Das Ungeheuer
an.
Im hellen Lichtstrahl starrten zwei umringte Augen zu ihnen herüber. Dann wieselte etwas davon und verschwand in der Dunkelheit.
Victor atmete erleichtert aus. »Ein Waschbär!«
9
Freitag morgen
Als Victor im Büro ankam, hatte er in sich wieder leise Wut über den Mord an der Familienkatze entfacht. Jetzt, da Marshas Sorge um VJ sich vertiefte, konnten sie das zusätzliche Problem solcher Belästigungen besonders gut gebrauchen. Victor wußte, daß er etwas unternehmen mußte, und zwar schleunigst, um eine weitere Attacke zu verhindern, zumal die Übergriffe immer schlimmer wurden. Was käme nach der toten Katze? Victor schauderte es bei dem Gedanken an die Möglichkeiten.
Er bog in seinen Parkplatz ein und stellte den Motor ab. VJ und Philip, die auf dem Rücksitz saßen, schlüpften hinaus und nahmen Kurs auf die Cafeteria. Victor sah ihnen nach, und er fragte sich, ob Marsha recht hatte mit ihrer Behauptung, VJ passe in ein potentiell bedrohliches psychiatrisches Raster. Am Abend zuvor hatte sie ihm im Bett erzählt, daß VJ nach Mr. Remingtons Auskunft in der Schule in mehrere Prügeleien verwickelt gewesen sei. Diese Neuigkeit war ein größerer Schock für Victor gewesen als irgend etwas anderes. Es schien so gar nicht zu VJ zu passen. Er konnte sich nicht vorstellen, daß es stimmte. Und wenn es stimmte, wußte er nicht, wie er es beurteilen sollte. Auf der einen Seite war er stolz auf VJ. War es wirklich so schlimm, sich zu verteidigen? Sogar Remington empfand offenbar gewisse Bewunderung für die Art, wie der Junge sich gehalten hatte.
»Wer, zum Teufel, weiß das schon?« sagte er laut, und er stieg aus und ging auf den Eingang zu. Aber er kam nicht weit. Aus dem Nichts tauchte ein Mann in Polizeiuniform auf. »Dr. Victor Frank?«
»Ja.«
Der Mann reichte Victor ein Paket. »Etwas aus dem Büro des Sheriffs für Sie«, sagte er. »Schönen Tag noch.«
Victor riß den Umschlag auf und sah, daß er aufgefordert wurde, zu der beiliegenden Klage Stellung zu nehmen. Auf der ersten Seite stand: »Sharon Carver gegen Victor Frank und Chimera Inc.«
Victor brauchte nicht weiterzulesen. Er wußte, was er da in der Hand hielt. Sharon hatte also die angedrohte Klage wegen Geschlechtsdiskriminierung eingereicht. Er hatte gute Lust, die Papiere in den Wind zu werfen, und um so wütender stieg er jetzt die Treppe hinauf und betrat das Gebäude.
Drinnen herrschte eine beinahe elektrische Spannung. Er sah, daß die Leute ihn beäugten, als er näher kam, und miteinander tuschelten, wenn er vorüber war. Als er in seinem Büro angekommen war und seine Jacke aufgehängt hatte, fragte er Colleen, was hier los war.
»Sie sind zu einer Berühmtheit geworden«, berichtete sie. »In den Nachrichten hat es geheißen, daß Sie es waren, der den Mord an der Familie Gephardt entdeckt hat.«
»Das hat mir noch gefehlt«, sagte Victor und ging zu seinem Schreibtisch. Vorher gab er Colleen den Gerichtsbescheid über die Carver-Klage, damit sie die Unterlagen an die Rechtsabteilung weiterleitete. Dann setzte er sich. »Was gibt's Neues?«
»Eine Menge«, sagte Colleen. Sie reichte Victor ein Blatt. »Das hier ist ein Vorbericht über Hursts Forschungsarbeit. Sie haben mit der Untersuchung gerade erst angefangen und schon schwerwiegende Unregelmäßigkeiten entdeckt. Man meinte, das sollten Sie wissen.«
»Sie haben wirklich immer neue gute Nachrichten.« Victor nahm den Bericht entgegen. Angesichts Hursts Reaktion auf seine Entscheidung, die Sache untersuchen zu lassen, war er nicht überrascht, aber er hatte nicht damit gerechnet, daß die Unregelmäßigkeiten so schnell ans Licht kommen würden. Er hatte Hurst für geschickter gehalten.
»Was noch?« Er legte den Bericht beiseite.
»Für nächsten Mittwoch ist eine Vorstandssitzung anberaumt, bei der über die Aktienemission entschieden werden soll.« Colleen gab ihm einen Merkzettel, den er sich an seinen Kalender heften sollte.
»Das ist wie eine Einladung zum russischen Roulette«, bemerkte er. »Weiter.«
Colleen ging ihre Liste durch und hakte zahllose Probleme ab - Geringfügigkeiten hauptsächlich, aber nichtsdestoweniger solche, um die man sich kümmern mußte. Es dauerte eine halbe Stunde, bis alles erledigt war.
»Jetzt bin ich an der Reihe«, sagte Victor. »Habe ich Anrufe von Sicherheitsfirmen bekommen?«
Colleen schüttelte den Kopf.
»Gut. Als nächstes möchte ich, daß Sie sich ans Telefon hängen und Ihren beträchtlichen Charme darauf
Weitere Kostenlose Bücher