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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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vielleicht zweiunddreißig«, sagte Karlchen düster.
    »Du hast wohl nicht gehört, was deine Mutter gerade gesagt hat«, mahnte der Chefredakteur.
    »Ist mir so rausgerutscht«, entschuldigte sich Karlchen. »War dußlig und gedankenlos von mir, ich geb’s zu.« Er senkte den Kopf über den Teller mit Tomatensuppe. Maria hatte ihn mittlerweile nachgeliefert und sich wieder auf ihren Stuhl gesetzt.
    »Nichts dazugelernt«, fuhr Herr Kubatz fort. »Seit meiner Zeit hat sich an diesem Blödsinn zwischen den beiden Schulen nichts geändert, da müssen doch diverse Köpfe einen Knall haben.«
    »Tut mir leid, aber ich muß es noch einmal probieren«, unterbrach ihn Karlchen. Er tupfte seine Lippen wieder mit der Serviette ab und hüpfte erneut zum Telefon hinüber. »Die Langhansens müßten doch jetzt auch beim Mittagessen sein.« Er wartete eine Weile. »Nichts als das blöde Tuten.« Er legte auf und nahm sofort wieder ab. Jetzt wählte er abwechselnd die Nummer von Sputnik, dann von Hans Pigge und schließlich die von Manuel Kohl im Blumengeschäft am Marktplatz. »Es ist wie verhext«, klagte er und kam wieder zum Tisch zurück.
    »Bei eurem sogenannten Boß probierst du’s nicht?« fragte Frau Kubatz verwundert.
    »Er ißt ja nicht zu Hause, weil seine Mutter mittags arbeitet«, sagte Karlchen. »Da müßte ich Erikas Milchbar und ein halbes Dutzend Fleischereien oder Würstchenbuden abtelefonieren. Manchmal besorgt er sich auch nur einen Liter Milch und legt sich damit unter einen Baum im Kurpark.«
    »Auch nicht schön«, bemerkte Maria, »und erst recht nicht gesund.«
    »Sie essen eben, wenn seine Mutter aus dem Geschäft kommt.«
    »Und was ist dieses Mal zu befürchten?« fragte der Chef der Bad Rittershuder Nachrichten. »Ich meine, habt ihr schon eine Ahnung, was die Maxen auf der Pfanne haben?«
    »Nicht die geringste«, gab Karlchen zu. Seine Mutter legte inzwischen ein Kalbsschnitzel auf jeden der vier Teller, und Maria plazierte ihre Kartoffelklöße daneben. Anschließend kam sie mit dem Soßenlöffel.
    »Dir fehlen ja zwei Knöpfe am Hemd«, stellte Frau Kubatz wie aus heiterem Himmel fest. »Hast du eine Rauferei gehabt?«
    »Muß beim Radfahren passiert sein«, schwindelte Karlchen. Meistens hatte er vor seinen Eltern keine Geheimnisse. Aber gelegentlich waren sie ängstlich, und darauf nahm er Rücksicht. Bergsteiger erzählen ihren Familien ja auch nur, wie fabelhaft das Gefühl nach einer Gipfelbesteigung ist, und verschweigen die Gletscherspalten.
    »Wenn ihr mich noch einmal entschuldigt«, meinte der Junge mit dem Bürstenhaarschnitt und trabte erneut zum Telefon hinüber.
    »Also, jetzt reicht es mir allmählich«, protestierte der Chefredakteur. »Wir sind doch hier nicht das Telegrafenamt.«
    »Garantiert der allerletzte Versuch«, versprach Karlchen, während er auf die Tasten für die Nummernwahl tippte. Er wartete eine Weile und trat dabei wieder einmal von einem Fuß auf den anderen. Als er wieder auflegen wollte, meldete sich die Gießkannenstimme von Emil Langhans.
    »Da bist du ja endlich«, sagte Karlchen vorwurfsvoll in den Hörer. »Den Papst kriegt man bestimmt leichter ans Telefon.«
    »Ich bin mit dem Boß beim Training«, erwiderte Emil, »wie an jedem Mittwoch, das müßte sich langsam herumgesprochen haben.«
    »Hätte ich wissen müssen, du hast recht«, räumte Karlchen ein.
    Schon seit den ersten Frühjahrstagen trafen sich Paul Nachtigall und Emil Langhans immer in der Wochenmitte zu einer Art Bodybuilding mit Hanteln und Gewichten. Der Boß, um seine Muskeln fit zu halten, der andere, um überhaupt erst welche zu bekommen.
    »Dann ist Paul gerade bei dir?« fragte Karlchen.
    »Du hast es erraten«, meinte Emil. »Wo brennt’s denn?«
    »Wir müssen uns so schnell wie möglich treffen, und zwar alle. In einer halben Stunde bei euch, schlage ich vor. Kannst du die anderen zusammentrommeln. Ich... also, was mich betrifft... ich bin momentan...« Karlchen blickte mit einem leichten und entschuldigenden Achselzucken zu seinen Eltern hinüber. »Also mir sind gewissermaßen die Hände gebunden.«
    »Drück dich nicht um den Brei herum, was ist los?«
    »Ich sag’ nur ein Wort — «
    »Und das wäre?«
    »Maikäfer.«
    »Maikäfer?« fragte Emil verblüfft zurück. »Das kann doch
    nicht dein Ernst sein?«
    Für eine ganze Reihe von möglichen Zwischenfällen hatten sich die Glorreichen Sieben selbstverständlich ganz bestimmte Kodeworte ausgedacht und eingeprägt. Auf

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