Das Ungeheuer
LIEBER IN O RDNUNG .
Marsha schaltete Scheinwerfer und Motor ab und ließ den Wagen stehen, wo er war. Sie lief ins Haus und verriegelte die Tür. Zitternd in einer Mischung von Ekel, Angst und Wut hängte sie ihre Jacke auf und machte sich auf die Suche nach Ramona, der Putzfrau; sie fand sie beim Aufräumen im Wohnzimmer. Marsha fragte, ob sie irgendwelche merkwürdigen Geräusche gehört habe.
»Ich habe gegen Mittag jemanden hämmern gehört«, berichtete Ramona. »Als ich zur Haustür hinausguckte, war aber niemand da.«
»Autos oder Lastwagen?« fragte Marsha.
»Nein«, sagte Ramona.
Marsha ließ sie ihre Arbeit weitermachen und rief in Victors Büro an, aber als sie verbunden worden war, erfuhr sie, daß Victor bereits gegangen war. Sie überlegte, ob sie die Polizei anrufen sollte, aber dann dachte sie, daß Victor jeden Augenblick nach Hause kommen müsse, und schenkte sich ein Glas Weißwein ein. Als sie einen Schluck genommen hatte, sah sie Scheinwerferlicht über die Scheune streichen.
»Verdammt noch mal!« fluchte Victor, weil Marshas Auto die Garageneinfahrt blockierte. »Warum tut deine Mutter das? Sie könnte ihre Kiste wenigstens an die Seite fahren.«
Er setzte schräg zurück, auf die Hintertür des Hauses zu, hielt an und schaltete Licht und Zündung aus. Er war ein Nervenbündel nach dem Erlebnis bei Gephardt. VJ und Philip lebten in seliger Ahnungslosigkeit; sie hatten nicht einmal nach einer Erklärung verlangt, obwohl sie so lange im Auto hatten sitzen müssen.
Victor stieg langsam aus und folgte den beiden hinein. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, merkte er schon, daß Marsha eine ihrer Launen hatte. Ihr Ton sagte alles, als sie VJ und Philip befahl, sich die Schuhe auszuziehen, nach oben zu gehen und sich zum Abendessen zu waschen.
Victor hängte seine Jacke an die Garderobe und ging in die Küche.
»Und du!« sagte Marsha. »Vermutlich hast du das kleine Präsent an der Garagentür nicht gesehen, was?«
»Wovon redest du?« fragte Victor in ebenso gereiztem Ton.
»Wie du das übersehen kannst, ist mir unbegreiflich.« Marsha stellte ihr Weinglas hin, schaltete die Außenbeleuchtung ein und schob sich an Victor vorbei. »Komm mit!«
Victor zögerte einen Augenblick und folgte ihr dann. Sie marschierte mit ihm durch das Wohnzimmer und zur Hintertür hinaus. »Marsha!« rief er und hatte Mühe, mit ihr Schritt zu halten.
Vor ihrem Wagen blieb sie stehen. Victor kam heran.
»Was willst du...«, begann er, aber seine Stimme versiegte bei dem greulichen Anblick, der sich ihm bot: Kissa, brutal an die Garagentür genagelt.
Marsha stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, und schaute Victor an, nicht die Katze. »Ich dachte, es würde dich interessieren zu sehen, wie klar und deutlich du mit den Problempersonen gesprochen hast.«
Victor wandte sich ab. Er konnte den Anblick des toten, gefolterten Tieres nicht ertragen, und seiner Frau konnte er auch nicht ins Gesicht sehen.
»Ich möchte wissen, was du zu tun gedenkst, damit das aufhört. Und bilde dir nicht ein, du kommst mit einem simplen >Ich werde mich darum kümmern< davon. Ich möchte wissen, was für Schritte du unternehmen wirst, und ich möchte es sofort wissen. Ich kann einfach nicht noch mehr...« Ihre Stimme brach.
Victor fragte sich, wieviel er selbst noch würde ertragen können. Marsha tat, als sei er der Schuldige, als habe er das alles heraufbeschworen. Vielleicht hatte er es auch. Aber er wollte verdammt sein, wenn er wußte, wer dahintersteckte.
Langsam wandte er sich wieder dem Garagentor zu. Erst jetzt sah er den Zettel. Er wußte nicht, ob er wütend oder angewidert sein sollte. Wer, zum Teufel, war das? Wenn es Gephardt gewesen sein sollte, würde er ihnen jedenfalls nicht wieder zur Last fallen.
»Wir sind von einem Telefonanruf über ein zerbrochenes Fenster zu einem toten Tier gelangt«, zählte Marsha auf. »Was kommt als nächstes?«
»Ich rufe die Polizei an«, sagte Victor.
»Die war uns letztesmal eine große Hilfe.«
»Ich weiß nicht, was du von mir erwartest.« Victor hatte einen Teil seiner Fassung wiedergewonnen. »Ich habe die drei Leute angerufen, die ich im Verdacht hatte, dahinterzustecken. Übrigens ist die Liste der Verdachtspersonen auf zwei geschrumpft.«
»Was soll das heißen?«
»Heute auf dem Heimweg bin ich bei George Gephardt vorbeigefahren«, sagte er. »Der Mann war - «
»Igitt!« rief VJ mit angeekeltem Gesicht.
Victor und Marsha erschraken über
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