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Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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Klon?“
    „Klone sind das Ergebnis einer gezielten Kombination von Genen beliebiger Herkunft. Man durchsucht den Datenpool nach den bestgeeignetsten Genen für eine bestimmte Spezialisierung und fügt sie zusammen. Das ist die teuerste Variante, aber auch die effektivste, um an gute Spezialisierungen zu kommen.
    Die andere Möglichkeit ist eine Optimierung. Dabei wird das zur Verfügung gestellte Genmaterial – meist von Vater und Mutter – nach der besten Genkombination durchsucht. DNS-technisch gesehen ist man somit das leibliche Kind seiner Eltern, aber eben die bestmögliche Variante davon.“
    Der nächste Schluck brachte nur noch ein unwillkürliches Verziehen der Gesichtsmuskeln mit sich.
    „In meinem Fall stammt ein Teil meiner DNS von meinem Vater, die andere Hälfte wurde nach seinen Wünschen zusammengefügt. Also bin ich nur ein halber Klon.“
    Atlan musste der Sarkasmus in ihrem Ton aufgefallen sein, denn er hob fragend die Augenbrauen. „Und welcher Teil deiner Halbblutexistenz ist es, der dir nicht gefällt?“
    Sie lachte verächtlich. „Macht es einen Unterschied? Bist du jemals einem Klon begegnet?“
    Als er den Kopf schüttelte, fuhr sie verbittert fort. „Gezüchtete Perfektion, das beinhaltet wohl nicht mehr viel Menschlichkeit. Du wirst einen Klon nie lachen oder weinen sehen. Sie werden nichts tun, was ihre Effektivität verringert. Aber Optimierte stehen ihnen in nicht vielem nach.“
    Atlan ließ sein Glas kreisen und starrte den trüben Inhalt an. „Ich habe dich lachen gesehen, und auch weinen. Du bist mitfühlend und stolz. Ich habe gehört, dass der Blick eines Klons so kalt ist, dass er einem Schauer über den Rücken jagt. Warum bist du anders?“
    Sie lachte traurig. Die Grundlage ihrer Misere lag in dieser Frage. „Es war der Wunsch meines Vaters. Seine Frau – die Mutter meiner Brüder – war eine Natürliche. Also jemand, der auf normalem Weg ohne Veränderung gezeugt wurde“, sie errötete leicht bei dem Gedanken, diesen Vorgang mit einem Priester zu besprechen, sprach aber nichtsdestotrotz weiter. „Er sagt immer, sie war so voller Leben. Ein impulsiver Mensch. Und er wollte, dass seine Tochter genauso ist.“
    Nachdem sie ihre Gläser ein weiteres Mal gefüllt hatten, fragte Atlan in die melancholische Stille hinein: „Wie ist es, wenn man einen Vater hat?“
    „Hast du keinen?“
    Wieder ein Kopfschütteln. „Ich muss wohl einen haben, aber ich kann mich nicht erinnern. Ich erinnere mich an meine Mutter … glaube ich. Ich bin nicht sicher. Aber nachts träume ich oft von einer Frau, die mich durch die Gassen führt. Nach Hause. Aber ich habe diese Gasse nie gefunden.“
    „Hm.“ Sie benötigte eine Weile, um ihre Gefühle zu ordnen. „Wenn man eine Familie hat, ist das wie ein Zuhause. Man fühlt sich sicher, obwohl es nicht immer einfach oder gut ist. Man kennt alles, weiß, wie man sich verhalten kann und muss. Mit meinem Vater ist es einfach. Er steht zu mir, auch wenn er mich oft nicht versteht.“
    „Weiß er, dass du hier bist?“
    „Nein!“, entfuhr es ihr heftiger als beabsichtigt. Ruhiger fuhr sie fort: „Nein, ich muss es ihm schonend beibringen. Aber er wird es verstehen, hoffe ich. Meine Brüder sind schwieriger.“ Ein leichtes Beben durchfuhr sie beim Gedanken an Erran und Zarail. „Ich finde nicht gut, was sie tun.“
    „Was meinst du damit?“
    „Was im N4-Center vor sich geht … Das hat nichts mehr mit der Suche nach einer Verbesserung zu tun. Dort werden keine Krankheiten bekämpft oder Schwächen ausgemerzt. Was dort geschieht … Ist unmenschlich.“
    „Du hast es gesehen?“ Atlan schien mit einem Mal weit nüchterner als noch vor wenigen Sekunden. „Du hast gesehen, was im N4-Center ist?“
    Als sie nickte und ihm beschrieb, was sich in den oberen Stockwerken befand – Zarails Abteilung überging sie geflissentlich – fragte er errötend: „Niove, hast du einmal etwas von Zwischenfällen dort gehört?“
    „Welcher Art?“ Zwischenfälle gab es immer wieder, sie selbst hatte einige ausgelöst.
    „Einbrüche, Diebstahl, ich bin nicht ganz sicher. Ich denke, dass ich einmal ein Gespräch über etwas in dieser Richtung belauscht habe, vor ein paar Jahren.“
    Niove hatte sich die meiste Zeit über von der Umwelt abgeschottet, und sie bezweifelte, dass man ihr etwas derart Prekäres überhaupt erzählt hätte. Aber es hatte Abende gegeben, an denen Zarail bedrückt nach Hause gekommen war, als hätte er einen Rückschlag

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