharrte Sharon.
»Miß Carver«, begann Victor, »ich muß Ihnen in Erinnerung rufen, daß Sie entlassen wurden, weil Sie Ihre Arbeit nicht getan haben.«
»Und wieso wurde der Mann, der bei mir war, als wir im Materiallager erwischt wurden, nicht entlassen?« Sharon beugte sich trotzig vor. »Erklären Sie mir das!«
»Ihre amourösen Aktivitäten an Ihrem letzten Tag waren nicht der alleinige Grund für die Auflösung Ihres Vertrags«, erläuterte Victor. »Wenn es sonst kein Problem gegeben hätte, wären Sie nicht gefeuert worden. Und der Mann, von dem Sie sprechen, hat seine Pflichten nicht vernachlässigt. Am fraglichen Tag hatte er sogar offiziell dienstfrei. Sie nicht. Aber wie auch immer- was geschehen ist, ist geschehen. Ich bin sicher, Sie werden anderswo eine Anstellung finden; wenn Sie mich jetzt also bitte entschuldigen wollen ...« Victor erhob sich und deutete auf die Tür.
Sharon Carver rührte sich nicht. Mit kaltem Blick sah sie zu Victor auf. »Wenn Sie sich weigern, mir meinen Job zurückzugeben, verpasse ich Ihnen eine Klage wegen Geschlechtsdiskriminierung, daß Ihnen Hören und Sehen vergeht. Ich werde dafür sorgen, daß es Ihnen leid tut, mir je begegnet zu sein.«
»Das haben Sie schon jetzt fast erreicht«, erwiderte Victor. »Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen möchten.«
Wie eine Katze vor dem Sprung erhob Sharon sich von ihrem Stuhl und funkelte Victor aus dem Augenwinkel an. »Wir sprechen uns noch!« zischte sie.
Victor wartete, bis die Tür sich geschlossen hatte, bevor er den Summer betätigte und Colleen sagte, er gehe jetzt in sein Labor und sei allenfalls für den Papst zu sprechen.
»Zu spät«, antwortete Colleen. »Dr. Hurst sitzt im Vorzimmer. Er möchte Sie sprechen, und er ist ziemlich aufgebracht.«
William Hurst war der geschäftsführende Leiter der Abteilung für medizinische Onkologie. Auch er war Gegenstand eines kürzlich angeordneten Untersuchungsverfahrens. Anders als bei Gephardt ging es bei ihm um den Verdacht auf Forschungsbetrug, eine wachsende Bedrohung der wissenschaftlichen Welt. »Schicken Sie ihn rein!« sagte Victor widerwillig. Er konnte sich nirgends verstecken.
Hurst kam zur Tür herein, als wollte er sich auf Victor stürzen, und schoß auf den Schreibtisch zu. »Soeben erfahre ich, daß Sie ein unabhängiges Labor beauftragt haben, die Resultate aus dem letzten Aufsatz zu verifizieren, den ich im Journal veröffentlicht habe.«
»Ich denke, angesichts des Artikels im Boston Globe vom Freitag ist das kaum überraschend«, sagte Victor, und er fragte sich, was er wohl tun würde, wenn dieser Wahnsinnige um den
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