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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sein plötzliches Erscheinen. Marsha hatte gehofft, ihrem Sohn diesen Anblick ersparen zu können. Sie trat zwischen ihn und die Garagentür.
    »Sieh nur ihre Zunge!« sagte VJ und versuchte, um Marsha herumzuschauen.
    »Ins Haus mit dir!« befahl sie und wollte VJ zur Hintertür scheuchen. Aber VJ ließ es nicht zu. Er war offenbar entschlossen, sich die Sache genauer anzusehen. Sein Interesse war krankhaft, fand Marsha - beinahe klinisch. Bestürzt erkannte sie, daß keinerlei Trauer in seiner Reaktion lag - ein weiteres schizoides Symptom.
    »VJ!« sagte sie in scharfem Ton. »Ich wünsche, daß du ins Haus gehst, und zwar sofort!«
    »Glaubst du, Kissa war tot, bevor sie an die Tür genagelt wurde?« fragte VJ, immer noch ganz gelassen, und versuchte, einen Blick auf die Katze zu werfen, während Marsha ihn zum Haus drängte.
    Drinnen begab Victor sich unverzüglich ans Telefon, während Marsha versuchte, mit VJ zu reden. Bestimmt fühlte er doch irgend etwas für ihre Katze.
    Victor erreichte das Polizeirevier von North Andover. Man versicherte ihm, daß gleich ein Streifenwagen kommen werde.
    Er legte auf und drehte sich um. VJ lief die Treppe hinauf, zwei Stufen auf einmal nehmend. Marsha saß auf der Couch, die Arme zornig verschränkt. Es war klar, daß sie jetzt noch mehr aufgebracht war, nachdem VJ die Katze gesehen hatte.
    »Ich werde vorläufig eine Bewachungsfirma engagieren«, sagte Victor, »bis wir dieser Sache auf den Grund gekommen sind. Sie werden das Haus nachts bewachen.«
    »Ich finde, das hätten wir schon längst tun sollen«, entgegnete Marsha.
    Victor zuckte mit den Schultern und setzte sich auf die Couch; er war plötzlich sehr müde.
    »Weißt du, was VJ gesagt hat, als ich ihn nach seinen Gefühlen fragte? Er hat gesagt, wir könnten ja eine neue Katze kaufen.«
    »Das klingt sehr reif«, meinte Victor. »Zumindest VJ kann sich rational benehmen.«
    »Victor, die Katze hat ihm jahrelang gehört. Da sollte man doch denken, daß er ein wenig Gefühl zeigt, ein bißchen Trauer über den Verlust.« Marsha schluckte heftig. »Ich finde, es ist eine kalte und unbeteiligte Reaktion.« Sie hatte gehofft, ihre Fassung zu behalten, wenn sie über VJ sprachen, aber so sehr sie sich auch bemühte, die Tränen niederzukämpfen, sie stiegen ihr doch in die Augen.
    Wieder zuckte Victor mit den Schultern. Er hatte eigentlich keine Lust auf eine weitere psychologische Plauderei. Der Junge war völlig in Ordnung.
    »Ungenügende Emotionalität ist kein gutes Zeichen«, brachte Marsha mühsam hervor; sie hoffte, Victor werde ihr endlich zustimmen. Aber Victor sagte gar nichts.
    »Was denkst du?« fragte Marsha.
    »Um die Wahrheit zu sagen, ich bin im Moment ein bißchen abgelenkt. Vorhin, bevor VJ auftauchte, wollte ich dir von Gephardt erzählen. Auf dem Heimweg habe ich den Mann besuchen wollen, aber was ich in seinem Haus vorgefunden habe - du kannst es dir nicht vorstellen. Gephardt und seine ganze Familie sind heute ermordet worden. Am hellichten Nachmittag mitten im Wohnzimmer mit Maschinenpistolen erschossen. Es war ein Massaker.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich habe die Polizei alarmiert.«
    »Wie furchtbar!« rief Marsha. »Mein Gott, was geht denn hier nur vor?« Sie sah Victor an. Er war schließlich ihr Ehemann, der Mann, den sie all die Jahre geliebt hatte. »Fühlst du dich okay?«
    »Ach, es geht schon«, antwortete Victor, aber es klang nicht überzeugend.
    »War VJ dabei?«
    »Er saß im Wagen.«
    »Er hat also nichts gesehen?«
    Victor schüttelte den Kopf.
    »Gott sei Dank!« sagte Marsha. »Kennt die Polizei das Motiv für den Mord?«
    »Sie glauben, die Sache hängt mit Rauschgift zusammen.«
    »Welch eine schreckliche Geschichte!« Marsha war immer noch wie vom Donner gerührt. »Soll ich dir etwas zu trinken bringen? Ein Glas Wein?«
    »Ich glaube, ich nehme etwas Stärkeres. Einen Scotch«, sagte Victor.
    »Bleib nur sitzen!« Marsha ging an die Hausbar und schenkte Victor einen Drink ein. Vielleicht war sie zu hart mit ihm, aber sie mußte sich jetzt auf ihren Sohn konzentrieren; sie beschloß, das Gespräch wieder auf VJ zu bringen.
    Sie reichte Victor das Glas und fing an: »Ich hatte heute ebenfalls ein bestürzendes Erlebnis, wenn auch kein so furchtbares wie du. Ich war in VJs Schule und habe mit dem Direktor gesprochen.«
    Victor nahm einen Schluck Whisky.
    Marsha erzählte von ihrem Besuch bei Mr. Remington und wollte dann wissen, weshalb Victor ihr nichts

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