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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Computer dann wieder ein. Diesmal tippte er die Worte BABY - MURRAY .
    Wie bei der Hobbs-Datei trat auch jetzt eine Pause ein, und schließlich erschien die gleiche Antwort: KEINE DATEI GEFUNDEN .
    Die Bürotür ging auf, und Victor drehte sich um. Colleen stand in der Öffnung. »Heute ist kein guter Tag für Väter«, sagte sie und hielt die Türkante umklammert. »Sie haben einen Anruf von einem Mr. Murray aus der Buchhaltung. Anscheinend geht es seinem Kind gleichfalls nicht gut, und er weint ebenfalls.«
    »Das kann ich nicht glauben«, platzte Victor heraus. Der Zufall war zu groß.
    »Glauben Sie's nur!« sagte Colleen. »Auf Leitung zwei.«
    Benommen wandte Victor sich dem Telefon zu. Die Lampe daran blinkte beharrlich, und jedes Aufblitzen verursachte ein klingendes Gefühl in Victors Kopf. Das konnte nicht sein - nicht, nachdem alles so lange Zeit gutgegangen war. Er mußte sich zwingen, den Hörer abzunehmen.
    »Entschuldigen Sie, daß ich Sie störe«, brachte Murray mühsam hervor, »aber Sie waren so verständnisvoll, als wir uns bemühten, ein Baby zu bekommen. Da dachte ich, Sie würden's gern wissen. Wir haben Mark in die Kinderklinik gebracht, und er liegt im Sterben. Die Ärzte sagen, sie können nichts tun.«
    »Was ist denn passiert?« Victor war kaum in der Lage zu sprechen.
    »Das weiß anscheinend niemand«, sagte Horace Murray. »Angefangen hat es mit Kopfschmerzen.«
    »Er hat sich nicht etwa den Kopf gestoßen oder so etwas?« erkundigte Victor sich.
    »Nicht, daß wir wüßten.«
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich vorbeikäme?« fragte Victor.
    Eine halbe Stunde später parkte er dem Krankenhaus gegenüber im Parkhaus. Er betrat die Klinik und blieb in der Information stehen. Die Empfangsschwester sagte ihm, Mark Murray liege auf der chirurgischen Intensivstation, und sie beschrieb ihm den Weg zum Warteraum. Dort traf er Horace und Colette Murray, zermürbt von Sorge und Schlaflosigkeit. Murray stand auf, als er Victor sah.
    »Irgendwelche Veränderungen?« fragte Victor hoffnungsvoll.
    Murray schüttelte den Kopf. »Er wird jetzt beatmet.«
    Victor gab seinem Mitgefühl Ausdruck, so gut er konnte. Die Murrays schienen gerührt zu sein, daß Victor sich die Zeit genommen hatte, zum Krankenhaus zu kommen, zumal sie bisher nie gesellschaftlichen Umgang miteinander gehabt hatten.
    »Er war ein so besonderes Kind«, sagte Horace. »So außergewöhnlich, so intelligent...« Er schüttelte den Kopf. Seine Frau verbarg das Gesicht in den Händen. Ihre Schultern begannen zu zucken. Horace setzte sich und legte den Arm um sie.
    »Wie heißt der Arzt, der Mark behandelt?« fragte Victor.
    »Nakano«, sagte Horace. »Dr. Nakano.«
    Victor entschuldigte sich, legte seinen Mantel ab und verließ den Warteraum und die besorgten Eltern. Er ging zur Intensivstation der kinderchirurgischen Abteilung, die am Ende des Korridors hinter einer elektronisch gesteuerten Doppeltür lag. Als Victor auf die Gummifläche davor trat, öffnete sich die Tür automatisch.
    Der Raum dahinter war ihm aus den Tagen seines klinischen Praktikums bekannt. Es gab hier den üblichen Wirrwarr von elektronischen Apparaten und umherhastenden Krankenschwestern. Das gleichförmige Zischen der Beatmungsapparate und das Piepen der Herzmonitore gab dem Raum eine gespannte Atmosphäre. Hier stand das Leben auf Messers Schneide.
    Da Victor sich in dieser Umgebung gelassen bewegte, stellte niemand seine Anwesenheit in Frage - trotz der Tatsache, daß er keine Ausweiskarte an der Kleidung trug. Victor ging zum Stationsbüro und fragte, ob Dr. Nakano zu sprechen sei.
    »Er war gerade hier«, antwortete eine kecke junge Frau. Sie erhob sich halb und lehnte sich über die Theke, um festzustellen, ob sie ihn entdecken könnte. Dann setzte sie sich wieder und griff zum Telefon. Im nächsten Augenblick gehörte auch Dr. Nakanos Name zu der unaufhörlichen Litanei, die über die Hausrufanlage aus den Lautsprechern in der Decke tönte.
    Victor wanderte im Raum umher und versuchte Mark zu finden, aber zu viele Kinder hingen an Beatmungsgeräten, die ihre Gesichter unkenntlich machten. Er kehrte zur Theke zurück, als die Stationsschwester den Hörer auf die Gabel legte. Als sie ihn sah, teilte sie ihm mit, Dr. Nakano sei auf dem Weg zur Station.
    Fünf Minuten später wurde Victor mit einem gutaussehenden, tiefbraunen Japano-Amerikaner bekannt gemacht. Victor erklärte, er sei Arzt und ein Freund der Familie Murray, und er hoffe, hier eine

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