Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)
Schulter legte. Überrascht sah er sich um und registrierte, dass sämtliche Messebesucher bereits gegangen und die Lampen gelöscht waren.
„Entschuldige, Meister. Ich … Deine Rede hat mich zum Nachdenken gebracht.“
„Versuch dabei das nächste Mal in der Gegenwart zu bleiben, sonst verpasst du das, worüber du nachdenken solltest.“
Atlan wurde bleich, doch in den von Runzeln umgebenen Augen des Meisters fand er keinen Zorn. Er hatte nur eine Tatsache festgestellt.
„Also“, fuhr er fort, „verrätst du mir, was dich so eingenommen hat?“
Einen Moment lang setzte Atlan zu einer Erklärung an über das Gefühl, bisher sein ganzes Leben lang am Wesentlichen vorbeigeglitten zu sein, doch er fand keine Worte, die dazu ausgereicht hätten. Stattdessen besann er sich auf eine weitere Frage, die ihm die Rede des Meisters in Erinnerung gebracht hatte.
„Was ist das N4-Center, Meister?“
„Das N4-Center?“ Zu den sonst freundlichen Falten im Gesicht des Priesters gesellte sich ein Ausdruck von Schmerz und Groll, der Atlan zutiefst erschütterte.
„Du hast es in deiner Predigt erwähnt“, wandte er unsicher ein.
Ektor nickte knapp. „Das ist der Ort, an dem der Untergang der Menschheit gezeugt wird“, erklärte er. „Der technische Hauptsitz der Klon- und Genforschung. Mehr weiß ich nicht darüber, und mehr möchte ich auch nicht wissen.“
Klonforschung? Ein Knoten zog sich in Atlans Bauch zusammen, eiskalt und furchteinflößend. Kirrets Geschichte fiel ihm wieder ein. Was konnte Meister Seru von so einem Ort wollen?
Ektor nutzte die Rückenlehne der Bank vor ihnen, um sich daran hochzustemmen. Mit zitternden Händen wischte er nicht vorhandenen Schmutz von seiner Robe und winkte den Adepten zu sich.
„Komm, mein Junge. Ich zeige dir, was das N4-Center anrichtet.“
Mit diesen Worten drückte er Atlan einen Sack aus zerknittertem Plastik in die Hand und öffnete die kleine Tür, die ins Freie führte.
„Es freut uns, dass du dich doch noch dem Eignungstest stellen möchtest.“ Telan Reszar, der leitende Vorsitz des N4-Centers, sah Niove auf eine Art an, die sie innerlich zur Weißglut trieb. Das Center wusste, wozu sie fähig war, andernfalls hätte man sie nicht noch einmal eingeladen, nachdem sie auf so unhöfliche Weise die erste Nachricht ignoriert hatte. Also musste auch Reszar wissen, dass sie ihm mit großer Wahrscheinlichkeit überlegen war – und trotzdem begegnete er ihr, als wäre sie nichts als ein Kind, das gerade noch darauf verzichtet hatte, irgendwelchen Unsinn anzustellen.
Aber sie wusste, dass es nicht immer zielführend war, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Manchmal war es besser, eine Beleidigung einzustecken – und dafür später umso härter zurückzuschlagen. Wenn er sie für ein verwöhntes Gör halten wollte, dann würde sie ihm eines liefern. Also lächelte sie artig und erklärte in den unschuldigsten Tönen, die sie herauspressen konnte: „Es war sehr freundlich, mich nochmals einzuladen. Vater hat gesagt, Sie wären in der Position, mir die oberen Stockwerke zu zeigen?“
Trotz seiner Optimierung war auf Reszars Gesicht leicht abzulesen, wie er hin und her schwankte zwischen seiner Wut über ihre Unverschämtheit und dem Stolz, dass er von O. G. Esser höchstpersönlich namentlich erwähnt worden war.
Was schließlich seine Antwort entschied, war eine dritte Komponente: Er erinnerte sich daran, dass dieses Mädchen nicht nur vom Center selbst aufgrund seiner Fähigkeiten hergebeten worden war, sondern dass ihr Vater auch derjenige war, der einen guten Teil der Rechnungen des Centers bezahlte – und er würde sicher nicht erfreut sein, wenn seinem Töchterchen ein Wunsch abgeschlagen wurde, der ohnehin hinfällig war, wenn der Test erwartungsgemäß verlief.
Mit einem brüsken Nicken und plötzlich gestraffter Haltung führte er Niove zu den Aufzügen, die in die oberen Stockwerke führten. Sie musste hart kämpfen, um ihr boshaftes Grinsen zu unterdrücken, als er den Zugangscode eintippte, der trotz seines autorisierten Identifikationschips notwendig war. Sie waren im Begriff, in den Bereich der kostbarsten und sensibelsten Daten Noryaks einzudringen.
Die unteren Labore wirkten ebenso steril und technisch wie diejenigen in Zarails Abteilung. Allerdings waren die Fenster waren hier völlig undurchsichtig und ohne Monitore. Das dadurch entstandene Zwielicht wurde in einigen Räumen nur durch das unregelmäßige Aufblinken diverser
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